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Sorge zu tragen, daß den gerichtlichen Entscheidungen der mit Jurisdiktion aus-
gestatteten Beamten in Deutschland die Anerkennung nicht versagt blieb. Des-
halb entschloß sich die Regierung, dem Reichstag einen Gesetzentwurf vorzulegen,
welcher den Kaiser wenigstens zur Regelung des Gerichtswesens in den unter
Schutz genommenen Gebieten ausdrücklich ermächtigen sollte. Der Reichstag er-
achtete jedoch eine umfassende Klarstellung der Rechte des Kaisers in betreff
der Schutzgebiete für geboten, die insbesondere jeden Zweisel darüber ausschloß,
daß er auch zu innerstaatsrechtlichen Akten ohne Mitwirkung des Bundesrats be-
fugt sei. Zu dem Zwecke wurde eine Bestimmung eingefügt, die dem Kaiser die
„Schutzgewalt“ zur Ansübung namens des Reiches übertrug. Weiter aber erschien
es dem Reichstag auch angebracht, die Rechtspflege in den Schutzgebieten in der
Hauptsache schon im Gesetze selbst zu regeln. Es geschah dies, indem man die Vor-
schriften des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit mit einigen Maßgaben auch in
den Schutzgebieten für anwendbar erklärte. So entstand das im Jahre 1886 er-
lassene „Gesetz betreffend die Rechtsverhältuisse der deutschen Schutzgebiete“. Mit
einer Reihe von Zusätzen und Anderungen, die sich im Laufe der Zeit als er-
forderlich erwiesen haben, ist es noch heute in Geltung. Zuletzt hat es im Jahre 1900
anläßlich des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches eine durchgreifende
Umgestaltung erfahren und ist in neuer Fassung als „Schutzgebietsgesetz“ im
Reichs-Gesetzblatt (S. 813) veröffentlicht worden. In dieser Form bildet es —
freilich nicht ohne daß es inzwischen schon wiederum einige Anderungen erfahren
hat — das Grundgesetz für die deutschen Kolonien. Ergänzt wird es einmal durch
die — wie schon erwähnt — von ihm in Bezug genommenen Vorschriften des
Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit (das jetzt geltende datiert vom 7. April
1900, s. Reichs-Gesetzblatt S. 213), ferner durch eine Kaiserliche Verordnung vom
9. November 1900 (Rl. S. 1005), welche über verschiedene Punkte Bestimmung
trifft, die im Gesetze selbst der Regelung durch den Kaiser vorbehalten waren,
sowie durch mehrere Verordnungen des Kaisers, die das Liegenschaftsrecht und
Bergrecht zum Gegenstand haben, und sodann noch durch eine Reihe von Aus-
führungsbestimmungen des Reichskanzlers und der Gouverneure. Mit der fort-
schreitenden Entwicklung der Schutzgebiete hat sich auch in immer steigendem
Maße die Notwendigkeit ergeben, die öffentlich -rechtlichen Verhältnisse in den
Schutzgebieten und das Recht der Eingeborenen zu regeln. Dem Schutzgebiets-
gesetz sind das Gesetz über die Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete von
1892/1908, das Schutztruppengesetz, das Kolonialbeamtengesetz und neuerdings
das Wehrgesetz für die Schutzgebiete hinzugetreten, durch Kaiserliche Verordnung
sind grundlegende Vorschriften über die Einrichtung der Verwaltung und die Ein-
geborenenrechtspflege, über die Bildung von Kommnnalverbänden, über die Zwangs-
und Strafbefugnisse der Verwaltungsbehörden, das Zollwesen usw. erlassen worden,
und endlich sind in großer Fülle Vorschriften des Reichskanzlers und der Gon-
verneure ergangen, die verwaltungsrechtliche, namentlich polizeiliche Materien
aller Art regeln oder auf das Eingeboreneurecht Bezug haben. Eine ergiebige
Quelle für das Recht unserer Kolonien bilden außerdem völkerrechtliche Ver-
träge. Zu erwähnen sind hier namentlich die Kongoakte vom Jahre 1885, welche
wichtige internationale Festsetzungen für das Kongobecken und die angrenzenden
Gebiete enthalten, die Generalakte der Brüsseler Antisklavereikonferenz von 1890
und eine Reihe daran auschließender Konventionen über die Spirituosenzölle so-
wie die Einfuhr von Feuerwaffen, Munition und Schießpulver in Westafrika,
schließlich zahlreiche Verträge über die Abgrenzung der älteren Schutzgebiete
und über den Erwerb neuer Kolonialgebiete seitens Deutschlands. Das in Be-
tracht kommende Gesetzes= und Verordnungsmaterial hat zurzeit einen gewaltigen
Umfang erreicht, und die Orientierung darin fällt um so weniger leicht, als es
sehr zersplittert und, da jedes Schutzgebiet sein eigenes Amtsblatt für die Ver-