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Ausweisung
kontrolle für den Eintritt andererseits der Zuzug
von Fremden verhältnismäßig gering und daß
das politische Leben noch nicht geweckt war, so
wurde für den absoluten Staat die Fortweisung
von Fremden in der Hauptsache praktisch zur Si-
cherung gegen verbrecherische und solche mittellose
Ausländer, die zur Gefahr für die Allgemeinheit
wurden, die Landstreicher. Es kann deshalb nicht
auffallen, daß sich die Reglementierung fast aus-
schließlich mit derartigen Fällen befaßt. Das
änderte sich mit dem 19. Jahrhundert, als die
Lockerung der persönlichen und wirtschaftlichen
Gebundenheit Gefahren durch politische Betäti-
gung befürchten ließ. In Deutschland brachte dies
eine Verschärfung auch der Fremdenpolizei mit
sich (vol. die Materialien bei v. Rönne-Simon,
Polizeiwesen des preuß. Staats 1, 1840 S 518,
580; 2, 1841 S 767). Es führte in andern Staa-
ten, namentlich in denen, die den politischen
Flüchtlingen eine Zuflucht gewährten, wie Bel-
gien 1), Schweiz, Niederlande, vorübergehend selbst
in England, zu einer Nachprüfung oder Schaffung
besonderer gesetzlicher Grundlagen für die A.
(v. Martitz 2, 629 ff). Daneben blieb die A. als
Schutzmittel gegenüber bestraften Personen oder
Landstreichern, bald durch richterliches Urteil aus-
gesprochen, so preuß. StGB 1851 F8. 29, 120,
146, 266, bayr. StGB 1861 a 43, bald durch das
Urteil veranlaßt. Einzelne Staaten hielten es
sogar für geraten, bei der Festlegung der Rechte
der Staatsangehörigen die Befugnis zur Fort-
weisung von Ausländern ausdrücklich zu betonen
(Preußen: FreizügigkeitsG v. 31. 12. 42 F 14,
Novelle z. StEG B 1856 55 120; Braunschweig,
Sachsen-Meiningen in ihren Vl § 28 und § 18).
III. Der von dem Interesse des einzelnen Staa-
tes eingegebene Standpunkt war mit der fort-
schreitenden politischen Beruhigung, dem wirt-
schaftlichen Aufsschwunge und dem ungceahnt ge-
steigerten Verkehre nicht ungeändert festzuhal-
ten. Hiermit erwächst die völkerrechtliche
Seite der A. zur Bedeutung. Zunächst mehr in
einer negativen Richtung (Uebernahmepflicht):
kein regelloser Zuschub unerwünschter Elemente
seitens des Nachbarstaates. Daher die zahlreichen
Vagabundenkonventionen, die in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts von deutschen Staa-
ten abgeschlossen worden sind. Der vorangestellte
Zweck und die übliche Benennung dieser Ab-
kommen darf übrigens nicht zu dem Schlusse ver-
leiten, als ob die Staaten die A. bloß gegen Vaga-
bunden und Verbrecher übten oder üben wollten;
1) Ausweisungs= oder Fremdengesetze haben erlassen:
Belgien 1835, wiederholt erneuert, zuletzt (ohne Be-
fristung) 12. 2.97: Frankreich schon 1832, das geltende
Gv. 3. 12.49; Luxemburg 1841, das geltende Gv. 30.
12.93; Niederlande 13. 8. 49; Rumänien 7. 4. 81;
Rußland 26. 5. 07; Brasilien 7. 1. 07 (in Anlehnung
an das bolgische Geosetz und an den Entw des Instituts).
In England war der Exekutive ein allpemeines
A. Recht versagt und wurde nur zeitweilig durch beson-
dere Gesetze eingeräumt: die alien bill 1793, auf je 2
Jahre verlängert bis 1814, dann ersetzt durch eine an-
dere Bill, deren Geltung 1826 erlosch; 1848 erging ein
neues Gesetz auf ein Jahr, 1882 ein Gesetz wegen der
irisch-amerikanischen Propaganda (bis 1885).
Val. v. Martit II 629,
Hatschek, Engl. Staatsrecht II 533.
Langhard (1891) 3. Teil,
gelegentlich gedenkt die Konvention selbst der A.
„aus irgend einem anderen Grunde“ (z. B. Preu-
ßheen--Bayern v. 1818 5 9). In der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts steigert sich das positive
Interesse an der Zulassung der eigenen Staats-
angehörigen im fremden Staate (Zutrittsrecht),
diktiert von wirtschaftlichen Erwägungen. Das
länger schon verkündete „Grundrecht“ der Staaten
auf Verkehr wird Wirklichkeit. Andrerseits macht
sich ein national-ethisches Moment geltend, das
sich gegen eine Ueberflutung durch ethisch unter-
wertige Volksteile und den Wettbewerb ihrer
billigen Arbeitskraft auflehnt. Hiergegen Stellung
zu nehmen hatten vorerst die Einwanderungs-
staaten angelsächsischen Ursprungs Anlaß. Die
Vereinigten Staaten von Amerika haben seit
1875 ihre Einwanderungsgesetzgebung ständig ver-
schärft; sie verboten den Zutritt wegen nichtpoli-
tischer Verbrechen Verurteilten (denen von euro-
päischen Regierungen gelegentlich auch unter der
Bedingung der Auswanderung die Strafe zum
Teil erlassen war), sowie Dirnen, 1882 schon Mit-
tellosen und geistig Kranken, 1891 u. a. Personen,
die mit ansteckender Krankheit behaftet sind, oder
denen die Reise von andrer Seite bezahlt war;
den Abschluß bilden Gesetze von 1905 (Abdruck im
RAArb Bl 1 Nr. 5) und 20. 2. 07, in deren Katalog
z. B. auch Anarchisten von dem Zutritte ausge-
schlossen werden. Neben diese Maßnahmen der
Sicherheits-, Gesundheits-, Sitten= und Armen-
polizei tritt mit dem Kontraktarbeiter G von 1885
(1891, 1903) eine unverkennbar wirtschaftliche Ab-
wehr: die inländische Arbeiterschaft setzte es durch,
daß Ausländern (im wesentlichen den ungelernten
Arbeitern) die Einwanderung untersagt wurde,
wenn sie schon vor der Landung einen Dienst-
vertrag (vielfach in Unkenntnis der Verhältnisse
um dürftigen Lohn) abgeschlossen hatten. Endlich
ist der Zuwanderung von Chinesen, insoweit sic
den arbeitenden Klassen angehören, durch den Vft
v. 17. 11. 80 (Martens, nouveau recueil 2. Reihe
XI 730), mit Aenderungen aufrecht erhalten
1894 und 1905, ein Damm gesetzt. In diesen drei
Richtungen hat das amerikanische Vorbild in den
englischen Selbstverwaltungskolonien Nachfolge
gesunden, in Kanada, in Südafrika und
Australien,R mit gewissen Abweichungen:
Abschluß auch gegen Kanaken, sog. Bildungs-
klausel (Erfordernis, daß der Einwanderer in
einer europäischen Sprache ein Zulassungsgesuch
oder auf Diktat wenigstens 50 Worte schreibt).
Letztens hat die allgemeinen Einwanderungs-
beschränkungen auch Mexiko aufgenommen
(G v. 22. 12. 08, Abdruck bei Martini 320). Von
besonderer Bedeutung aber wird der Anschluß
des Mutterlands Großbritannien mit
der aliens act 11. 8. 1905 (Martens 3. Reihe 1
303) in Abkehr von seinem bisherigen grundsätz-
lichen Standpunkte. Zwar wird das Asyl all
denen noch zugesichert, die Verfolgungen aus po-
litischen oder religiösen Gründen ausgesetzt sind
— aber zurückgewiesen werden mittellose Ein-
wanderer (genügend 5 Pfund für das Familien-
haupt und 2 Pfund für jedes Familienglied), Gei-
steskranke und solche Personen, die wegen eines
Auslieferungsdelikts verurteilt worden sind. Da
der Zuzug in diese Staaten hauptsächlich zur See
erfolgte und leicht kontrollierbar war, so lag es
nahe, die Ausschließung dieser unerwünschten