608 XI. Reichskriegswesen. Art. 63.
natürlich außer Bayern — der Kaiser die Dislozierung und Verteilung in
die einzelnen Garnisonen anordnet. Ebenso wie Württemberg haben Sachsen,
Hessen, Baden und Oldenburg durch die Militärkonvention die Zusicherung
erhalten, daß außer zur Wahrung ungewöhnlicher militärischer oder politischer
Interessen Truppen anderer Kontingente in ihrem Gebiet keine Garnison
erhalten würden; diese Zusage gilt nicht für die Garnisonen von Mainz,
Rastatt und Stadt Birkenfeld. Schwarzburg-Sondershausen, Lippe-Detmold,
Schaumburg-Lippe, Lübeck, Hamburg, Bremen und Waldeck haben durch die
Militärkonvention das Versprechen empfangen, daß sie an bestimmten, in
ihrem Gebiete gelegenen Orten eine preußische Garnison erhalten würden,
soweit nicht militärische oder politische Interessen entgegenstehen; dadurch
sollte den Angehörigen dieser Staaten die Erfüllung der Dienstpflicht er-
leichtert werden. Natürlich muß, wenn im Ctat nicht vorgesehene Kosten
mit der Dislozierung verbunden sind, z. B. durch die Errichtung neuer
Kasernen, auf das Etatsrecht des Bundesrats und Reichstags Rücksicht ge-
nommen werden; vgl. Laband IV S. 38, v. Seydel S. 366 ff.
IX. Die Mobilmachung.
In Ergänzung der Vorschrift des Art. 63 über die Mobilmachung
bestimmt § 8 Abs. 1 des Ges. v. 9. Nov. 1867 betr. die Verpflichtung zum
Kriegsdienste B.G.Bl. S. 133.
„Die Einberufung der Reserve, Landwehr und Seewehr zu den Fahnen,
bez. zur Flotte erfolgt auf Befehl des Bundesfeldherrn."
Für Bayern gilt nach III § 5 III des Bündnisvertrages folgende
Vorschrift:
„Die Anordnung der Kriegsbereitschaft (Mobilisierung) des Bayrischen
Kontingents oder eines Teils desselben erfolgt auf Veranlassung des
Bundesfeldherrn durch S. M. den König von Bayern.“
Für Württemberg bestimmt Art. 14 der Militärkonvention:
„Verstärkungen der Kgl. Württembergischen Truppen durch Einziehung
der Beurlaubten sowie die Kriegsformationen derselben und endlich deren
Mobilmachung hängen von den Anordnungen des Bundesfeldherrn ab.
Solchen Anordnungen ist allezeit und im ganzen Umfange Folge zu leisten.
Die hierdurch erwachsenden Kosten trägt die Bundeskasse, jedoch sind die
Kgl. Württembergischen Kassen verpflichtet, insoweit ihre vorhandenen
Fonds ausreichen, die notwendigen Gelder vorzuschießen.“
X. Die Mitwirkung des Ausschusses für das Landheer und die Festungen.
Die Bestimmung des Art. 63 Abs. 5 ist ein Beweis für die prinzipielle
Selbständigkeit der Kontingentsverwaltungen. Denn wäre das Heer nicht
nur in militärischer, sondern auch in staatsrechtlicher Hinsicht ein einheit-
liches Ganze, das außer dem Befehl des Kaisers keine Machthaberschaft kennt,
so wäre eine Gefährdung der Einheit, die durch Art. 63 Abs. 5 verhindert
werden soll, nicht denkbar und es wäre nicht zu verstehen, daß die Anordnungen
des Kaisers, statt für die ganze Armee, nur für das preußische Kontingent
ergehen sollten, um dann erst durch den Bundesratsausschuß den anderen Kon-
tingentsherren mitgeteilt zu werden. Die Bestimmung ist vielmehr nur ver-
ständlich, wenn man davon ausgeht, daß die Verordnungsgewalt an sich den
Kontingentsherren innewohnt und daß der Kaiser im allgemeinen nicht zuständig