III. Bundesrat. Art. 7. 239
Bundesratsmitglieder noch überhaupt ihrer Anwesenheit bedarf. Aus
politischen Gründen werden schriftlich gefaßte Beschlüsse nicht die Regel
bilden, weil der tiefere Grund für die Einrichtung des Bundesrats gerade
in dem Bedürfnis der Verbündeten Regierungen nach mündlicher Aussprache
und Diskussion untereinander und mit der Reichsverwaltung liegt. Aber
es ergibt sich aus der Reichsverfassung kein Hindernis, daß in besonders
eiligen Fällen der Beschluß des Bundesrats schriftlich oder telegraphisch
zustande kommt, wenn die Versammlung der etwa beurlaubten Bundesrats-
mitglieder nicht rechtzeitig erfolgen kann. Wie Arndt S. 96 mitteilt, der
ebenso wie v. Seydel S. 145 für die Zulässigkeit dieses Verfahrens ist,
trat ein solcher Fall bei der Beschlußfassung ein, die der Kaiserlichen
Verordnung betr. das Verbot der Ausfuhr von Pferden v. 4. März 1875
N.G. Bl. S. 159 zugrunde lag. Für den Reichstag ist ein schriftliches
Verfahren ausgeschlossen, weil es mit der durch Art. 22 R.V. vorgeschriebenen
Offentlichkeit seiner Verhandlungen im Widerspruch stehen würde. Für den
Bundesrat besteht dieses Hindernis nicht, da seine Verhandlungen nicht
bffentlich sind.
OC. Die Instruktion des Hundesrats.
I. Die Kompetenz zur Instruierung der Bundesratsbevollmächtigten.
Soweit die Kompetenz des Bundesrats reicht — die nur durch die
Machtvollkommenheiten des Kaisers und die Befugnisse des Reichstags be-
schränkt ist — soweit wird das Reich von den Einzelstaaten aus regiert, weil
die Bundesratsbevollmächtigten an die ihnen von den Einzelstaaten aus zu-
gegangenen Anweisungen gebunden sind. Bei der Frage, welches Organ der
Einzelstaaten diese Anweisungen (Instruktionen) zu erteilen hat, ist davon
auszugehen, daß das Wort „Mitglieder des Bundes“ im Art. 6 keine
andere Bedeutung haben kann als im Eingang der Reichsverfassung. Die
Mitglieder des Bundes sind deshalb die Monarchen der Einzelstaaten, bez.
die Senate der Freien Städte als Vertreter ihrer Staaten. Die Monarchen
find es daher auch, von denen die Instruktion der Bundesratsbevollmäch-
tigten unmittelbar abhängt. Da es sich dabei aber um ein Regierungs-
geschäft handelt, das nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen ist, wie
die auf den eigenen Staat gerichteten Regierungshandlungen, so kann der
Monarch dieses sein Recht nur unter Verantwortung des Staatsministeriums
auslben, bez. diesem auch die Instruierung allgemein oder für einzelne Fälle
übertragen; vgl. Laband 1 S. 93, 223, Zorn I S. 133.
II. Die Mitwirkung des Landtages bei der Instruktion
der Bundesratsbevollmächtigten.
Ob die Instruktion des Bundesratsbevollmächtigten in den Einzel-
staaten von einer Mitwirkung des Landtages abhängig gemacht werden darf,
ist in der Wissenschaft bestritten. Laband 1 S. 224 ff. geht davon aus, daß
nicht die Landesherrn, sondern die Bundesstaaten, vertreten durch ihre
Landesherrn, die Mitglieder des Bundes seien und daß deshalb das Landes-
staatsrecht unbeschränkt sei, die Instruktionserteilung an die Bundesrats-
bevollmächtigten zu regeln, also auch von der Zustimmung des Landtages