XI. Reichskriegswesen. Art. 57. 573
1890 R. G. Bl. S. 207 §3. Die aus ähnlichen Gesichtspunkten für Elsaß-
Lothringen durch das Ges. betr. die Einführung von Bestimmungen über
das Reichskriegswesen in Elsaß-Lothringen v. 23. Jan. 1872 R.G. Bl. S. 31
und durch das Ges. betr. Anderungen der Wehrpflicht v. 11. Febr. 1888
R. G. Bl. S. 11 begründete Befreiung von der Wehrpflicht ist nicht mehr
von praktischer Bedeutung, weil fie sich nur auf die vor dem 1. Jan. 1851
geborenen Angehörigen von Elsaß-Lothringen bezieht.
Keine Ausnahme, sondern nur eine besondere Form der Erfüllung der
Wehrpflicht stellt es dar, daß nach § 1 Abs. 2 des Ges. v. 9. Nov. 1867
diejenigen Wehrpflichtigen, die zwar nicht zum Waffendienst, jedoch zu
sonstigen militärischen Dienstleistungen, die ihrem bürgerlichen Beruf ent-
sprechen, fähig sind, zu solchen Dienstleistungen herangezogen werden können
(Okonomiehandwerker usw.). Ebenso betreffen die besonderen Vorschriften
über Geistliche römisch-katholischer Konfession sowie über Volksschullehrer
nur die Art der Erfüllung der Wehrpflicht und keine Befreiung von ihr.
Die Wehrpflicht beruht gemäß Art. 57 auf der Reichsangehörigkeit.
Art. 57 gilt gemäß III § 5 des in der Schlußvorschrift des XI. Abschnitts
der R.V. inbezug genommenen Bündnisvertrages v. 23. Nov. 1870 B. G. Bl.
1871 S. 9 auch in Bayern.
Personen, die vom Ausland eingewandert find und die Staatsangehörig-
keit eines deutschen Bundesstaats erworben haben, werden gemäß § 10 des
Gesetzes über den Erwerb und Verlust der Reichsangehörigkeit v. 1. Juni
1870 R.G.Bl. S. 357 wehrpflichtig, weil die Naturalisationsurkunde mit
dem Zeitpunkt der Aushändigung alle mit der Staatsangehörigkeit ver-
bundenen Rechte und Pflichten begründet. Dagegen liegt eine Ergänzung,
um nicht zu sagen, eine Ausnahme von dem Grundsatz des Art. 57 in der
Bestimmung des § 11 des Reichs--Militärgesetzes v. 2. Mai 1874 R. G. Bl.
S. 48, wonach Personen, die das Reichsgebiet verlassen, die Reichsangehörig-
keit verloren, eine andere Staatsangehörigkeit aber nicht erworben oder
wieder verloren haben, wenn sie ihren dauernden Aufenthalt in Deutschland
nehmen, gestellungspflichtig sind und nachträglich ausgehoben werden, jedoch
im Frieden nicht über das vollendete 31. Lebensjahr hinaus im Dienst behalten
werden können. Dasselbe gilt von den Söhnen ausgewanderter und wieder
in das Deutsche Reich zurückgekehrter Personen, sofern die Söhne keine an-
dere Staatsangehörigkeit erworben haben; dieselben Bestimmungen gelten
ferner für Ausgewanderte, die zwar eine andere Staatsangehörigkeit erworben
hatten, aber vor vollendetem 31. Lebensjahre wieder Reichsangehörige werden.
Es handelt sich also nicht um Ausländer, sondern um ehemalige Deutsche,
die nur die rechtliche, aber nicht die materielle Zusammengehbrigkeit mit
dem Deutschen Reich ausgegeben haben. Ausländer sind niemals wehr-
pflichtig. Sie können nur freiwillig Dienstpflichten übernehmen und auf
Grund ihres Angebots zum Dienst im Deutschen Heere und in der Flotte
gemäß § 21 Ziff. 4 der Wehrordnung (C. Bl. 1901 Beil. Nr. 32) und § 37
Ziff. 1 der Marineordnung v. 12. Nov. 1894 (Mar.V.Bl. S. 265) zugelassen
werden.
Der Begriff der Wehrpflicht ist im Art. 57 nicht näher bezeichnet und
ausdrücklich selbst nicht in dem Ges. v. 9. Nov. 1867 festgestellt. Aus den
Bestimmungen dieses Gesetzes § 1 Abs. 2 8 2 ff. geht aber hervor, daß unter
Wehrpflicht die Pflicht zu militärischen Dienstleistungen bei der bewaffneten