IV. Präsidium. Art. 17. 357
Erlasse und hat ihren inneren Grund in der Unverletzlichkeit und eigenen
Unverantwortlichkeit des Kaisers.
Im konst. Reichstage ist diese Frage wie folgt beantwortet worden:
Der Abg. Planck (Sitzung v. 26. März 1867 St. B. 359 f.) lehnte,
nachdem er ausgeführt hatte, daß es notwendig sei, zwischen der unverant-
wortlichen Krone und der Volksvertretung den Reichskanzler als verantwort-
liches Bindeglied einzuschieben, die Verantwortung des Reichskanzlers für
Beschlüsse des Bundesrats ab, bemerkte aber mit Recht, daß der Reichs-
kanzler, als für die Tätigkeit der Reichsbehörden verantwortlicher Minister,
auch dafür verantwortlich sei, daß die gültig gefaßten Beschlüsse des Bundes-
rats richtig ausgeführt würden.
Der Abg. Lasker bezeichnete in derselben Sitzung (St. B. 365) seinen
Standpunkt dahin, daß eine Verantwortung des Reichskanzlers für die Be-
schlüsse des Bundesrats zwar abzulehnen, daß aber darin eine erhebliche
Lücke nicht zu finden sei, weil die Exekutivbefugnis des Bundesrats nicht
besonders umfangreich sei.
Der Abg. v. Bennigsen endlich verneinte (in derselben Sitzung St. B. 375)
für die Ausschüsse des Bundesrats die Existenz einer Exekutivgewalt über-
haupt und bemerkte, daß im übrigen, d. h. soweit der Bundesrat durch sein
Plenum Verwaltungsbefugnisse ausübe, „für die Bestellung verantwortlicher
Organe kein Raum sei“.
Die Erklärungen stimmen darin überein, daß für die Entscheidungen
des Bundesrats der Reichskanzler nicht nur nach dem positiven Verfassungs-
recht nicht verantwortlich ist, sondern daß es auch der Natur der Sache
nach ausgeschlossen ist, für diese Beschlüsse einen Einzelnen verantwortlich
zu machen. Denn die Entscheidungen des Bundesrats beruhen auf einem
Mehrheitsbeschluß und die Abstimmung des einzelnen Bundesratsbevoll-
mächtigten entspricht der ihm von seiner Landesregierung gegebenen
Instruktion. Für das so gewonnene Ergebnis den Reichskanzler verant-
wortlich zu machen, würde bedeuten, daß ihm die Verantwortung für die
Regierungsakte der Regierungen der Einzelstaaten übertragen wird. „Zu
einer Verantwortlichkeit der Minister ist eine einheitliche Spitze notwendig“,
erklärte der Abg. v. Wächter in der Sitzung des konstituierenden Reichs-
tags v. 26. März 1867 (St.B. 361). Diese einheitliche Spitze wird durch
die Zentralgewalt gebildet, die in den Händen des Kaisers ruht, und für
dieses Gebiet der Reichsgewalt ist deshalb auch in der Person des Reichs-
kanzlers ein verantwortlicher Vertreter bestellt. Dagegen fehlt es an der
Voraussetzung des Vorhandenseins einer einheitlichen Spitze für denjenigen
Teil der Reichsgewalt, der in den Machtbefugnissen des Bundesrats
zentralisiert ist.
Für die ihm anvertraute Leitung der Geschäfte des Reichs ist der
Reichskanzler dem Bundesrat unter denselben Voraussetzungen und in dem-
selben Umfange verantwortlich wie dem Reichstage, da für die Wahrung
der Reichsinteressen beide Körperschaften gleichberechtigte Organe sind; ebenso
Laband 1 S. 855 A. 1, Zorn 1 S. 258 und v. Rönne I S. 297; anders:
Rosenberg, die staatsrechtliche Stellung des Reichskanzlers S. 81 ff. Der
Bundesrat selbst und dessen einzelne Mitglieder tragen nach der materiellen
Seite keine Verantwortung; fie find nur dafür verantwortlich, daß sie die
ihnen erteilten Instruktionen ausführen; val. Art. 7 ClV S. 246. Auch