Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

XI. Reichskriegswesen. Art. 59. 579 
fikation des im Art. 59 aufgestellten Grundsatzes, als Mannschaften, die in 
der Zeit v. 2. Okt. bis 31. März eingestellt werden, in Ansehung des Ablaufs 
der Dienstzeit so behandelt werden, als wenn fie am vorhergehenden 1. Okt. 
eingestellt wären; für Mannschaften der Marine kann die Entlassung bis 
zur Rückkehr in den Hafen aufgeschoben werden; Seeleuten, die auf einem 
Handelsschiff Dienst tun oder eine Navigationsschule besuchen, ist unter 
gewissen Voraussetzungen die Erfüllung der Dienstpflicht gestundet. Ferner 
ist die Bestimmung des Art. 59 über die Dauer der Dienstpflicht modifiziert 
durch die Vorschriften über freiwilligen Dienst, der, um eine Störung der 
wissenschaftlichen und gewerblichen Ausbildung der jungen Leute zu ver- 
meiden, vom vollendeten 17. Lebensjahre ab angetreten werden kann, und 
durch die Vorschriften über den einjährig-freiwilligen Dienst, der von einem 
gewissen Grade der Bildung und der finanziellen Leistungsfähigkeit abhängig 
ist; vgl. § 10 ff. des Ges. v. 8. Nov. 1867. Besondere Vorschriften enthält 
8§ 51 des Reichs-Militärgesetzes über die aktive Dienstzeit der Volksschullehrer 
und das Ges. v. 8. Febr. 1890 R.G.Bl. S. 23 über die Dienstpflicht der 
Geistlichen römisch-katholischer Konfession, ferner die Heerordnung über die 
Dienstpflicht von Militärzöglingen und Schülern, die in militärischen 
Bildungs= und Lehranstalten auf Staatskosten unterhalten werden, sowie von 
Studierenden des medizinisch-chirurgischen Friedrich Wilhelms-Instituts. 
über die Ergänzung des Heeres val. Art. II des Ges. betr. die Ersatz- 
verteilung v. 26. Mai 1893 R.G. Bl. S. 185, §8§ 10 ff. des Reichs-Militär- 
gesetzes v. 2. Mai 1874 sowie das Ges. v. 6. Mai 1880 R.G.Bl. S. 103 
und das Ges. v. 11. Febr. 1888 Art. II R.G. Bl. S. 11. 
Der Begriff, den die Verfassung als „ununterbrochenen Dienst bei den 
Fahnen“ bezeichnet, ist in der späteren Gesetzgebung als „aktive Dienstzeit" 
bezeichnet und unter diesem Namen der Reserve gegenübergestellt. Beide 
zusammen bilden den Dienst beim stehenden Heere, bez. bei der Flotte. 
Nach Erfüllung der aktiven Dienstzeit treten die Mannschaften zur Reserve 
über. Was die Reserve kennzeichnet, ist einmal der Umstand, daß sie im 
Kriegsfall in gleicher Linie mit den Truppen des aktiven Dienstes steht und 
die Aufgabe hat, die von diesen gebildeten Kadres zu füllen, andererseits 
der Umstand, daß sie wie die Land-- und Seewehr zum Beurlaubtenstand 
gehört und abgesehen von kurzfristigen Ubungen und der Erfüllung der 
Kontrollmaßregeln in Friedenszeiten keinen Militärdienst leistet. Durch das 
erstgenannte Moment wird die Reserve zum Bestandteil des stehenden Heeres 
im Gegensatz zur Land- und Seewehr, durch das letztere Moment unter- 
scheidet sie sich von den Truppen des aktiven Dienstes; vgl. § 6 Abs. 5—7 
§ 12 Abs. 1 des Ges. v. 9. Nov. 1867 und Art. II § 1, 4 des Ges. betr. 
Anderung der Wehrpflicht v. 15. April 1905 R. G.Bl. S. 249, 88 50—70 
des Reichs-Militärgesetzes; letztere Bestimmungen betreffen die militärischen 
Pflichten der dem Beurlaubtenstande angehörigen Personen. 
Die Ersatzreserve unterscheidet sich von der Reserve dadurch, daß fie 
nicht zum stehenden Heere gehört, sondern bei Mobilmachungen zur Er- 
gänzung des Heeres und zur Bildung von Ersatz-Truppenteilen dient; vyl. 
§§ 8 — 19 des Ges. betr. Anderungen der Wehrpflicht v. 11. Febr. 1888 
R.G. Bl. S. 14. Danach sind der Ersatzreserve alljährlich soviel Mann- 
schaften zu überweisen, daß mit sieben Jahresklassen der erste Bedarf für die 
Mobilmachung des Heeres gedeckt ist, und zwar sind in erster Linie die- 
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