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B. Schranken für die Ausweisung
I. Oberste Schranke ist die zugehörigkeit
zum Reiche (wieweit die A. eines Deutschen
aus einem der Einzelstaaten zulässig ist T Frei-
zügigkeit)z; aber auch schon aus Rücksicht auf
die anderen Staaten die ehemalige Zugehörigkeit
für heimatlos Gewordene, arg. 5 21 Abs 5 Staats-
angehörigkeits G, nicht aber natürlich schon die
nationale Abstammung für Untertanen fremder
Staaten (die Italien als genügend erachtet).
De lege ferenda empfiehlt es sich, eine Ausnahme
für Frauen zu machen, die durch ihre Ehe mit
einem Ausländer die deutsche Staatsangehörigkeit
verloren haben (§10 BGB.l). Eine Festwurzelung
des Ausländers durch obrigkeitliche „Zulassung“ ist
in Deutschland nicht vorgesehen (anders Belgien,
Niederlande, Frankreich, wofern hier nicht wider-
rufen); es dürfte auch im Widerspruche zu der
Grenzziehung durch die Staatsangehörigkeit stehen.
Nur Bayern behandelt Ausländer, denen eine
„vorläufige Heimat“ angewiesen ist, wie Inländer
(H# a 37 Abs 3). Noch weniger findet sich eine
Spur für den Ausschluß der A. aus familienrecht-
lichen Rücksichten, wie in Belgien und den Nieder-
landen (z. B. Heirat mit einer Inländerin und
Kinderzeugung usw.). Der Erwerb des Unter-
stützungswohnsitzes ist keine Schranke für die A.
(O## 30, 411), ebensowenig eine Einstellung in
das Heer (KO 30. 6. 46 MBl 191; franz. Fremden-
legion). Keine Schranke für eine spätere A. ist es
auch, wenn der Auszuweisende als früherer
Staatsangehöriger einmal aus der Fremde hatte
„übernommen“ werden müssen. (OV 35, 422).
Im übrigen bildet der Grundsatz der Verkehrs-
freiheit die Schranke. Nur eine Bestärkung, nicht
die Basis findet er in den Freundschafts= oder
Niederlassungsverträge nf(oben s 21).
Die Bedeutung dieser Abkommen für die Frage
der A. liegt selbst bei den „Niederlassungsverträ-
gen“, abgesehen von der Regelung der Uebernah-
mepflicht (unten § 5) nicht in dem Ausschlusse
der A., sondern in der Beschränkung auf die im
Vertrage bestimmten Fälle; da dies aber so ziem-
lich alle Fälle sind, so drückt sich der Wert der Ver-
träge im wesentlichen in dem Stillschweigen über
die A. aus den an sich schon zweifelhaften Gründen
rein wirtschaftlichen Wettbewerbs, der Religion,
der Rasse aus. Bloße Freundschafts= oder Han-
delsverträge können natürlich die Niederlassung
eines Ausländers nicht in einem weitergehenden
Maße festigen. Nur gegenüber Frankreich
besteht ausdrücklich eine stärkere Einschränkung,
insofern hier wechselseitig die A. nicht zugelassen
sein soll „sans motifs graves et de nature à
troubler la tranquillité publique“; diese Bestim-
mung hat Frankreich in Verträgen mit Bolivia
(1834), Ecuador (1843), Guatemala und Costa
Rica (1848), Honduras (1836), Salvador (1858),
schwächer mit Peru (1861) ausgenommen, und sie
gelten deshalb kraft der Meistbegünstigungsklausel
im Frankfurter Frieden v. 10. 5. 71 a 11 in Ver-
bindung mit dem französisch-englischen Vt v.
28. 2. 82 auch für die Beziehungen zu Deutsch-
land. Die praktische Bedeutung ist wohl gering
(v. Conta und Heinrichs erwähnen diese Ver-
träge nicht). Gegenüber Luxemburgern
folgt aus dem Gothaer Vertrage keine Beschrän-
kung (a. M. Kutzer 471). — Ueber den vertraglichen
Ausschluß der A. im Kriegsfalle oben 4 III.
l
Ausweisung
Sondersätze haben sich für die diplomatischen
Funktionäre herausgebildet [(TIErxterriio-
rialitätl. An Stelle einer A. wird ihre Ab-
berufung gefordert werden; bei Gefahr im Ver-
zuge ist auch eine Aufforderung, das Land in be-
stimmter Frist zu verlassen, nicht unzulässig. Ver-
einzelt, aber nicht von deutschen Staaten, ist ver-
einbart, daß Konsuln ausgewiesen werden können
(Holtzendorff VK III 705).
II. Eine Frist für die Handhabung findet sich
vereinzelt, namentlich bei krimineller Voraus-
setzung im Reiche (§# 39, 362 StGB: 5 und 2
Jahre); in Bayern (a 39 Ziff. 5, 6 innerhalb 1
und 2 Jahren seit Strafvollzug, Ziff. 8, solange
Ruhestörung zu befürchten ist), auch in Baden
(5 Jahre nach Freiheitsstrafe: 5 3 Abf 2).
Von einem Antrage, etwa des Armenverban-
des, ist die A. grundsätzlich nicht abhängig (Bun-
desamt für das Heimatwesen 30, 66). Eine Aus-
nahme: Bayern aà 39 Ziff. 2, 3, a 43. Das Recht
zur A. ist unverzichtbar (O#G 37, 451 spricht
nicht dagegen).
8 4. Tie Anordnung und ihre Tragweite
(Organe, Rechtsbehelfe).
I. Organe. Die Entschließung über eine so
einschneidende Maßnahme sollte nur solchen Or-
ganen zustehen, die nach ihrem Wirkungsbereiche
eine Gewähr dafür bieten, daß sie die A. nach
Grund und Tragweite zu übersehen und zu wür-
digen in der Lage sind. Deshalb ist jetzt mit Fug
die unmittelbare Anordnung durch Gerichte fort-
gefallen (betciligt sind sie in England und u. U. in
den Niederlanden). Aber auch innerhalb der Ver-
waltung wird man, zumal für die A. aus poli-
tischen Gründen, die Zentralbehörde als die ge-
eignete Instanz erachten müssen (das Ministerium
in Frankreich, Jtalien, Rußland, Rumänien, Bra-
silien; in Belgien und den Niederlanden bei Ge-
fahr für die öffentliche Ruhe sogar der König).
Aus armen= und ordnungspolizeilichen Gründen
und in Grenzgebieten erscheinen nachgeordnete
Instanzen am Platze (Frankreich und Italien die
Präfekten, Rußland die Gouverneure). Die Aus-
gestaltung in Deutschland entspricht diesen Anfor-
derungen bei der Reichsverweisung nicht immer
aber bei der Landesverweisung, wenn es auch
andrerseits zu weit geht, schlechthin zu sagen
(wie Kayser-Loening), daß zur Landesverweisung
auch die Ortspolizeibehörden zuständig seien.
Wegen der Reichsverweisung oben #53Al.
Landesverweisung. In Preußen
ist nach ständiger Praxis die Ortspolizeibehörde
zur A. der Ausländer in ihrem Bezirk befugt
(REst 12, 154, OV 156, 383). Nur die A.
ausländischer Saisonarbeiter innerhalb der regel-
mäßigen Beschäftigungszeit ist der Kreispolizei
zugewiesen. Der Grundgedanke schafft sich aber
insofern Geltung, als kraft DAnw vor der A.
die Zustimmung des Reg Präsidenten eingeholt
werden soll (Ausnahmen: Saisonarbeiter, Aus-
länder ohne feste Wohnung, Beruf, Legitimation;
Zigeuner) und als die Kosten der A. nicht als
Kosten der örtlichen Pol Verwaltung, sondern als
Kosten der Landespolizei zu Lasten der Staats-
kasse zu behandeln sind (Vides Min Inn v. 20. 2.0,
MBl 137 und 3.4.04, MBl 120). Auch in Sach-
sen kommt die A. den Amtshauptmannschaften
und Stadträten (in Dresden der Kgl. Polizeidi-
rektion, in Leipzig und Chemnitz dem Polizei-