Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

282 IV. Präsidium. Art. 11. 
für den Erlaß dieser Reichsgesetze bez. für die Bewilligung der in den Etat 
einzustellenden Ausgaben; vgl. Laband 1 S. 182, Meyer § 164 A. 14 S. 592, 
Hänel Staatsrecht 1 S. 546, Arndt S. 72, 194, 705, v. Rönne II 2 S. 307f. 
— abweichend v. Seydel S. 36 und 161. 
IV. Der Empfang und die Beglaubigung von Gesandten. 
Eine weitere Konsequenz der Machtvollkommenheit des Kaisers zur 
völkerrechtlichen Vertretung des Reichs ist sein im Art. 11 noch besonders 
hervorgehobenes Recht, Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen. Diese 
Bestimmung, für sich allein betrachtet, würde den Schluß nahe legen, daß 
nur der Kaiser noch dieses Recht habe und daß die Souveräne der Einzel- 
staaten es zugunsten des Kaisers aufgegeben hätten. Jedoch ist dies tat- 
sächlich nicht der Fall. Im konst. Reichstage waren von mehreren Seiten 
Anträge gestellt worden, die darauf abzielten, den Einzelstaaten dieses Recht 
zu nehmen; doch wurden die Anträge abgelehnt. Damit stand schon für den 
Norddeutschen Bund fest, daß die Souveräne der Einzelstaaten das Recht, 
Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen, nicht eingebüßt hatten. Eine 
ausdrückliche Anerkennung hat dann das Gesandtschaftsrecht der Einzelstaaten 
im Bayrischen Schlußprotokoll v. 23. Nov. 1870 Ziff. VII und VIII erhalten, 
deren Bestimmungen lauten: 
VII.: „Der Kgl. Preußische Bevollmächtigte gab die Erklärung ab, daß 
S. M. der König von Preußen kraft der Allerhöchstihnen zustehenden 
Präfidialrechte, mit Zustimmung S. M. des Königs von Bayern, 
den Kgl. Bayerischen Gesandten an den Höfen, an welchen solche 
beglaubigt sind, Vollmacht erteilen werden, die Bundesgesandten in 
Verhinderungsfällen zu vertreten. 
Indem diese Erklärung von den Kgl. Bayerischen Bevollmächtigten 
acceptirt wurde, fügten diese bei, daß die Bayerischen Gesandten 
angewiesen sein würden, in allen Fällen, in welchen dies zur Geltend- 
machung allgemein deutscher Interefsen erforderlich oder von Nutzen 
sein wird, den Bundesgesandten ihre Beihülfe zu leisten." 
VIII.: „Der Bund übernimmt in Anbetracht der Leistungen der Bayerischen 
Regierungen für den diplomatischen Dienst desselben durch die unter 
Ziffer VII erwähnte Bereitstellung ihrer Gesandtschaften und in Er- 
wägung des Umstandes, daß an denjenigen Orten, an welchen Bayern 
eigene Gesandtschaften unterhalten wird, die Vertretung der Bayeri- 
schen Angelegenheiten dem Bundesgesandten nicht obliegt, die Ver- 
pflichtung, bei Feststellung der Ausgaben für den diplomatischen 
Dienst des Bundes der Bayerischen Regierung eine angemessene 
Vergütung in Anrechnung zu bringen. 
über Festsetzung der Größe dieser Vergütung bleibt weitere Ver- 
einbarung vorbehalten.“ 
Hier ist zwar nur der Gesandte Bayerns erwähnt, jedoch ist es un- 
bestritten, daß damit nicht das Gesandtschaftsrecht der anderen Bundes- 
staaten ausgeschlossen werden sollte, sondern daß seine Existenz vorausgesetzt 
wurde. Deshalb ist in diesen Vorschriften nicht das Gesandtschaftsrecht an 
Bayern erst übertragen — dann wäre die Nichterwähnung der anderen 
Bundesstaaten bedenklich — sondern es ist an die Tatsache der Existenz
	        
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