70 $ 5. Quellen des Verwaltungsrechts.
normen ist die Strafandrohung sehr häufig das Mittel zur Er-
zwingung des Gehorsams gegenüber verwaltungsrechtlichen Ge-
boten und Verboten, d.h. Befehlen, die die Untertanen zu be-
stimmten Handlungen oder Unterlassungen verpflichten.” Auf
diese Weise ist die Strafgesetzgebung Quelle für zahlreiche Ver-
waltungsnormen geworden .®
2. Der Gesetzgeber kann jedoch die Aufgabe, Recht zu setzen,
Verwaltungsbehörden übertragen. Damit werden diesen Or-
ganen Funktionen der Gesetzgebung zugewiesen. Man spricht
infolgedessen von einer ‚Delegation der gesetzgebenden Gewalt‘.
Die Verwaltungsbehörden erfüllen die ihnen übertragene Pflicht
durch den Erlaß allgemeiner Anordnungen, Verordnungen, die
aber im Gegensatz zu den Verwaltungsverordnungen (oben 8. 63)
als Rechtsverordnungen oder gesetzvertretende Verord-
nungen bezeichnet werden.” Durch die Ausübung des ‚‚Ver-
ordnungsrechtes‘‘ schaffen die Verwaltungsbehörden Rechtsätze
von derselben Kraft, wie sie den Vorschriften des Gesetzgebers
innewohnt. Eine Rechtsverordnung ist somit ein Erlaß einer
5 Frank, Strafgesetzbuch, 10. Aufl., 1911, S.600. Polizeiübertretungen
sind solche Delikte, „deren Norm die allgemeine im Verkehr erforderliche
Sorgfalt spezialisiert.“ — Die neuen Verwaltungsgesetze, welche Straf-
androhungen enthalten, trennen folgerichtig den Verwaltungsrechtsatz
von der Strafsatzung. Man vergleiche z. B. die an das Ende der Reichs-
gewerbeordnung geschobenen Strafbestimmungen in den $$ 146—150.
® Damit hängt es zusammen, daß die Polizeistrafbücher von Baden,
Bayern und Württemberg in ihren einleitenden allgemeinen Bestimmungen
allgemeine Grundsätze des Polizeirechts überhaupt aufstellen.
” Heinrich Rosin, Das Polizeiverordnungsrecht in Preußen, 2. Aufl.,
1895. Art. „Polizei“ (Polizeiverordnung) im WB d. VerwR? III 119.
Hänel, Das Gesetz im formellen und materiellen Sinn (Studien
zum deutschen Staatsrecht II) 1888. Laband, Staatsrecht II® S. 85ff.
Otto Mayer, I 8. 122ff. Jellinek, Gesetz und Verordnung, 1887,
S. 366ff. Anschütz, Die gegenwärtigen Theorien über den Begriff der
gesetzgebenden Gewalt, 2. Aufl. 1901 (und dazu die Besprechungen von
Otto Mayer im Archiv für öffentl. Recht XVII 464 und Jellinek im
Verwaltungsarchiv XII 264). Anschütz in der Enzyklopädie der Rechts-
wissenschaft von Holtzendorff und Kohler II S. 602-607. Thoma,
Polizeibefehl im Bad. Recht I, 1906. P. Schoen, Die Verordnungen
(Handbuch der Politik I S. 292ff.. Franz Rosin, Gesetz und Ver-
ordnung nach badischem Staatsrecht, 1911 (Freiburger Abhandlungen aus
dem Gebiete des öffentl. Rechts, Heft 18).