Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

$ 5. Quellen des Verwaltungsrechts, 15 
nach den beiden angegebenen Richtungen zu,!?’ sofern es ihm 
das Gesetz nicht ausdrücklich entzogen hat.!® 
b) Nicht alle Arten von Verordnungen sind von gleicher Be- 
deutung für das Verwaltungsrecht. Die für staatliche Notstände 
berechneten ‚Notverordnungen‘“ können hier außer Betracht 
bleiben. Ebenso bedürfen keiner eingehendern Besprechung die 
sog. Ausführungsverordnungen, deren Aufgabe darin besteht, 
den im Gesetzestext niedergelegten Willen des Gesetzgebers näher 
zu erläutern und zu voller Entfaltung zu bringen.!? Es bleiben 
somit für unsern Zusammenhang lediglich die eigentlichen gesetzes- 
vertretenden Verordnungen übrig, auf die der Gesetzgeber seine 
Rechtsetzungspflicht überwälzt hat.?° Unter diesen erweist sich 
eine Art als eine besonders eergiebige Quelle des Verwaltungsrechts: 
die Polizeiverordnung. Polizeiverordnungen liefern ein gut 
Teil der Rechtsätze für die Verwaltungsjurisprudenz des täg- 
lichen Lebens. Sie befehlen in der Form von Geboten oder 
Verboten den Untertanen, im Interesse des gesellschaftlichen 
Zusammenlebens bestimmte Handlungen vorzunehmen oder zu 
unterlassen und drohen gegen die Übertretung Strafe an.®! Sie 
17 Jellinek, Gesetz und Verordnung, 8. 406ff. Georg Meyer- 
Anschütz, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts S. 654. v. Seydel, 
Bayer. Staatsrecht, II S. 337._ Thoma, Polizeibefehl im Bad. Recht, 
1 S. 458ff. — Auch der Verwaltungsverordnung gegenüber kommt selbst- 
verständlich der Vorrang des Gesetzes und das richterliche Prüfungs- 
recht zur,Geltung. Der Richter hat zu prüfen, ob die von der Verwaltungs- 
behörde erlassenen Anweisungen sich als Betätigungen einer besonderen 
Befehlsgewalt (Dienstgewalt, Anstaltagewalt) darstellen. Vgl. ein Beispiel 
bei Fleiner, Verwaltungsrechtsfälle, Nr. 55. 
18 Preußische Verfassungsurkunde Art. 106, Abs. 2: „Die Prüfung der 
Rechtsgültigkeit gehörig verkündeter Königlicher Verordnungen steht 
nicht den Behörden, sondern nur den Kammern zu.“ 
19 Die Ausführungsverordnung hat nur ‚fertig zu denken, was im 
Gesetze schon gewollt ist‘ (Otto Mayer, Staatsrecht des Königreichs 
Sachsen, 8. 177). Oder anders ausgedrückt: ‚sie soll wollen, was das 
veranlassende Gesetz will: alles, aber nicht mehr.‘ (Anschütz, in der 
Enoyklopädie der Rechtswissenschaft, II 8. 607). 
20 Otto Mayer, Staatsrecht des Königreichs Sachsen, 8. 177, nennt 
diese Verordnungen ‚‚besonders ermächtigte Verordnungen‘. 
2ı Eine Behörde, die befugt ist, Polizeiverordnungen zu erlassen, 
besitzt damit nicht auch die Kompetenz, in einer solchen Polizeiverord- 
nung Befehle unter Strafandrohung an die Adresse andrer Behörden zu 
richten und diesen in dieser Form z. B. Normen vorzuschreiben, nach
	        
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