232 III. Bundesrat. Art. 7.
lich. Im übrigen ist der Bundesrat zwar zuständig, kann aber im einzelnen
Falle nicht selbst eingreifen. Liegt der Mangel in dem Reichsgesetz oder
in den zu seiner Ausführung erlassenen Vorschriften, so kann der Bundesrat
nur die Ausführungsvorschriften aufheben oder abändern, bezw. den Weg
zu einer entsprechenden Abänderung des Reichsgesetzes dadurch beschreiten,
daß er beschließt, dem Reichstag einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen. Be-
ruht aber der Fehler in der Anwendung der Reichsgesetze und Verordnungen,
und zwar in einer grundsätzlich unrichtigen Anwendung, so liegt es dem
Bundesrat ob, auf Grund des Art. 7 Ziff. 3 einen den Willen der Richtig-
stellung des bisherigen Verfahrens und die Mittel und Wege dazu kund-
gebenden Beschluß zu fassen. Wie dieser Beschluß ausgeführt werden soll,
bestimmt die Reichsverfassung nicht. Mit Rückficht auf die Entstehungs-
geschichte des Art. 7 Ziff. 3 ist anzunehmen, daß das Verhältnis für die
Ausführung der auf Grund des Art. 7 Ziff. 3 gefaßten Beschlüsse des Bundes-
rats kein anderes ist, als für die Beschlüsse, die der Bundesrat auf Grund des
Art. 36 R.V. über die von den Reichsbevollmächtigten zur Anzeige gebrachte
Mängel der Zoll= und Reichssteuergesetze faßt — ebenso Laband 1 S. 237 f
v. Seydel S. 144, Arndt S. 108 ff., v. Rönne I S. 215. Bezühglich dieser
Gesetze liegt es unzweifelhaft dem Reichskanzler ob, für die Erledigung der
Beschlüsse des Bundesrats durch die zuständigen Finanzbehörden der Einzel-
staaten Sorge zu tragen. Entsprechend ist auch für die anderen Sach-
gebiete der aus Art. 36 übernommenen, aber durch Art. 7 verallgemeinerten
Kompetenz des Bundesrats anzunehmen, daß der Reichskanzler auf Grund
des Art. 17, soweit Reichsbehörden beteiligt sind, unmittelbar zu veranlassen
hat, daß die Beschlüsse des Bundesrats ausgeführt werden. Soweit aber
die Ausführung den Landesbehörden obliegt, können natürlich unmittelbare
Anweisungen von keinem Reichsorgan gegeben werden. Dann ist es Sache
des Reichskanzlers, die betreffende Landesregierung auf die vom Bundesrat
festgestellten Mängel hinzuweisen und der Erledigung des Beschlusses zu über-
wachen. Es ist anzunehmen, daß der Hinweis auf die Entscheidung des
Bundesrats, hinter der die ganze politische Autorität der Verbündeten
Regierungen steht, regelmäßig seine Wirkung nicht verfehlen wird. Even-
tuell wird es Sache des Reichskanzlers sein, den Hinweis durch die Mittel
zu verstärken, die im Verkehr fremder Staaten unter einander als diploma-
tische Mittel bezeichnet werden. Schlimmsten Falls bleibt nur die Bundes-
Exekution auf Grund des Art. 19 R.V. übrig. Natürlich scheidet hier
derjenige Teil der Ausführung von Reichsgesetzen aus, der richterlichen
Behörden obliegt. Für die richterliche Tätigkeit dieser Behörden bilden
weder der Bundesrat noch der Reichskanzler noch — soweit es sich um
Landesbehörden handelt — die Landesregierungen die höchste Instanz. Da-
gegen gilt Art. 7 Ziff. 3 auch für Fehler, die in dem Verwaltungsgebiet
dieser Behörden vorkommen.
Keinem Zweifel unterliegt es, daß zu den Reichsgesetzen im Sinne des
Art. 7 Ziff. 3 die Reichsverfassung selbst gehört; ebenso Arndt S. 109,
v. Seydel S. 144, v. Rönne I S. 216.
Mit Arndt S. 110 und den dort angeführten Autoren ist gegen
v. Seydel S. 189 anzunehmen, daß Fragen über die Auslegung von Reichs-
gesetzen keineswegs stets nur durch authentische — d. h. im Wege des Reichs-
gesetzes stattfindende — Interpretation des streitigen Reichsgesetzes zu er-