III. Bundesrat. Art. 8. 249
Nach Art. 56 Abs. 1 R.V. ist der Ausschuß für Handel und Verkehr
bei der Anstellung von Konsuln, die durch den Kaiser erfolgt, zu hören.
Nach Art. 63 Abs. 5 R.V. liegt es dem Ausschuß für das Landheer
und die Festungen ob, zum Zwecke der Erhaltung der unentbehrlichen
Einheit in der Administration, Verpflegung, Bewaffnung und Ausrüstung
aller Truppenteile des deutschen Heeres die nach dieser Richtung für die
preußische Armee erlassenen Anordnungen den Kommandeuren der übrigen
Kontingente mitzuteilen.
Man sieht daraus, daß mindestens in der Reichsverfassung selbst den
Ausschüssen überall nur eine gutachtliche und vorbereitende Tätigkeit zu-
gewiesen ist. Durch spätere Reichsgesetze ist ihnen allerdings in wenigen
Fällen eine entscheidende Funktion übertragen worden; z. B. bestimmen
nach Art. 4 des Ges. betr. die Geldmittel zur Umgestaltung und Ausrüstung
von deutschen Festungen v. 30. Mai 1873 R.G. Bl. S. 123 die vereinigten
Ausschüsse für Handel und Verkehr und für das Landheer und die Festungen
in letzter Instanz darüber, ob und welche Erweiterungen der Tore und
Torbrücken in deutschen Reichsfestungen im Interesse des Verkehrs notwendig
und fortifikatorisch zulässig find. Jedoch handelt es sich dabei nur um
seltene Ausnahmefälle, und als Regel gilt, daß die Ausschüsse lediglich
vorbereitende Organe find. Dies entspricht der Absicht, auf die ihre
Einsetzung zurückzuführen ist. In der Sitzung des konst. Reichstages v.
26. März 1867 äußerten sich die Abg. v. Bennigsen St. B. 376 und Twesten
St. B. 355 in diesem Sinne. Auch in der Literatur besteht Überein-
stimmung darüber, daß die Ausschüsse, von Ausnahmefällen abgesehen,
nur zur Vorbereitung der laufenden Arbeiten und zur Berichterstattung an
das Plenum berufen sind, mag der tatsächliche Einfluß, den sie dabei auf
die Entscheidung des Plenums ausüben, noch so groß sein — vgl. nament-
lich v. Jagemann S. 87, der aus eigener Erfahrung berichtet, ferner Laband 1
B— 262, v. Rönne I S. 210, v. Seydel S. 150, Arndt S. 98, Meyer § 125
. 438.
Auffällig bleibt es allerdings, daß die Ausschüsse als verfassungsmäßige
Einrichtung geschaffen sind und daß man es nicht — wie der Abg. Twesten
mit Recht bemerkte — dem Bundesrat überlafssen hat, durch seine Geschäfts-
ordnung die erforderlichen Bestimmungen über die Existenz und Wirksamkeit
dieser Ausschüsse zu treffen. Zwar hat die Reichsverfassung einzelne Geschäfte
speziellen Ausschüssen zugewiesen, aber da es sich auch hierbei nur um eine
vorbereitende Tätigkeit handelt, so sind die Bestimmungen ohne besondere
Bedeutung und hätten in der Verfassung unterbleiben können. Warum
dennoch die im Art. 8 gegebenen Vorschriften zu einem Bestandteil der
Verfassung gemacht worden find, kann zweifelhaft sein. Die Materialien
der Verfassung enthalten keine Antwort auf diese Frage. Zwei Gründe
könnten in Betracht kommen: Einmal hat man vielleicht damals ange-
nommen, daß die spätere Reichsgesetzgebung den einzelnen Ausschüssen spezielle
Funktionen entscheidender Natur zuweisen und ihnen damit einen selbständigen
Wirkungskreis schaffen würde, der ihre Existenz als verfassungsmäßige Ein-
richtungen und Organe des Reichs gerechtfertigt hätte. Von wenigen Aus-
nahmen abgesehen ist dies tatsächlich in der Folgezeit nicht geschehen. Mehr
wahrscheinlich ist es, daß es sich hier um ein Zugeständnis an die außer
Preußen zum Reiche gehörigen Bundesstaaten handelt, das mit den Kautelen