Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

174 Zweites Buch. Zweiter Abschnitt. 8 62. 
Wohngebäudes auf einem bisher unbebauten Grundstück außerhalb 
einer bewohnten Ortschaft und außerhalb eines für die Erweiterung 
einer Ortschaft aufgestellten Bauplanes®. Für solche "Ansiedelungen 
reichen die gewöhnlichen Maßregeln der Baupolizei nicht aus; es 
kommen neben den Gefahren, welche aus der Beschaffenheit der 
Bauten entstehen können, noch andere Gesichtspunkte der öffent- 
lichen Sicherheit? in Betracht. Deshalb haben einzelne Gesetz- 
gebungen derartige Ansiedelungen an besondere Voraussetzungen 
geknüpft. Sie fordern eine von der Ortspolizeibehörde zu erteilende 
Ansiedelungsgenehmigung, vor deren Aushändigung die polizeiliche 
Bauerlaubnis nicht erteilt werden darf*. 
Die Errichtung eines Komplexes von Wohngebäuden 
(Kolonie) außerhalb einer Ortschaft ist von ähnlichen Voraus- 
setzungen abhängig’, es müssen aber außerdem auch noch die 
Gemeinde-, Kirchen- und Schulverhältnisse der Kolonie sicher gestellt 
sein, ehe die Ansiedel hmigung erteilt werden darf. 
  
oo 
Petersen, Art. Ansiedelungsgesetzgebung H.W.B.? 1, 518; Handwörterb. d. 
Preuß. Verw. 1, 83. 
® [Vgl. $ 13 des durch G. vom 10. Aug. 1904 abgeänderten preuß. G. vom 
25. Aug. 1876. Dort heißt es, daß die Ansiedelungsgenehmigung, welche die 
Bauerlaubnis nicht entbehrlich macht, einzuholen hat, wer außerhalb einer 
im Zusammenhange gebauten Ortschaft ein Wohnhaus errichten 
oder ein vorhandenes Gebäude zum Wohnhaus einrichten will. 
Die Genehmigung erteilt der Kreisausschuß, in Stadtkreisen die Ortspolizei- 
behörde. Im Geltungsbereich des G. betr. die Beförderung deutscher An- 
siedelungen in den Provinzen Westpreußen und Posen, vom 26. April 1886 ist 
die Ansiedelungsgenehmigung zu versagen, so lange nicht eine Bescheinigung 
des Regierungspräsidenten vorliegt, daß die Ansiedelung mit den Zielen des 
bezeichneten Gesetzes nicht in Widerspruch steht.] . 
® [Vgl. Otto Mayer 1, 210° und preuß. O.V.G. 8, 353 über die Zurück- 
weisung eines Gesuches um Erlaubnis zur Gründung einer neuen Ansiedelung 
aus Gründen des öffentlichen Interesses. 
+ Preuß. G. betr. die Verteilung der öffentlichen Lasten bei Grundstücks- 
teilungen und die Gründung neuer Ansiedelungen in den Provinzen Preußen, 
Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien, Sachsen und Westfalen vom 25. Aug. 
1876 [abg. durch G. vom 16. Sept. 1899 und G. vom 10. Aug. 1904, durch das 
der zweite Abschnitt wesentlich ‘umgeändert und neu gefaßt ist. Für die 
Provinz Westfalen bleiben die $$ I—12 außer Anwendung.], Lauenburg G. 
vom 4. Nov. 1874 [Vgl. dazu 2.G. XXL Titel: Dismembrations- und Ansiedelungs- 
sachen $$ 147—149.]. in der Provinz Hannover G. vom 4. Juli 1887, in der 
Provinz Schleswig-Holstein vom 13. Juni 1888. G. betr. die Gründung neuer 
Ansiedelungen in der Provinz Hessen-Nassau, vom 11. Juni 1890. [Die Gesetze 
für Hannover, Schleswig-Holstein mit Ausnahme von Lauenburg und Hessen- 
Nassau stimmen im wesentlichen überein und haben zugunsten des Bergbaus 
eine Kreänzung durch G. vom 16. Sept. 1889 erfahren. — In der Rheinprovinz 
und in Hohenzollern bedarf es keiner besonderen Genehmigung für neue An- 
siedelungen, hier genügt die polizeiliche Bauerlaubnis. — Vgl. auch G. vom 
26. April 1886 betr. die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen 
Westpreußen und Posen, abg. durch G. vom 20. April 1898 und 1. Juli 1902. 
Vgl. darüber Sch ultze H.W.B.? 1, 509.] Gegen die Versagung der Ansiedelung 
kann der Weg des Verwaltungsstreitverfahrens beschritten werden, trotzdem es 
sich in diesem Falle wesentlich um Fragen des administrativen Ermessens handelt. 
In anderen Ländern ist eine vorgängige Genehmigung nicht erforderlich; die 
Ansiedelung kann aber aus Sicherheits- oder feuer olfzeifichen Gründen untersagt 
werden, so in Braunschweig, Schwarzburg-Rudolstadt, [Württemberg, Hessen.] 
5 [Die Unterscheidung zwischen Einzelansiedeiung und Koloniegründung 
ist durch das G. vom 10. Aug. 1904 für seinen Geltungsbereich beseitigt.)
	        
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