Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

580 XI. Reichskriegswesen. Art. 59. 
jenigen Personen zu überweisen, die zum Militärdienst tauglich befunden, aber 
als Überzählige, nicht zur Einstellung gelangt sind; 89 a. a. O. Die 
der Ersatzreserve überwiesenen Personen gehören zu den Mannschaften des 
Beurlaubtenstandes. Die Zugehörigkeit zur Ersatzreserve dauert 12 Jahre. 
Nach Ablauf der Ersatzreservepflicht treten die Ersatzreservisten, die geübt 
haben, zur Landwehr 2. Aufgebots, die übrigen Ersatzreservisten zum Land- 
sturm 1. Aufgebots über. Wegen der Ubungen vgl. 88 13, 14. Für die 
Marine-Ersatzreserve, der alle in Betracht kommenden Mannschaften der 
seemännischen Bevölkerung überwiesen werden, gelten gemäß §§ 20 ff. ent- 
sprechende Vorschriften. 
Die Land= und Seewehr gehört ebensowenig wie die Ersatzreserve zum 
stehenden Heere. Ihr Gros, die Landwehr-Infanterie wird in besonders 
formierten Landwehr-Truppenkörpern als Reserve für das stehende Heer ver- 
wandt. Die Mannschaften des jüngsten Jahrgangs der Landwehr-Infanterie 
können jedoch erforderlichenfalls bei Mobilmachungen auch in Ersatztruppen- 
teile eingestellt werden. Die Mannschaften der Landwehr-Kavallerie 
werden im Kriegsfalle nach Maßgabe des Bedarfs in besonderen Truppen- 
körpern formiert. Die Landwehrmannschaften der übrigen Waffen werden 
bei eintretender Kriegsgefahr nach Maßgabe des Bedarfs zu den Fahnen 
des stehenden Herres, bez. zur Flotte einberufen; § 5 des Ges. v. 9. Nov. 
1867. Über die Unterscheidung in Landwehr 1. und 2. Aufgebots und die 
übungen der Landwehr vgl. 88 2 ff. und Art. II 88 3, 4 des Ges. betr. Ande- 
rungen der Wehrpflicht v. 15. April 1905 K.G. Bl. S. 249. Entsprechende 
Vorschriften gelten für die Seewehr, die zur Unterstützung der Flotte be- 
stimmt ist und ebenfalls in ein 1. und ein 2. Aufgebot eingeteilt wird; 
vgl. § 5 Abs. 1 des Ges. v. 9. Nov. 1867 B. G. Bl. S. 131 und §8§ 20, 21 
des Ges. v. 11. Febr. 1888 R.G. Bl. S. 17. 
Der Landsturm besteht aus allen Wehrpflichtigen vom vollendeten 
17. bis 45. Lebensjahre, die weder dem Heere noch der Marine angehören. 
Er wird in zwei Aufgebote eingeteilt. Zum Landsturm 1. Aufgebots ge- 
hören die Landsturmpflichtigen bis zum 31. März desjenigen Kalenderjahres, 
in welchem sie ihr 39. Lebensjahr vollenden, zum Landsturm 2. Aufgebots 
von diesem Zeitpunkt ab bis zum Ablauf der Landsturmpflicht. Wer der 
Landwehr 2. Aufgebots angehört hat, tritt sofort zum Landsturm 2. Auf- 
gebots über. Der Landsturm 2. Aufgebots wird in der Regel in besonderen 
Abteilungen formiert. Der Aufruf des Landsturms erfolgt durch Kaiserliche 
Verordnung, bei unmittelbarer Kriegsgefahr im Bedarfsfalle durch die 
kommandierenden Generäle, die Gouverneure und Kommandanten von 
Festungen; vgl. im übrigen den 4. Abschnitt des Ges. v. 11. Febr. 1888 
R.G. Bl. S. 18. 
Die Bestimmung des Art. 59 Abs. 3 ist durch § 15 Abs. 3 des Gef. 
v. 9. Nov. 1867 dahin ausgeführt, daß Reserve-, land= und seewehrpflichtigen 
Mannschaften in der Zeit, in welcher sie nicht zum aktiven Dienst ein- 
berufen sind, die Erlaubnis zur Auswanderung nicht verweigert werden 
darf. Dagegen ist die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit ohne den 
Nachweis des Erwerbs der Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundes- 
staate u. a. zu versagen den Offizieren des Beurlaubtenstandes, bevor fie 
aus dem Dienst entlassen sind, sowie den zur Reserve und Landwehr bez. 
Seewehr gehörigen Mannschaften, nachdem sie zum aktiven Dienst ein-
	        
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