Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Ausweisung (Zuständigkeit) 
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Fremden schon auf den Zeitpunkt des Zutritts zu 
legen und sie als „Abweisung“ vorzunehmen. Die 
Abweisung geht aber in „Ausweisung“ über, so- 
fern der Zutritt den Einwanderungsbestimmungen 
zuwider geschehen sein sollte (in den Vereinigten 
Staaten noch während 3 Jahren, in Großbritan- 
nien noch während 1 Jahr nach dem Zutritte). 
Und auch hierbei blieb die Fremdengesetzgebung 
nicht stehen. Amerika weist auch aus, wenn sich 
die Fremden in den 3 Jahren als eine Last für das 
Gemeinwesen erweisen und zwar aus Gründen, 
die schon vor ihrer Landung liegen:; Großbritan-= 
nien setzt sich selbst über diese Schranke hinweg; es 
weist u. a. Fremde aus, die innerhalb des Jahres 
gewisse kommunale Armenunterstützung erhalten 
haben oder als Landstreicher umherziehen oder in 
einem wegen zu dichter Belegung ungesunden 
Quartier gewohnt haben. Sogar ohne Zeitgrenze 
wird dem Staatssekretär die Befugnis zur A. 
beigelegt gegenüber Ausländern, dic zu einer Frei- 
heitsstrafe wegen schwererer Verfehlungen oder 
wegen Unzucht verurteilt werden, falls das Ge- 
richt die A. neben oder an Stelle der Strafe be- 
antragt. 
Vom Standpunkte des Völkerrechts aus sind 
diese einseitigen Maßnahmen, zu denen die Staa- 
ten neuerdings neigen, nicht unbedenklich; es steckt 
in ihnen mit dem Keime zu einer Umbildung 
des Völkerrechts doch auch der Ansatz zu inter- 
nationalen Verwicklungen (Zulassung von Ja- 
panern, von Indern !). Wieweit sie mit dem An- 
lasse auch ihre Begrenzung in dem internationalen 
Wettbewerbe finden, ist nicht abzusehen, eine 
internationale Regelung daher zu erstreben. An- 
regungen der nordamerikanischen Regierung (Roo- 
sevelt), die Einwanderung international zu regeln, 
sind bisher ohne Erfolg geblieben. Dagegen hat 
das Institut de droit international auf seiner 
Genfer Tagung von 1892 wertvolle Vorarbeiten 
zu Vorschlägen über eine Normierung der Zu- 
lassung und A. von Fremden formuliert. Da- 
zu treten seine Verhandlungen über Auswan- 
derung und Einwanderung in der Tagung zu Ko- 
penhagen von 1897. 
IV. Zum Begriff. Die A. ist ein Akt 
staatlicher Verwaltung, der in Voraussetzung und 
Durchführung durch das Völkerrecht wesentlich 
beeinflußt wird. Es ist unrichtig, ihn einzig unter 
dem Gesichtspunkte einer Ausnahme von dem 
„Grundrechte“ des freien Verkehrs im Staaten- 
leben zu würdigen. Ein solches Grundrecht kann 
nur neben dem Recht des einzelnen Staats auf 
Unabhängigkeit und Selbsterhaltung, dem die A. 
dienen soll, bestehen: it is an accepted maxim of 
international law.. . inherent in sovereignty and 
essential to self - preservation, wie der Ameri- 
kaner Moore (5 550 S. 67) es ausdrückt. Die 
Schwierigkeit ist, den Ausgleich zu finden. Ein 
Staat darf sich weder grundsätzlich gegen die 
Angehörigen eines andern Staats abschließen 
noch auch willkürlich Fremde von seinem Ge- 
biete fortweisen. Es ist aber die Aufgabe 
jedes Staates, die Sicherheit und Ordnung 
in seinem Bereiche aufrecht zu erhalten und 
dazu von allen administrativen Mitteln Ge- 
brauch zu machen; und dies gegen jedermann 
(dazu die Stellungnahme bei Otto Mayer 1I 456). 
Nur eines dieser Mittel ist die Beseitigung des 
Störenfrieds; freilich ein so scharfes, daß es gegen 
  
den Inländer versagt wird und gegen den Aus- 
länder im einzelnen Falle durch den Zweck — 
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und 
Sicherheit — begründet sein muß. Die A1 ist also 
eine Maßnahme nicht (mehr) der Justiz, sondern 
der Fremdenpolizei und erfährt damit auch ihre 
Begrenzung. Sie ist daher grundsätzlich von der 
Auslieferung ] zu scheiden und nicht (wie 
Kayser-Loening HW StaatsW: 2, 119) ist „die 
Auslieferung eine besondere Art der A.“. Die 
A. bezweckt die Sicherung des eigenen Staates 
und nicht das Interesse an der Rechtspflege des 
andern Staats; die A. ist ein Recht des Zufluchts- 
staats und nicht eine völkerrechtliche Pflicht, wie 
in der Regel die Auslieferung; die A. erfolgt ein- 
seitig und erfordert nicht ein Zusammenwirken 
beider Staaten. Deshalb ist eine A., um der Pflicht 
zur Auslieferung zu entgehen (v. Martitz 2, 442), 
völkerrechtlich nicht für zulässig zu erachten, aber 
auch eine A., um die Wirkung einer Auslieferung zu 
erzielen (Fall Hammerstein), entspricht nicht dem 
Völkerrechte. Nur tatsächlich, in ihrer nächsten 
Wirkung werden beide Maßnahmen sich oft gleich- 
kommen; die A. wird deshalb, sofern sonst ihre 
Voraussetzungen gegeben sind, zuweilen das lang- 
wierige Auslieferungsverfahren ersetzen oder aber, 
wo es an der Voraussetzung zur Auslieferung 
fehlen würde (kein Auslieferungsdelikt), sie in 
wirksamer Weise ersetzen. Die Verknüpfung, die 
sich vielfach in der Weise findet, daß ein Ausliefe- 
rungsdelikt als Grund für eine A. hingestellt 
wird, entbehrt deshalb nicht der Begründung und 
„das Ausweisungsrecht unfres völkerrechtlichen 
Verbandes dient dazu, die Enge und Bedingtheit 
des internationalen Rechtshilfeverkehrs zu ergän- 
zen“ (v. Martitz 2, 636). 
Die sog. verhüllte Ausweisung — Wahl zwi- 
schen Strafverbüßung oder Strafverfolgung und 
Auswanderung — ist gar keine Ausweisung. 
# 2. Die Ausweisung in Deutschland. 
(Zuständigkeit, Erstreckung). 
I. Als Akt der Fremdenpolizei unterliegt die 
A. der Beaufsichtigung seitens des Reiches und 
seiner Gesetzgebung (RV a 4 Z. 1). Das Reich 
hat aber von seiner Befugnis zur Gesetzgebung 
bisher nur in geringem Maße Gebrauch gemacht. 
Den Einzelstaaten ist somit, abgesehen von den 
besonderen Fällen des Eingriffs von Reichswegen, 
die gesamte Handhabung verblieben (Freizügig- 
keits ## 12 Abs 2, StGB 5K5 361 Z. 2). 
1. Das Reich hat sich darauf beschränkt, nur 
für die Reichsverweisung die Gründe zu be- 
stimmen und hierfür die Behörden zu charakteri- 
sieren sowie für die Vollziehung der A. in diesen 
Fällen Vorschriften zu treffen (BRheschl v. 
10. 12. 90, R3Bl 378). Darüber hinaus hat es 
aber die Rückkehr eines aus irgend welchem Grun- 
de von deutschen Behörden Ausgewiesenen unter 
Strafe gestellt (§ 361 Z. 2 St GB). Es deckt inso- 
weit nach dem Auslande die Maßnahmen des 
Gliedstaates und tritt ferner ein, wo durch inter- 
nationale Abkommen die Grundlagen für den 
Aufenthalt von Fremden gezogen werden sollen, 
in den zahlreichen Freundschafts-, Handels= und 
Schiffahrtsverträgen (in dem Vt mit dem Kongo- 
staate v. 8. 11. 84, Fleischmann 193, einseitig 
nur für Deutsche 1), namentlich aber in den „Nieder- 
lassungsverträgen". Solche hat das Reich mit 
der Schweiz geschlossen (31. 5. 90, Rch
	        
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