VI. Zoll- und Handelswesen. Art. 33. 483
Ziff. 1 und 2 des Zollvereinigungsvertrages kommt nicht in Betracht, da
Art. 6 des Zollv.-Vertr., wenn letzterer auch grundsätzlich durch Art. 40 R.V.
aufrecht erhalten ist, durch Art. 33, 84 R.V. als erledigt und aufgehoben
anzusehen ist; übrigens trifft die dort gegebene Aufzählung nicht mehr zu,
da der größte Teil der genannten Gebiete bereits in die Zollgemeinschaft
eingeschlossen ist. Zurzeit bestehen Zollausschlüsse nur noch: in Preußen:
die Hafenanlagen bei Geestemünde nebst der Schiffsbevölkerung und die
Insel Helgoland (Reichsges. v. 15. Dez. 1890 R.G Bl. S. 207); in Baden:
einige Gemeinden der Kreise Konstanz und Waldshut; in Hamburg: das
Freihafengebiet, einige Häuser in Cuxhafen und die Schiffsbevölkerung,
in Bremen: das Freihafengebiet (Bremerhaven) und die Schiffsbevölkerung;
vgl. Laband IV S. 395 A. 1, Arndt Kommentar Art. 33 Nr. 2. Für die Zoll-
ausschlüsse werden von den Staaten, denen die betreffeuden Gebiete angehören,
an Stelle der Zolleinnahmen Aversionalbeiträge zur Reichskafse gezahlt.
Im Art. 6 a. E. des Zollv.-Vertr. war bestimmt, daß, sobald die Gründe
aufgehört haben, welche die volle Anwendung des Zollvereinigungsvertrages
auf die genannten Staaten und Gebietsteile vorläufig ausschließen, das
Bundespräsidium den Regierungen der dem Vertrage beigetretenen Staaten
Nachricht zu geben und daß darauf der Bundesrat über den Zeitpunkt zu
beschließen hat, an welchem für diese Gebiete die Art. 38—5 und 10—20
des Zollv.-Vertr. in Kraft treten. Hieraus geht hervor, daß die Staaten,
zu deren Gebiet die Zollausschlüsse gehören, schon nach dem Zollvertrage
kein Recht zum Widerspruch gegen die Einbegiehung der betreffenden Gebiete
in die Zollgemeinschaft hatten, sondern daß zur Aufhebung eines Zoll-
ausschlusses nur ein Beschluß des Bundesrats erforderlich war. Nach Er-
ledigung des Art. 6 des Zollvertrages ergibt sich jetzt dasselbe Recht für
den Bundesrat aus Art. 7 Ziff. 2 R.V., weil es sich dabei um eine Maß.
regel zur Ausführung des Art. 33 Abs. 1 handelt. Eine Ausnahme besteht
natürlich für Hamburg und Bremen (Art. 34), wegen der Zollausschlüsse
von Geestemünde und Brake; vgl. Delbrück Art. 40 der R.V. S. 46 f. Da-
gegen ist es mindestens zweifelhaft und wird in der Literatur sogar ent-
schieden verneint, daß diese Argumentation auch auf Gebiete übertragbar ist,
deren nachträglicher Anschluß im Art. 6 des Zollv.-Vertr. noch nicht vor-
gesehen ist, oder auf neue Zollausschlüsse; hierfür würde es von diesem
Standpunkt aus eines den Art. 33 abändernden Reichsgesetzes bedürfen; so
Hänel Staatsrecht 1 S. 676, Arndt S. 352 und 354, v. Seydel S. 225.
Dieser Ansicht entspricht die bisherige Praxis insofern, als der Zollanschluß
von Elsaß-Lothringen auf dem Reichsges. v. 17. Juli 1871 R.G. Bl. S. 325
§ 1 beruht und, soweit für einzelne Gegenstände des Vereinsgolltarifes schon
vor dem allgemeinen Zollanschluß die freie Einfuhr aus dem Zollinland
durch kaiserliche Verordnungen zugelassen war, lag den Verordnungen eine
im 8§2 des Ges. v. 17. Juli 1871 gegebene Ermächtigung zugrunde. Auch
der Zollausschluß Helgolands beruht auf einem Reichsgesetz, nämlich § 2
des Ges. v. 15. Dez. 1890 R. G. Bl. S. 207. Die Ausschließung Helgolands
ist durch Art. XII Nr. 5 des zwischen dem Deutschen Reich und England wegen
Helgoland geschlossenen Vertrages bedingt, wonach der auf der Insel geltende
Zolltarif bis zum 1. Jan. 1910 nicht erhöht werden darf; dann kann die
Insel dem Zollgebiet angeschlossen werden; vgl. die Motive zu 8 2 des Ges.
v. 15. Dez. 1890 — Verh. des Reichstags, 8. Leg.-Per. Sesff. 1 Anl. Bd. 2
31*