798 Buch VIII. Abschnitt 4. Die Rechtsstellung des Alleinerben.
dürfen demgemäß auch die Zwangsvollstreckung bloß in den Nachlaß betreiben
(1958, 1960; 38PO. 778 D.
b) Dagegen dürfen sie außergerichtliche Schritte auch gegen den Erben
selbst und sein Privatvermögen unternehmen 5, also namentlich ihre Forderung
gegen eine private Gegenforderung des Erben aufrechnen.
Beispiel. A. stirbt und wird von seiner Ehefrau B. beerbt. Hier kann, noch ehe Frau#
B. die Erbschaft annimmt, der Hauswirt A.s wegen des von A. geschuldeten Mietzinses die
Möbel der B. außergerichtlich — kraft seines gesetzlichen Pfandrechts — zurückbehalten.
Die Zwangsvollstreckung in den Nachlaß ist den Nachlaßgläubigern ohne weiteres ge-
stattet, wenn sie bereits vor dem Erbfall begonnen hat; andernfalls müssen die Gläubiger
sich einen vollstreckbaren Titel gegen den schon bestellten oder auf ihren Antrag zu bestellenden
Nachlaßvertreter verschaffen (1961; 8PO. 779, 727).
2. Die zweite Frist ist regelmäßig ein Vierteljahr länger als die erste:
sie beginnt mit dem Erbfall und endigt drei Monate nach der Erbschafts-
annahme; doch wird sie verkürzt — so daß sie unter Umständen früher ab-
laufen kann als die erste Frist, — wenn vor dem Fristablauf ein formelles
Nachlaßinventar errichtet oder vor der Erbschaftsannahme ein Nachlaßpfleger
bestellt wird: in ersterem Fall endigt sie mit der Inventarerrichtung, in letzterem
Fall mit dem Ablauf von drei Monaten seit der Bestellung des Pflegers;
umgekehrt: wird binnen eines Jahrs seit der Erbschaftsannahme oder der
Bestellung des Pflegers das öffentliche Aufgebot der Nachlaßgläubiger beantragt,
so wird die Frist bis zum Schluß des Aufgebotsverfahrens verlängert (s. 2014,
2015, 2017).
a) Für die Dauer dieser zweiten Frist, die wir als die gesetzliche „Warte-
frist" der Nachlaßgläubiger bezeichnen wollen, ist der Erbe befugt, die Be-
richtigung der Nachlaßschulden sowohl aus den Mitteln seines Privatvermögens
wie aus Nachlaßmitteln durch Einrede zu verweigern (2014).
Der Grund dieser Bestimmung ist, daß dem Erben Zeit gelassen werden muß zu
prüfen, ob der Nachlaß zur Deckung sämtlicher Nachlaßschulden ausreicht, und, wenn dies
nicht der Fall, die Eröffnung des Nachlaßkonkurses zu beantragen, sowohl in seinem eignen
Interesse wie im Interesse der Nachlaßgläubiger.
b) Aus der Regel zu a folgt, daß der Erbe wegen einer Nachlaßschuld
während der Wartefrist nicht in Verzug geraten kann? und auch ein bereits
vor dem Erbfall eingetretener Verzug des Erblassers vom Erben nicht fort-
gesetzt wird; ebenso folgt daraus, daß den Nachlaßgläubigern während der
Frist eine Aufrechnung ihrer Forderungen sowohl gegen Nachlaßforderungen
wie gegen Privatforderungen des Erben versagt ist (s. 284, 285, 390).
Jb) Ungeachtet der Regel zu a kann aber der Erbe schon vor Ablauf der
Wartefrist aus Nachlaßschulden verklagt und verurteilt werden. Ja mehr als
dies: sogar eine Zwangsvollstreckung aus Nachlaßschulden ist während der
Frist gegen den Erben statthaft, sowohl in den Nachlaß wie in sein Privat-
vermögen. Doch kann der Erbe verlangen:
6) Vgl. Planck-Strohal Anm. 3 zu 8 1958. 7) Kipp S. 208. Abw. Ercius bei
Gruchot 49 S. 157; Planck-Strohal Anm. 6, Staudinger-Herzfelder Anm. 1 zu §8 2014.