Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

V. Reichstag. Art. 21. 415 
oder im Reichs= oder Staatsdienste in ein Amt eintreten . auf einen 
weiteren Begriff hindeutet, da sonst die Verschiedenheit des Wortlauts 
kaum gerechtfertigt wäre. 
Auch aus folgendem, von Seydel S. 197 angeführten Vorgang ergibt 
sich ein gewisser Anhaltspunkt: Der Abg. Graf von der Schulenburg 
beantragte im konst. Reichstage St. B. 409 für die Worte des Regierungs- 
entwurfs „nicht wählbar sind Beamte“ zu setzen: „nicht wählbar find 
Geistliche und richterliche Beamte im Dienste eines der Bundesstaaten“. 
Fürst Bismarck bezeichnete dies als eine Beschränkung des Ausschlusses der 
Beamten; seine sich hierauf beziehende Außerung lautet (St. B. 430): „In 
dieser Beziehung (nämlich in der Richtung einer teilweisen Annäherung an 
den Regierungsentwurf) würde z. B. das Amendement, welches auf die 
geistlichen und richterlichen Beamten den Ausschluß beschränkt, wie ich 
glaube, sämtlichen Verbündeten Regierungen annehmbar sein". Fürst 
Bismarck rechnete also die Geistlichen unter den für Art. 21 maßgebenden 
Begriff des Beamten. Zählt man aber die Geistlichen hinzu, so kann man 
die Kommunalbeamten und Lehrer nicht ausschließen. Für die Rechts- 
anwälte wird die Frage keine praktische Rolle spielen, da deren Beurlaubung 
nur eine formale Bedeutung hat. Die Notare sind mindestens in Preußen 
unmittelbare Staatsbeamte; dasselbe muß für die Offiziere angenommen 
werden, die nur, soweit das militärische Subordinationsverhältnis in Betracht 
kommt, eine von den anderen unmittelbaren Staatsbeamten begrifflich ver- 
schiedene Stellung haben; vgl. Laband IV S. 188, Zorn ! S. 132. Für 
Hofbeamte dürfte die Frage nicht von praktischer Bedeutung sein, da ihr 
Abhängigkeitsverhältnis besonderer Art ist. Bezüglich der Geistlichen ist 
anderer Ansicht u. a. Arndt S. 138 unter Berufung auf Entscheidungen 
des preuß. Oberverwaltungsgerichts, nach denen Geistliche in Preußen nicht 
zu den Staatsbeamten gehören. Diese Entscheidungen treffen aber hier 
nicht zu, weil es sich hier gerade darum handelt, ob nicht Art. 21 Abs. 1 
über den Begriff des unmittelbaren Staatsbeamten hinaus sich auf alle 
Personen erstreckt, die ein öffentliches Amt bekleiden. Auch Zorn I S. 232 
und Meyer S. 444 verneinen die Anwendbarkeit des Art. 21 auf Geist- 
liche, während v. Seydel S. 197 und v. Rönne I S. 247 sie bejahen. 
über alle diese zweifelhaften Fragen zu entscheiden kommt der Reichstag 
nicht in die Lage, weil es sich dabei um eine interne Angelegenheit des zum Ab- 
geordneten gewählten Beamten und seiner vorgesetzten Dienstbehörde handelt. 
V. Der Begriff des Beamten im Sinne des Art. 21 Abf. 2. 
Die Bestimmung des Abs. 2 ist wörtlich dem Art. 78 Abs. 3 der preuß. 
Verf. Urk. entnommen und auf Reichsbeamte ausgedehnt. Nach dem Wort- 
laut werden im Gegensatz zum Abs. 1 nur die Reichs= und unmittelbaren 
Staatsbeamten von der Vorschrift betroffen. Für die mittelbaren Reichs- 
beamten (untere und mittlere Post= und alle Militärbeamten) erledigen 
sich Bedenken dadurch, daß diese Beamten durchweg zu den unmittelbaren 
Staatsbeamten gehören; ebenso v. Rönne 1 S. 251, Arndt S. 127. Unter 
Abs. 2 fallen also nicht die Hofbeamten (St. B. des Reichstags 1873 S. 210 
1880 S. 439, 1883 S. 347 und 1893 S. 1323), ferner nicht die Gemeinde- 
beamten und Geistlichen, weil letztere — wenigstens in Preußen — nicht
	        
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