Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

XI. Neichskriegswesen. Art. 65. 611 
Bundesfeldherrn zusteht, sowie über die demselben gleichermaßen zustehende 
Berechtigung, neue Befestigungen innerhalb des Königreichs anzulegen, 
wird sich der Bundesfeldherr eintretendenfalls mit dem König von 
Württemberg vorher in Vernehmen setzen; ebenso wenn der Bundesfeld- 
herr einen von ihm zu ernennenden Offizier aus dem Kgl. Württ. Armee- 
korps wählen will. Um der Beurteilung dieser Ernennungen eine Grund- 
lage zu gewähren, werden über die Offiziere des Kgl. Württ. Armeekorps 
vom Stabsoffizier aufwärts alljährlich Personal- und Oualifikations- 
berichte nach preußischem Schema aufgestellt und S. M. dem Bundes- 
feldherrn vorgelegt.“ 
Sachsen gegenüber ist durch die Mil.-Konv. festgestellt, daß die Er- 
nennung der Hoöchstkommandierenden (2) durch den Kaiser auf Vorschlag 
des Königs von Sachsen erfolgt, und durch das Nachtragsprotokoll zur 
Mil.-Konv., daß Offiziere aus dem sächsischen Dienst in den anderer Kon- 
tingente nur dann versetzt werden können, wenn damit eine Beförderung 
verbunden ist. Ferner ist durch Art. 7 der Mil.-Konv. bestimmt, daß die 
ein Kommando führenden Generale dem Kaiser eidlich Gehorsam zu geloben 
haben. über die Aufstellung der jährlichen Personal- und Oualifikations- 
berichte für die Offiziere vom Stabsoffizier aufwärts nach preußischem 
Schema und Einsendung dieser Berichte an den Kaiser gilt dasselbe wie 
für Württemberg. 
Artikel 65. 
Das Recht, Festungen innerhalb des Bundesgebietes anzulegen, steht 
dem Kaiser zu, welcher die Bewilligung der dazu erforderlichen Mittel, 
soweit das Ordinarium sie nicht gewährt, nach Abschnitt XII beantragt. 
Der Kaiser hat das Recht, ohne Rücksicht auf die den Einzelstaaten 
grundsätzlich nach wie vor zustehende Gebietshoheit in jedem Teile des 
Reichs Festungen anzulegen. Das mit der Festung belegte Gebiet wird 
dadurch den Einzelstaaten nicht entzogen, aber sie dürfen für dieses Gebiet 
keine Verfügung mehr treffen, die mit dessen Zweckbestimmung als einer 
Festung des Reichs im Widerspruch steht. Sie dürfen insbesondere keine 
Einrichtungen oder Anordnungen treffen, durch welche die Verteidigungs- 
fähigkeit der Festung unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden könnte, 
z. B. durch Anordnungen inbetreff der Eisenbahnen, Wasserpolizei, Bau- 
polizei usw.; vgl. Laband IV S. 73, v. Seydel S. 372. Ahnliches gilt 
nach dem Reichsges. v. 19. Juni 1888 R. G. Bl. S. 105 für die Reichs- 
kriegshäfen. Eine Ergänzung findet die dem Reich nach Art. 65 gegenüber 
den Einzelstaaten eingeräumte Machtvollkommenheit durch das Ges. v. 21. Dez. 
1871 R.G. Bl. S. 459, durch welches dem Reiche die Befugnis zugewiesen ist, 
die Eigentümer des Grund und Bodens, der in der nächsten Umgebung der 
bereits vorhandenen sowie der in Zukunft anzulegenden permanenten Be- 
festigungen gelegen ist, in der Benutzung ihres Grundeigentums bestimmten 
Beschränkungen zu unterwerfen. Außerdem stehen dem Reiche für Festungs- 
anlagen wie für die Anlegung von Kriegshäfen die landesgesetzlich zuge- 
lassenen Enteignungsbefugnisse zu. Abgesehen von den militärischen Be- 
ziehungen unterliegt das zur Festung bestimmte Gebiet allen Staatshoheits- 
rechten, die den Einzelstaaten über ihr eigenes Gebiet zustehen; in der 
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