Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

378 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $& 105. 
des Schiffes, 3. durch Mängel des Fahrwassers, der Schiffahrts- 
anstalten oder durch das Verhalten der zur Handhabung letzterer 
bestellten Personen, 4. durch Nichtbeachtung der Vorschriften über 
Verhütung des Zusammenstoßes von Schiffen und das Verhalten nach 
einem solchen 5°. 
Die Organe zur Untersuchung der Seeunfälle sind die Sec- 
ämter®!, kollegiale Landesbehörden, die aus einem Vorsitzenden und 
vier Beisitzern bestehen. Der Vorsitzende muß die Fähigkeit zum 
Richteramt besitzen. Für die Beisitzer stellt die Aufsichtsbehörde 
jedes Jahr eine Liste auf, aus welcher der Vorsitzende in jedem ein- 
zelnen Untersuchungsfalle die Beisitzer. auswählt; zwei derselben 
müssen die Befähigung als Seeschiffer besitzen und als solche ge- 
fahren haben®®. Für jedes Seeamt wird vom Reichskanzler ein Kom- 
missar bestellt, welcher das öffentliche Interesse wahrzunehmen hat °®., 
Das Verfahren vor dem Seeamt ist ein öffentliches, mündliches und 
kontradiktorisches5*. Nach Schluß der Verhandlung hat das Seeamt 
über die Ursachen des Seeunfalls seinen Spruch abzugeben *®. Dieser 
Spruch hat an und für sich keinerlei Rechtswirkung. Er stellt nur 
atsachen fest, und überläßt den Verwaltungsbehörden, bzw. den be- 
teiligten Privatpersonen, auf Beseitigung der Ursachen, welche den 
Seeunfall veranlaßt haben, hinzuwirken. 
In einem Falle kann jedoch der Spruch des Seeamtes auch eine 
rechtliche Bedeutung gewinnen. Wenn die Untersuchung ergibt, 
daß ein deutscher Schiffer, Steuermann oder Maschinist eines See- 
dampfschiffs den Unfall oder dessen Folgen infolge des Mangels solcher 
Eigenschaften, welche zur Ausübung seines Gewerbes erforderlich 
sind, verschuldet hat, so kann ihm die Befugnis zur Aus- 
übung seinesGewerbes entzogen werden. In diesem Falle, 
oder wenn ein auf Entziehung gerichteter Antrag des Kommissars 
abgelehnt wird, ist das Rechtsmittel der Beschwerde an das Ober- 
seeamt gegeben. Das Oberseeamt ist eine kollegiale Reichsbehörde, 
bestehend aus einem Vorsitzenden, der die Fähigkeit zu einem Richter- 
amt haben muß, und sechs Beisitzern, von denen mindestens drei 
schiffahrtskundig sein sollen. Der Vorsitzende und ein schiffahrts- 
kundiger Beisitzer werden vom Kaiser ernannt, Die übrigen Bei- 
sitzer wählt der Vorsitzende für jeden einzelnen Fall aus einer Liste 
aus, die von den Regierungen der Bundesstaaten auf je 3 Jahre 
aufgestellt wird®®. Nach Ablauf eines Jahres kann die Befugnis zur 
Ausübung des Gewerbes, welches dem Schiffer, Steuermann oder 
Maschinisten durch Ausübung des Seeamtes entzogen ist, demselben 
durch das Reichsamt des Innern wieder eingeräumt werden, wenn 
anzunehmen ist, daß er fernerhin den Pflichten seines Berufes ge- 
nügen werde®”, 
bie 94. hrs ERGO MRG. 57-12. WRG.S 18 4 RG. SEM 
18 . ur, >. 
® R.G. 5 26-33. Geschäfts-Ordnung für das Oberseeamt vom 3. Mai 
1878 (Bl. S. 6.). Nachtr. vom 10. Mai [1889] (Z.Bl. S 3m). 
RG. y 3.
	        
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