Full text: Der Leumund der Sachsen

II. Die Ceute. 
Auf dem Boden nun, den wir jetzt im Lichte fremden 
Urteils betrachtet haben, lebt ein Volk, welchem von Fremden, 
die es zu beobachten und kennen zu lernen Gelegenheit gehabt 
haben, nachgerühmt wird, daß es einen friedlichen und gut- 
mütigen Charakter habe, der sich auch in seiner höflichen Art 
und Weise des Derkehrs und in seiner gemütlichen Sprache 
kund thue. 
Ein sehr günstiges Bild vom Charakter des sächsischen 
Dolkes entwirft die französische Schriftstellerin Zaronin de Stasl 
in ihrem heute noch lesenswerten Buche: „De l’Allemagne“, wel- 
ches, wenn es auch dem deutschen Wesen nicht ganz gerecht 
wird, doch von einem wirklich tiefen Singehen, namentlich auf 
die deutsche Litteratur, Seugnis ablegt, in welche sie A. W. und 
J. Schlegel, Werner und Chlenschläger eingeführt haben, nach- 
dem schon W. von Humboldt, Jakobi, Ramdohr, Stapfer u. a. 
sie für die Beschäftigung mit derselben vorbereitet hatten. Sie 
also findet, daß, wie in ganz Morddeutschland, so besonders in 
Sachsen ein lebendiger Glaube an das Evangelium das ganze 
Dolksbewußtsein durchdringe, und führt davon in dem Abschnitt 
du protestantisme 13) folgendes Beispiel an: 
„Als ich einst (im Jahre 1803 wahrscheinlich) von Dresden nach 
eipzig reiste, machte ich am Abend in Meißen Ralt, einer kleinen, auf 
einer Höhe am Ufer eines Flusses gelegenen Stadt, deren Hirche Gräber 
einschließt, die heiligen Erinnerungen gewidmet sind. Ich ging auf 
einem freien platze auf und ab und gab mich jener Träumerei hin, 
welche der Sonnenuntergang, der Blick auf die Kandschaft und das Rau- 
schen der Wogen zu unsern Füßen so leicht in unfrer Seele wachrufen.
	        
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