VI. Zoll- und Handelswesen. Art. 35. 495
deutung auch für das Staatsrecht als Ersatz für ausdrückliche Willens-
erklärungen beizumessen. So betrachtet liegt in dem früheren Verhältnis, das
bis zu dem — übrigens nur eine authentische Interpretation des bisherigen
Zustandes enthaltenden — Abkommen vom Juli 1900 bestand, kein Wider-
spruch zu der Bestimmung des Art. 35, daß nur das Reich über die Zoll-
gesetzgebung und deshalb auch nur allein über die das Zollwesen betreffenden
Staatsverträge zu verfügen hat; vgl. die Ausführungen des Staatssekretärs
des Auswärtigen Amts Frhr. v. Marschall in der Reichstagsfitzung v. 8. Mai
1897 St.B. 5706.
III. Steuer n.
a) Begriff.
Während die Zölle von den vom Ausland eingeführten Waren erhoben
werden, ist es für die indirekten Steuern kennzeichnend, daß fie auf die im
Zollinland erzeugten Waren gelegt werden. Wie die Steuern überhaupt
unterscheiden sich die indirekten Steuern des Reichs von den Gebühren
dadurch, daß ihnen keine Gegenleistung des Reichs entspricht, sondern daß sie
erhoben werden, um dem Reich Einnahmegquellen zu verschaffen, und es gilt
insofern dasselbe, was (S. 491) von den Finanzzöllen gesagt ist. Unter rein
finanzpolitischen unb steuertechnischen Gesichtspunkten find für indirekte
Steuern diejenigen Objekte am besten geeignet, deren Verbrauch sich auf
die weitesten Kreise erstreckt und sich in den größten Massen vollzieht,
Gegenstände, die nicht ohne weiteres durch andere von der Steuer befreite
Objekte ersetzt werden können, deren Verbrauch aber nicht so unentbehrlich
ist, daß aus einer erheblichen Verteuerung die Gefahr eines Notstandes
oder auch nur einer Unterernährung der Bevölkerung entstehen könnte,
z. B. Branntwein, Bier, Tabak, Stempelabgaben für den Verkehr, der sich
in den leistungsfähigen sozialen Schichten abspielt. Aber auch auf dem
Gebiete der indirekten Steuern kommen neben finanzpolitischen Rücksichten
solche der allgemeinen und namentlich der Wirtschaftspolitik zur Geltung.
Das Reich kann das eine oder andere an sich geeignete Steuerobjekt mit
der Steuer verschonen oder doch nur in geringerem Grade heranziehen, als
unter steuertechnischen Gesichtspunkten gerechtfertigt wäre, wenn es sich darum
handelt, den Verbrauch oder die Produktion des betreffenden Gegenstandes
zu begünstigen, oder umgekehrt können Gegenstände, deren Besteuerung
relativ keinen großen Ertrag verspricht, einer erheblichen Steuer unterworfen
werden, weil Repressalien gegen einen allzu starken Verbrauch aus sozialen
und ethischen Gründen erwünscht erscheinen, z. B. Spielkartensteuer, Lotterie-
stempel, Stempel von gewissen Börsengeschäften usw. Über den Unterschied
zwischen direkten und indirekten Steuern, vgl. Art. 4 S. 143 f. Art. 85 ist
durch spätere Reichsgesetze erweitert. Es find noch andere als die dort
genannten Gegenstände der Besteuerung durch das Reich unterworfen worden,
und die indirekten Steuern, die durch Reichsgesetze eingeführt sind und deren
Erträge in die Reichskasse fließen, zerfallen jetzt in folgende Gruppen.
b) Die einzelnen Steuern.
1. Salzsteuer.
Sie beruht auf dem jetzt im ganzen Reiche geltenden Gesetz v. 12. Okt.
1867 B. G. Bl. S. 41. Durch das Gesetz ist das ausschließliche Recht des