IV. Präsidium. Art. 11. 281
ergebende Gefährdung der Wirksamkeit von Maßnahmen der auswärtigen
Politik gerade in kritischer Zeit — hat Fürst Bismarck in derselben Rede
v. 4. Nov. 1871 hervorgehoben zur Abweisung der von dem Abg. v. Hoverbeck
für die Mitwirkung des Reichstags bei der Kriegserklärung geltend gemachten
Ansprüche. Jedoch ist der Reichstag indirekt beteiligt. Seine Zuziehung wird
notwendig, wenn, wie regelmäßig der Fall sein wird, die Durchführung des
Krieges die Aufwendung besonderer, über den laufenden Etat hinausgehender
Mittel erfordert; verweigert er die Mittel, so muß die Regierung auf
eigene Verantwortung handeln, d. h. entweder die Kriegführung unterlassen
oder in Erwartung späterer Indemnität die erforderlichen Ausgaben leisten;
vgl. Fürst Bismarck in der Reichstagssitzung v. 4. Nov. 1871 St. B. 123.
Die Frage wird kaum praktische Bedeutung erlangen, denn da der Reichstag
zu der Entscheidung über die Kriegserklärung nicht zugezogen werden kann,
wird er in Ansehung der Ausgabenbewilligung meistens vor vollzogenen
Tatsachen stehen. Abgesehen von der Geldbewilligung kann bei Krieg und
Kriegsgefahr das Engagement der im Reichstag zum Ausdruck kommenden
öffentlichen Meinung im Interesse der Popularität der von der Regierung in
Aussicht genommenen kriegerischen Aktion natürlich von großer Bedeutung sein;
vgl. Fürst Bismarck in der Reichstagssitzung v. 22. April 1869 St.B. 508.
Art. 11 Abs. 2 bezieht sich nicht auf die Mobilmachung. Denn nach
Art. 63 Abs. 4 gehört es zu der ausschließlichen Prärogative des Kaisers,
„die kriegsbereite Aufstellung eines jeden Teils des Reichsheeres anzuordnen“,
vgl. auch § 8 Abs. 1 des Ges. betr. die Verpflichtung zum Kriegsdienst v.
9. Nov. 1867 B. G. Bl. S. 131. Für Bayern bestimmt der Bündnisvertrag
v. 28. Nov. 1870 R. G. Bl. 1871 S. 23 III § 5 lIll:
„Die Anordnung der Kriegsbereitschaft (Mobilifierung) des Bayerischen
Kontingents oder eines Teils desselben erfolgt auf Veranlassung des
Bundesfeldherrn durch S. M. den König von Bayern.“
III. Der Friedensschluß.
In Anfehung des Friedensschlusses ist der Kaiser dem Feinde gegen-
über völlig selbständig, da die Armee nur seinem Befehl unterworfen ist,
also auch auf seinen Befehl die Feindseligkeiten einstellen muß, und zwar
endgültig. Deshalb kann dem Feinde gegenüber nur der Kaiser die Be-
dingungen festsetzen, von denen er die Einstellung der Feindseligkeiten ab-
hängig macht. Andererseits gilt auch für Friedensverträge die durch Art. 11
Abs. 3 für alle Staatsverträge des Reichs gegebene Regel, wonach die Ver-
träge, wenn sie sich auf Gegenstände beziehen, die nach Art. 11 Abs. 3 in
das Gebiet der Reichsgesetzgebung gehören, der Mitwirkung des Bundesrats
und des Reichstags bedürfen. Ein Friedensvertrag, der eine Neuregelung
der Grenzen des Reichs und die Zahlung oder Empfangnahme von Geldern
als Kriegskostenentschädigung zum Gegenstande hat, würde an sich nicht in
den Bereich der Reichsgesetzgebung, wie er durch Art. 11 Abs. 3 bestimmt ist,
fallen und deshalb nicht zur Kompetenz des Bundesrats oder Reichstags
gehören. Wenn aber infolge eines solchen Friedensschlusses Reichsgesetze
notwendig werden, um die etwa neu erworbenen Gebiete dem Reiche organisch
anzugliedern, oder wenn durch den Friedensschluß neue Ausgaben erforderlich
werden, so bedarf es der Mitwirkung des Bundesrats und des Reichstags