Abgaben 5
Fröhner und Wittlinger, Der preuß. Kreistier-
arzt, 1904 Bd. 2, 249; Nelken, Gewerberecht in Preußen,
1906 Bd. 1, 258, 263, 365; v. Landmann, Komm. z.
Gew, 1907 Bd. 1, 95. Nellen.
Abgaben
3 1. Ceffentliche Abgaben. 1 2. Abgaben, Auflagen,
Steuern. 5 3. Begriff der Abgaben. 5# 4. Gebühren, Beiträge
und Steuern. 15. Rechtliche Natur der Steuern. 3 6. Bolks-
wirtschaftliche Auffassung der Steuern. 4 7. Grundsätze der
gerechten Besteuerung; Allgemeinhelt und Gleichmäßigkeit.
1 8. Finanzpolitische und verwaltungspolitische Grundsätze
der Besteuerung. s 9. Steuer-System. Direkte und indirekte
Steuern. 4 10. Die einzelnen Steuern.
(St — Steueren).]
L1. Deffentliche Abgaben. In älterer Zeit,
als die Obereigentums-- und Lehensverhältnisse
noch unangetastet bestanden, war die Unterschei-
dung der auf der Finanzhoheit beruhenden öffent-
lichen A. von den aus der Grundherrlichkeit und
dem Lehensverband erwachsenen privatrecht-
lichen A. von erheblicher Bedeutung. In der
Gegenwart ist diese Unterscheidung nach der Um-
gestaltung, welche die privatrechtlichen A. durch
die Gesetzgebung über Aufhebung, Fixierung und
Ablösung der Grundgefälle erfahren haben, in den
Hintergrund getreten, obwohl die Einnahmen aus
Grundgefällen für den Haushalt einzelner deut-
scher Staaten, so z. B. namentlich in Bayern, noch
von erheblicher, in neuester Zeit allerdings von
fortschreitend abnehmender Bedeutung sind. Man
rechnet jetzt die Grundgefälle nicht mehr zu den A.
und versteht demgemäß unter diesen, auch wenn
dieselben nicht ausdrücklich so bezeichnet sind, nur
mehr die „öffentlichen“ A., während die Grund-
gefälle in ihrer heutigen an Stelle der ursprüng-
lichen mannigfaltigen feudalen Leistungen ver-
einfachten Form in der neuzeitlichen finanzwissen-
schaftlichen Systematik zweckmäßig im Anhang zu
den Erwerbseinkünften als Ueberbleibsel vormals
gegebenen Obereigentums des Staats an Grund
und Boden behandelt werden. Dabei kann es (wie
z B. in Bayern) die eigenartige Ausgestaltung des
Ablösungswesens mit sich bringen, daß als heutige
Leistungen der Pflichtigen sowohl solche an die
Staatskasse (bei den Nachfolgern der vormaligen
Grundholden des Staats) als an eine durch die Ab-
lösungsgesetzgebung geschaffene besondere Ablö-
sungskasse (bei Nachfolgern von Grundholden
anderer Grundherren) in Frage kommen.
4 2. Abgaben, Auflagen, Stenern. Weder in
der Sprache der Gesetze noch in jener der Wissen-
schaft besteht Uebereinstimmung in der Anwen-
dung der Bezeichnungen: Abgabe, Auflage,
Steuer. Doch vereinigt sich die Mehrheit der
Auffassungen dahin, den Begriff A. und Auf-
lage als gleichbedeutend und als den weiteren.
Begriff in dem Sinne zu nehmen, daß die
St eine, allerdings die wichtigste, Unterart der
A. oder Auflage ist. Die Zweiseitigkeit des Aus-
drucks (A. und Auflage) für dieselbe Sache be-
ruht darauf, daß die Leistung, um welche es sich
handelt, in dem ersten Falle vom Standpunkt des
Leistenden, im anderen Falle von jenem des die
Leistung Empfangenden angesehen wird. Zu be-
merken ist noch, daß im verwaltungsrechtlichen wie
finanzwissenschaftlichen Sprachgebrauch der Aus-
druck „Auflage“ immer mehr außer Uebung
kommt.
3. Begriff der Abgaben. Die Gesamtheit der
Einnahmen von Staat und Gemeinde (Staaten-
gebilde und Kommunalverbände aller Art) kann
zerlegt werden in privatwirtschaftliche
und öffentlich-wirtschaftliche Ein-
nahmen. Privatwirtschaftliche Ein-
nahmen sind jene, welche die Finanzwirtschaft
als Einzelwirtschaft durch Anteilnahme an dem
allgemeinen volkswirtschaftlichen Erwerbe sich ver-
schafft, sei es in freiem, sei es in beschränktem
Wettbewerb. Oeffentlich-wirtschaftliche
Einnahmen sind jene, welche der Finanz-
wirtschaft aus staatsrechtlichen Quellen zufließen.
Die vorstehende Begriffsbestimmung der privat-
wirtschaftlichen Einnahmen geht weiter, als im
allgemeinen in der Finanzwissenschaft und im
Verwaltungsrecht üblich ist. Gerade vom verwal-
tungsrechtlichen Standpunkte aus erscheint aber
diese Ausdehnung des Begriffs der privatwirt-
schaftlichen Einnahmen geboten; denn nur dann
bleibt die in der Natur der Sache begründete Zu-
sammengehörigkeit der Staatseinnahmen aus den
großen staatlichen Verkehrs-Verwaltungs-Einrich-
tungen, der Post, Telegraphie und Telephonie
einerseits, und der Eisenbahn sowie des Dampf-
schiffahrtsbetriebs und der Schiffsschlepperei an-
dererseits gewahrt. Die innere verwaltungsrecht-
liche Zusammengehörigkeit dieser staatlichen Ver-
kehrsanstalten ist so groß, daß eine Verteilung
der aus ihnen fließenden Staatseinnahmen in
die beiden Hauptgruppen der Einnahmen der
Finanzwirtschaft, wie dies neuerlich in eigen-
artiger Weise auch wiederum v. Heckel befür-
wortet, nicht angezeigt erscheint. Auch würde dies
mit der tatsächlichen Behandlung dieser Einnahmen
in den Staatshaushaltsetats im Widerspruch stehen.
Daß auch finanzwissenschaftlich die Zuteilung der
Einnahmen aus der Post zu den öffentlich-wirt-
schaftlichen Einnahmen und jener aus der Eisenbahn
zu den privatwirtschaftlichen Einnahmen nicht halt-
ar ist, sei nur nebenbei bemerkt; es genügt darauf
hin zuweisen, daß der Ausschluß des Wettbewerbs
nur bei der Briefpost zutrifft, im übrigen aber
die Post namentlich bei dem so wichtig geworde-
nen Paketverkehr in freier Konkurrenz arbeitet.
Die Einnahmen aus der Post dürfen nicht zum
Teil bei der einen, zum Teil bei der anderen Haupt-
gruppe der Staatseinnahmen behandelt werden;
es empfiehlt sich deshalb deren Zuteilung zu der
Unterabteilung der privatwirtschaftlichen Einnah-
men, welche Erwerbseinkünfte des Staates um-
fassen, die unter teilweiser oder gänzlicher Be-
Wschränkung des freien Wettbewerbs beschafft wer-
den. Dies stimmt auch mit dem allgemeinen
Sprachgebrauch überein, welcher in den Zahlungen
für die Dienstleistungen der Post= und Telegraphen-
anstalten eine A. Entrichtung nicht findet. Zu der-
selben Gruppe der Staatseinnahmen gehören die
Einnahmen aus Staatslotterien. Die aus der Aus-
übung der Finanzmonopole erwachsenden Ein-
nahmen würden dagegen nicht hierher zu rechnen
sein. Bei Ausübung solcher Monopole handelt es
sich nicht um Anteilnahme am allgemeinen volks-
wirtschaftlichen Erwerb wie bei den volkswirtschaft-
lichen Monopolen der staatlichen Verkehrsanstalten,