II. Heimats- und Niederlassungsrecht. $ 37. 121
inländischen Armenunterstützung verfallen, können in ihren Heimats-
staat zurückgesandt werden. Die Übernahme derselben ist eine
völkerrechtliche Pflicht des letzteren !,
Die Pflicht zur Armenunterstützung hat einen öffentlich
rechtlichen Charakter. Sie ist vom Reiche den Staaten und
Kommunalverbänden im öffentlichen Interesse auferlegt. Der
Hilfsbedürftige besitzt kein subjektives Recht auf Armen-
unterstützung!“ Es steht ihm demnach auch keine Klage auf
Gewährung der Unterstützung, sondern nur eine Beschwerde zu,
welche im Instanzenzuge der Verwaltungsbehörde geltend zu machen
ist!®, Diese Beschwerde dient dem Zwecke, die Örgane der Armen-
pflege zur Erfüllung ihrer öffentlichen Verpflichtungen anzuhalten.
Da die Pflicht zur Gewährung der Armenunterstützung auf reichs-
gesetzlicher Vorschrift beruht, so können nach Erschöpfung der
‚andesgesetzlichen Instanzen auch die höheren Reichsorgane angegangen
werden.
Die Frage, ob der Arme, wenn er später Vermögen erwirbt,
zur Rückerstattung der geleisteten Unterstützung verpflichtet
ist, hat das Reichsgesetz nicht entschieden; sie beantwortet sich nach
Landesrecht. Eine solche Verbindlichkeit darf jedoch nur dann als
vorhanden angenommen werden, wenn sie ausdrücklich durch Gesetz
ausgesprochen ist!*, aus der Natur der öffentlichen Armenunter-
stützung ist sie nicht abzuleiten 5. Wo eine Erstattungspflicht be-
. ,.ı Für das Verhältnis Bayerns zum übrigen Reichsgebiet sind in dieser
Hinsicht die Bestimmungen der Gothaer Konvention vom 15. Juli 1851 maß-
gebend. Dieselbe ist für den Verkehr mit Bayern durch das Schlußprotokoll
vom 23. November 1870 Nr. III ausdrücklich aufrecht erhalten, für Elsaß-
Lothringen hat sie durch R.G. vom 8. Januar 1873 Geltung erlangt, durch welches
das Freizügigkeitsgesetz dort eingeführt wurde. Vgl. Seydel Annalen 1890.
$. 178, [Seydel 8, 29.
= Dies ist durch den Wortlaut des U.W.G. anerkannt, das nach $ 61
qrechte und Verbindliehkeiten nur zwischen den zur Gewährung öffentlicher
nterstützung verpflichteten Verbänden [Orts-, Landarmenverbänden, Bundes-
Staaten] begründet.“ — |„Dieser Satz beruht auf der besonderen Natur des
U.W.G., welches lediglich im öffentlichen Interesse und daher unbe-
schadet aller zivilrechtlichen Verhältnisse die Unterstützungspflicht der Armen-
verbände untereinander zu regeln bestimmt ist.“ Eger $ 61, Anm. 192 S. 414.]
!32 Die meisten Ausführungsgesetze sprechen dies ausdrücklich aus. [Yel-
2. B. pr. A.G. vom 8. März 1871 $ 63: „Einen Anspruch auf Unterstützung kann
der Arme gegen einen Armenverband niemals im Rechtswege, sondern nur bei
der Verwaltungsbehörde geltend machen, in deren Pflicht es liegt keine An-
Sprüche zuzulassen, welche über das Notdürftige hinausgehen.“ — Nach Arnold
S. 196 steht der Verpflichtung des Armenverbandes nicht direkt das Recht des
Hilfsbedürftigen auf Unterstützung, sondern nur das Recht der Staates auf
orderung dieser Unterstützung für den Hilfsbedürftigen gegenüber. Zustimmend
auch Eger $ 61 Anm. 192. n. A.
u Dies ist allerdings in einzelnen deutschen Landesgesetzgebungen
geschehen, (Vgl. die Zusammenstellung bei Krech, Anhang F. Verhältnis der
enverbände zu dem Unterstützten und zu anderweit Verpflichteten. — E.G.
zum B.G.B. Art. 103.]
15 Tjbereinstimmend: Seydel Annalen 1877, S. 589; Krech H.W.B.? 2, 40
R.Ziv. 14, 197. A. A.: Roesler, deutsches Verwaltungsrecht $ 64 N. 5, welcher
er Armenunterstützung, auch obne daß eine spezielle gesetzliche Grundlage
dafür vorhanden ist, den Charakter eines Vorschusses zuschreibt. [Vgl. Sächs.
rmenordnung vom 22. Oktober 1840 $ 65. Danach ist jede öffentliche Armen-
unterstützung als ein Vorschuß zu betrachten, insoweit nicht nach den Funktionen