Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Anhalt (Herzogtum) 
  
die Landes GEgebung des Herzogtums. (A. G. S. 
Nro. 518 Art. 15.) Seit 1. 10. 79 bestehen in 
bestimmten Städten des Herzogtums (insgesamt 
11) Amtsgerichte, ferner ein Landgericht in 
Dessau und als OLG das Kgl Preuß. OLG zu 
Naumburg a. S. Außerdem ist eine Strafkammer 
in Bernburg eingerichtet. Die Notare werden 
vom Herzog auf Lebenszeit ernannt. 
III. Die Polizei wird im Namen des Herzogs 
ausgeübt. Zentralbehörde in Pol Sachen ist das 
Staats Min, Landes Pol Behörde die Regierung, 
Abt. d. J. Die Landes Pol Behörde ist vorgesetzte 
Dienstbehörde der Orts= und Kreis Pol Verw, da- 
neben liegt ihr die Handhabung der höheren sogen. 
politischen Polizei ob. Die Berg Pol verwaltet sie 
nach Maßgabe des Berg G. Das Herzogtum bildet 
einen Landes Pol Bezirk. Die Kreis Pol wird in 
den Landstädten und auf dem platten Lande durch 
die Kreisdirektionen, in den 4 Hauptstädten durch 
die Orts Pol Verw ausgeübt. 
Die Kreis Pol Behörden sind vorgesetzte Be- 
hörden der Pol Verw in den Landstädten und auf 
dem platten Lande. Die Orts Pol wird in den 
Städten durch die Gemeindevorstände, auf dem 
platten Lande durch die Amtsvorsteher, in den 
herzoglichen Schloßbezirken durch besonders hierzu 
ernannte Beamte, die der Reg unmittelbar unter- 
stellt sind, verwaltet. Die Ausübung der Orts Pol 
erfordert die besondere, von der vorgesetzten Dienst- 
behörde zu bewirkende eidliche Verpflichtung der 
betreffenden Beamten. Die Orts-PolBehörden 
sind bezüglich der ihnen überwiesenen Zweige der 
Pol Verw befugt, polizeiliche, für den Umfang des 
VerwBezirks gültige Vorschriften zu erlassen und 
gegen die Nichtbefolgung derselben Geldstrafen 
anzudrohen. Dasselbe gilt von den Kreis Pol- 
Behörden für den Umfang ihres VerwBezirks. 
Diese Pol Vorschriften bedürfen der Genehmigung 
der Landes Pol Behörde und müssen unter Bezug- 
nahme auf die erfolgte Genehmigung durch den 
Anhalt. Staatsanzeiger veröffentlicht und außerdem 
in ortsüblicher Weise durch Einrückung in die Lo- 
kalblätter oder Ausruf usw. bekannt gemacht 
werden. Die Bürgermeister der Städte sind gesetzlich 
zur Uebernahme der PolGeschäfte verpflichtet. 
Die Stadträte sind ihre Stellvertreter in Ver- 
hinderungsfällen. Die Amtsvorsteher werden 
vom Herzog auf 6 Jahre ernannt. In den- 
jenigen Amtsbezirken, welche nur aus einer 
Gemeinde oder einem Gutsbezirk bestehen, 
ist der Gemeinde= bezw. Gutsvorsteher zu- 
gleich Amtsvorsteher. Die Aufsicht über die Ge- 
schäftsführung der Orts Pol Behörden der Land- 
städte und der Amtsvorsteher führt die Kreis- 
direktion, über die Geschäftsführung der Orts- 
Pol Verw der 4 Hauptstädte die Reg, Abt. d. J. 
Als Rechtsmittel gegen polizeiliche Verfügungen 
findet neben der Beschwerde an die nächst vor- 
gesetzte Dienstbehörde und in letzter Instanz an 
das StaatsMin die Klage im Verwtreitver- 
fahren statt. 
IV. Die Verwdes Gesundheitswesens 
erfolgt unter Aufsicht des Staats Min durch die 
Reg, Abt. d. J., welcher als oberster sachverständi- 
ger Beirat das Medizinalkollegium untersteht. 
Für jeden der 5 Kreise ist ein Kreisarzt als 
staatlicher Gesundheitsbeamter und technischer Be- 
rater der Gesundheits Pol Behörden und ein Kreis- 
tierarzt für die Geschäfte des öffentlichen Veterinär= 
  
recht, 1909. 
slens mit dem Amtssitz in der Kreisstadt ange- 
ellt. 
V. Die öffentlichen Schulen des Landes 
sind Staatsanstalten, sie bestehen aus höheren 
Lehranstalten und aus Volksschulen; daneben be- 
stehen städtische Lehranstalten. Höhere Lehran- 
stalten sind die herzoglichen 4 Gymnasien in den 4 
Hauptstädten, die herzoglichen Realanstalten, näm- 
lich die Friedrichs-Oberrealschule in Dessau, das 
Karls-Realgymnasium in Bernburg, die Fried- 
richs-Realschule in Cöthen, das Realprogymna- 
sium in Zerbst, ferner das herzogliche Landes- 
seminar in Cöthen und das Lehrerinnenseminar 
in Dessau, schließlich die herzogl. höheren Töchter- 
schulen in den 4 Hauptstädten. Mit den Gymna- 
sien bezw. Realanstalten sind für den Besuch der- 
selben vorbereitende dreiklassige Vorschulen mit 
dreijährigem Kursus verbunden. Für Gründung 
und Leitung einer Privatschule ist ein Befähigungs- 
nachweis erforderlich, der bei der Reg, Abt. f. Sch., 
als Aufsichtsbehörde zu führen ist. Der Aufwand 
für die höheren staatlichen Lehranstalten wird aus- 
schließlich vom Staate getragen, der für das Volks- 
schulwesen wird mit gesetzlich bestimmten Ausnah- 
men aus der Staatskasse bestritten, an welche 6000 
des Schulgeldes vom Schulverbande abgeführt 
werden. Das gesamte den Zwecken der öffentlichen 
Volksschule des Landes gewidmete Vermögen ist 
zu einem einheitlichen Landesschulfonds vereinigt, 
welcher eine vom Staatsvermögen und von an- 
deren öffentlichen Fonds getrennte, juristische 
Person bildet. 
VI. Staatsvermögen. Die dem Staate 
nach der Auseinandersetzung mit dem Herzoglichen 
Hause zugefallenen 40 Domänen und sonstigen 
Grundstücke sind rund 18 597 ha, die Forsten rund 
29 263 ha groß. Die Forsten werden vom Staate 
unmittelbar bewirtschaftet, die Staatsgüter wer- 
den in der Regel auf 12—18 Jahre verpachtet. 
Die Verw der Staatsgüter und Forsten erfolgt 
durch die Finanzdirektion. Als direkte 
Steuern werden erhoben, abgesehen von 
alten Grundabgaben und von Konzessionsabgaben 
eine Einkommensteuer, eine feste Grundsteuer, 
eine Gewerbesteuer, eine Kapitalrentensteuer, 
eine Eisenbahnsteuer und Bergwerksabgaben, als 
indirekte Steuern eine Urkundenstempel- 
steuer und eine Landeserbschaftssteuer in den vom 
Reichserbschaftssteuergesetz zugelassenen Grenzen. 
  
Duellen und Literatur: Die Gesetze und die 
vom Herzoge oder dem Staatsministerium ausgehenden 
Berordnungen sind für förmlich veröffentlicht zu erachten, 
sobald Nummer, Datum und Titel derselben im Anhalt. 
Staatsanzeiger abgedruckt ist. (Vgl. A. Ge Nr. 3.) Diese Be- 
stimmung gilt seit 1. 10. 63 für das gesamte Herzogtum. Die 
Gesetzsammlung für das Herzogtum A. besteht seit der im 
Jahre 1863 bewirkten Wiedervereinigung der gesamten A. 
Landesteile. Bis dahin wurden die Gesetze und Verord- 
nungen der einzelnen Landesteile veröffentlicht in der A. 
Bernburgischen, A. Cöthenschen und A. Dessauischen Gesetz- 
sammlung.—Siebigk, Das Herzogtum A., 1867; Piet- 
scher, Staatsrecht d. Herzogtums A. (H d. öffentl. Rechts), 
1884; JZäntsch, Der anhaltische Landtag, 1902; Sans- 
tenberg-Knorr, Das A. Staats= und Verwaltungs- 
Sauftenberg.
	        
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