II. Reichsgesetzgebung. Art. 4. 155
ein zeitweiliger Schutz unter bestimmten Bedingungen und mit gewissen
Einschränkungen gewährt.
Ergänzungen zu den Bestimmungen über die Organisation des Patent-
amts enthalten noch das Ges. betr. die Patentanwälte v. 21. Mai 1900
R.G. Bl. S. 233 und das Ges. betr. die Beschäftigung von afilssmitgliedern
im Kaiserlichen Patentamte v. 18. Mai 1908 R.G. Bl. S. 2
Ziffer 6.
Der Schutz des geistigen Eigentums.
Mit Recht hebt Laband III S. 227 hervor, daß die Bezeichnung
„geistiges Eigentum“ juristisch unrichtig und eine contradictio in adiecto
ist, denn das Wesen des Eigentums besteht in der phyfischen Herrschaft
über eine Sache, während es sich bei dem „geistigen Eigentum“ im Sinne
des Art. 4 Ziff. 6 um ein — zeitlich beschränktes und an gewisse Be-
dingungen geknüpftes — Monopol zur ausschließlichen gewerblichen Ver-
wertung geistiger Produktionen handelt. Im konst. Reichstag Sitzung v.
20. März 1867 St. B. S. 290 bemerkte der Abg. v. Gerber hierzu, daß
er diesen wissenschaftlich höchst bedenklichen Ausdruck nur aus dem Grunde
nicht beanstandet habe, weil er ihn für eine populäre und nicht präjudi-
zierende Zusammenfassung mehrerer sehr verschiedenartiger Dinge ansehe,
für die es im allgemeinen keinen anderen Ausdruck gebe.
Zuerst wurde die Materie geregelt durch das Ges. v. 11. Juni 1870
B. G. Bl. S. 339, das zum größten Teil aufgehoben worden ist durch das
Ges. betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst
v. 19. Juni 1901 R.G. Bl. S. 227. Durch dieses Gesetz werden geschützt:
die Urheber von Schriftwerken und solchen Vorträgen oder Reden, die dem
Zwecke der Erbauung, der Belehrung oder der Unterhaltung dienen, ferner
die Urheber von Werken der Tonkunst und endlich die Urheber von solchen
Abbildungen wissenschaftlicher oder technischer Art, die nicht ihrem Haupt-
zwecke nach als Kunstwerke zu betrachten find. Zu den Abbildungen
gehören auch plastische Darstellungen. Urheber eines Werkes ist dessen Ver-
fasser. Das Recht des Urhebers geht auf die Erben über. Der Urheber
hat die ausschließliche Befugnis, das Werk zu verwielfältigen und gewerbs-
mäßig zu verbreiten. Das Urheberrecht an einem Bühnenwerk oder an
einem Werke der Tonkunst enthält auch die ausschließliche Befugnis, das
Werk öffentlich auszuführen. Die ausschließlichen Befugnisse des Urhebers
erstrecken sich auf die Bearbeitungen des Werks, insbesondere die Über-
setzungen in eine andere Sprache, die Wiedergabe einer Erzählung in
dramatischer Form oder eines Bühnenwerkes in der Form einer Erzählung
und die Herstellung von Auszügen aus Werken der Tonkunst sowie von
Einrichtungen solcher Werke für einzelne oder mehrere Instrumente oder
Stimmen. Eine Vervielfältigung ohne Einwilligung des Berechtigten ist
unzulässig. Von dieser Regel find in §8 15—28 des Gesetzes eine Reihe
Ausnahmen zugelassen. Der Schutz des Urheberrechts endet, wenn seit dem
Tode des Urhebers 30 Jahre und außerdem seit der ersten Veröffentlichung
10 Jahre abgelaufen find. Wer das Urheberrecht vorsätzlich oder fahrlässig
verletzt, ist dem Berechtigten zum Schadensersatz verpflichtet. Auch kann
ein Strafverfahren eingeleitet werden. Den Schutz genießen die Reichs-