Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

710 Fünftes Buch. $ 257. 
eintragen lassen können‘. Das aus den Verträgen hervorgehende 
Rechtsverhältnis zwischen dem Reiche und seinen Gläubigern ist ein 
privatrechtliches; die Geltendmachung der daraus entspringenden 
Rechte und Verbindlichkeiten kann im Rechtswege erfolgen. 
Den Hauptbestandteil der Reichsschulden bildet die fundierte 
Schuld des Reiches. Sie ist der Inbegriff der Schuldverbindlich- 
keiten, welche das Reich für einen längeren Zeitraum zu dem 
Zwecke übernommen hat, sich Mittel für außerordentliche Auf- 
wendungen zu beschaffen. Über diese Schuldverbindlichkeiten werden 
Reichsschuldscheine oder Reichsobligationen ausgegeben. 
Die bisher kontrahierten Reichsschulden, welche der fundierten 
Schuld angehören, haben sämtlich den Charakter der Renten- 
schulden. Das Reich hat in ihnen nur die Verpflichtung zur 
Zahlung einer jährlichen Rente, dagegen keinerlei Verpflichtung zur 
Rückzahlung des Kapitals binnen einer bestimmten Zeit übernommen. 
Dagegen ist dem Reiche selbst das Recht der Kündigung vor- 
behalten; die Festsetzung der Frist, innerhalb deren die Kündigung 
erfolgen darf, also auch die Festsetzung der Kündigung selbst, hat 
durch einen Akt der Gesetzgebung zu erfolgen®. Die Bestimmung 
des Zinsfußes ist bei den bisher aufgenommenen Anleihen dem 
Reichskanzler überlassen. Für Änderungen des Zinsfußes, also für 
Konvertierung von Anleihen, ist trotzdem wegen des Einflusses, den 
eine derartige Konvertierung auf die Gestaltung des Reichshaus- 
haltsetats äußert, die Genehmigung der gesetzgebenden Organe des 
Reiches erforderlich. 
Die schwebende Schuld des Reiches ist der Inbegriff der 
Schuldverbindlichkeiten, welche das Reich auf kürzere Zeit tber- 
nommen hat, um die Betriebsmittel der Reichskasse zu verstärken 
und eine Ausgleichung zwischen Einnahmen und Ausgaben einer 
einzelnen Etatsperiode zu bewirken. Die Form, in der die schwe- 
bende Schuld auftritt, sind die Schatzanweisungen. Die Er- 
mächtigung zur Ausgabe von Schatzanweisungen wird dem Reichs- 
kanzler durch einen Akt der gesetzgebenden Organe, regelmäßig 
durch das Etatsgesetz, erteil. Sie enthalten einen bestimmten 
Fälligkeitstermin, zu dem die Rückzahlung des Kapitals erfolgen 
muß, haben also nicht den Charakter von Rentenschulden, 
sondern den gewöhnlicher Darlehnsschulden. Sie können an 
und für sich verzinslich oder unverzinslich sein; tatsächlich ist regel- 
mäßig letzteres der Fall. 
Zu den Finanzschulden des Reiches gehört auch das Papier- 
geld, das den Charakter einer unverzinslichen Schuld hat®. 
An Garantien sind, wie bereits erwähnt”, bisher nur über- 
* R.G. zur Ände des G., betr. i i 1891, 
Vom 6. Mai 1910 BEBIS ea etr. das Reichsschuldbuch vom 31. Mai 1891 
® Einheitliche Vorschriften über die Reichsanleihen enthält die Reichs- 
schuldenordnung vom 19. März 1900 (R.G.Bl. S. 129) ergänzt durch R.G. vom 
22. Febr. 1904 (R.G.Bl. S. 66) und das B.G.B. ü i htlich 
Regen Laband 4 872, nd das B.G.B. Vgl. über die privatrechtlichen 
.® Vgl. oben ! 120. 
T Vgl. oben $ 254.
	        
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