Die Leute. 13
Wiederseh'n“ dem Sinne des ganzen Gedichts zuwider mit einer
solchen Beharrlichkeit vom Wiedersehen nach dem Tode ausgelegt
worden ist, daß es sehr gern von Gesangvereinen an Gräbern
vorgetragen wird und immer eine gute Wirkung hervorbringt.
Allein die Frönimigkeit unsres Volkes ist darum nicht etwa
eine bloß allgemein gefühlsmäßige, sondern sie ist eine festge-
gründete kirchliche. Dies bezeugt unter andern Tholuck, der
große hallische Gottesgelehrte, welcher im Gegensatz zu dem
unkirchlichen Wesen ganzer Stände und ganzer Landstriche in
Deutschland hervorhebt, daß es noch ganze Gegenden des pro-
testantischen Deutschlands gibt, wo aus alter, angestammter
Sitte der Kirchenbesuch überhaupt noch jetzt wie früher zahl-
reich ist, so z. B. Württemberg und manche Gegenden
Sachsens.15)
Wir dürfen, Gott sei Dank, hinzufügen, daß gegenwärtig
der Besuch des Gottesdienstes immer mehr gute Sitte geworden
ist, nicht nur bei uns in Sachsen, sondern allerwärts. Der Be-
such des heiligen Abendmahls ist bei uns nicht so bedeutend
wie anderwärts; denn der neueste amtliche Bericht darüber 15)
gibt an, daß 18,2 % der evangelischen Gesamtbevölkerung daran
teilnehmen, das ist noch nicht die Hälfte, während man in
Osterreich bei den Evangelischen Augsburgischen Bekenntnisses
110/28, bei denen helvetischen ekenntnisses 10%216% der Ge-
meindeglieder an Kommunikanten rechnet.1)
Indessen steht nicht nur Sachsen, sondern überhaupt jedes
Land, in welchem so gut wie alle Sinwohner einem Bekennt-
nisse angehören, in bezug auf die Mlirchlichkeitsziffer hinter der
Diaspora, d. h. den Ländern, wo ein Bekenntnis nur ganz wenige,
vereinzelte Anhänger hat, zurück.