III. Heimats- und Niederlassungsrecht. $ 35. 117
Verfahren!®. Die Polizei ist befugt, die von ihr ausgegangenen Ver-
fügungen mit allen Zwangsmitteln, welche ihr überhaupt zu Ge-
bote stehen, also mit Strafandrohungen und nötigenfalls zwangsweisen
Transportierungen zu vollstrecken.
II. Die Ausweisungsbefugnisse der Gemeindenund Armen-
verbände haben den Zweck, dieselben vor übermäßigen Armen-
lasten zu schützen. Zur Abweisung eines neu Anziehenden sind
Gemeinden und Armenverbände befugt, wenn sie nachweisen, daß
derselbe nicht hinreichende Kräfte besitzt, um sich und seinen nicht
arbeitsfähigen Angehörigen den notdürftigen Lebensunterhalt zu ver-
schaffen. Dagegen steht dem Abgewiesenen der Gegenbeweis frei,
daß er den Unterhalt aus eigenem Vermögen bestreiten kann oder
von einem dazu verpflichteten Verwandten erhält'!?, Die Ausweisung]
eines bereits Aufgenommenen ist nur unter folgenden Voraus-
setzungen zulässig®°. 1. Es muß sich die Notwendigkeit einer öffent-
lichen Unterstützung herausgestellt haben, d. h. eine Unterstützung
aus öffentlichen Mitteln tatsächlich gezahlt worden sein. Nicht not-
wendig ist, daß die Zahlung aus den Mitteln der Aufenthaltsgemeinde
erfolgt. 2. Die Gemeinde oder der Armenverband muß nachweisen,
daß die Unterstützung aus anderen Gründen als wegen vorüber-
gehender Arbeitsunfähigkeit notwendig geworden ist?!. 3. Die in |
Frage stehende Person darf an dem Aufenthaltsorte noch keinen |
Unterstützungswohnsitz erworben haben ®®.
Die Ausweisung geschieht auch in denjenigen Fällen, wo sie auf
Grund eines Einspruchs der Gemeinde stattfindet, durch polizei-
iche Verfügung. Zuständig zum Erlaß derselben ist die Or
polizeibehörde, Steht der Gemeinde selbst oder deren Vorsteher die
Ausübung der Ortspolizei zu, so kann dieser ohne weiteres die be-
treffende Verfügung erlassen; andernfalls ist ein Antrag der Gemeinde
bei der Polizeibehörde erforderlich. Dem von der Verfügung Be-
troffenen stehen gegen dieselbe diejenigen Rechtsmittel zu, welche
gegenüber polizeilichen Verfügungen überhaupt zulässig sind®®. Die
efolgung der Verfügung kann durch Strafandrohungen erzwungen,
nötigenfalls darf dieselbe zwangsweise vollstreckt werden. Doch ist
die zwangsweise Vollstreckung nicht eher zulässig, bis entweder eine
Annahmeerklärung desjenigen Armenverbandes, in welchen die Aus-
weisung erfolgen soll, oder eine einstweilen vollstreckbare Entscheidung
über die Fürsorgepflicht vorliegt **.
18 ü den kommen die betreffenden General-
en In Beden Gt Jedoch die Verwaltungsklage bei Aus-
Weisungen von Bettlern, Landstreichern und unter Polizeiaufsicht gestellten
Personen ausgeschlossen. (Verw.Ger.G. $ 4.)
» RG. j.
‚Ir. °.
al .G. .] Seydel, Annalen 1877. $S. 585. Eger, Reichsgesetz
über del, N aus gewobnettz 6. Aufl. Anm. 112 zu 3L-U.W.C. 8
92 Diese Bestimmung findet auch auf Bayern Anwendung, welche sich im
übrigen Reichsgebiet aufhalten. Vgl. Tourbie, Arch. f. Sf. R.8, 153, 413; Erl.
d. preuß. Minist. d. Inn. bei Reger 8, 271.
N Toy e, 364. [vel. v. Brauchitsch!?T8, 644 Anm. zu F.G. $5.]
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