Abgeordnete
a) Schutz der A. gegen Verhaftung wegen einer
mit Strafe bedrohten Handlung. Während der
Sitzungsperiode, also auch während einer Ver-
tagung, ist die Verhaftung nur mit der Einwilli-
gung der betreffenden K zulässig, ausgenommen
die Ergreifung auf frischer Tat. Die Genehmigung
der K ist also strafprozessuale Voraussetzung der
Verhaftung. (R#V a 311, Preuß. Verf a 84; ,
Bayern Verf Tit. 7 3 26. Württemb. Verf F 184,
Sachsen Verf § 84, Baden Verf #49, Hessen Verf
5& 84.) Nicht dagegen wird dadurch die Verhaftung
zum Zwecke der Verbüßung rechtskräftig erkann-
ter Strafe ausgeschlossen (ugl. Laband 1, 332 ff;
G. Meyer-Anschütz 340; Rönne-Zorn
386 ff). Einen indirekten Schutz gewährt den A.
auch die Lokalimmunität, die durch die gesetzlich
(Bayern G v. 19. 1. 72 a 7) oder statutarisch
(RTGeschO 5 62, Preußen, Herrenhaus GeschO
§s 63, A. Haus § 66) begründete Polizeigewalt des
Präsidenten in den Räumen des Parlaments
während der Session gesichert ist. Wenn die K
nicht versammelt ist, fällt dieses Privileg natürlich
fort (vgl. Laband DJZ 1906, 955, der diese Lokal-
immunität nur gegenüber der Polizei, nicht
gegenüber dem Richter anerkennt).
b) Einige Verf enthalten das weitere Privileg,
daß es ohne Genehmigung der K während der
Sitzungsperiode nicht zulässig ist, einen A. zur
Untersuchung zu ziehen (vgl. die oben angezogenen
Verf Bestimmungen des Reichs, Preußens, Würt-
tembergs). Die Einleitung einer Untersuchung
umfaßt auch die Haussuchung, Voruntersuchung,
Disziplinaruntersuchung (vgl. Arndt, RV?201).
Doch bedarf es für die Fortsetzung eines vor der
Session begonnenen Strafverfahrens keiner Ge-
nehmigung. Während der Zeit, in der eine Straf-
verfolgung unzulässig ist, ruht die Verjährung
(RG v. 26. 3. 93).
Jc) Einige Verf schreiben ferner vor, daß jedes
Strafverfahren gegen einen A. und jede Unter-
suchungshaft für die Dauer der Sitzungsperiode
auf Verlangen der K aufzuheben ist (Reich, Preu-
ßen, Württemberg s. o.).
d) Auch die Haft in Zivilsachen ist der Genehmi-
gung der K während der Session bedürftig und
muß auf Verlangen derselben unterbrochen werden
(N a 31 5# 904, 905 8PO).
e) Während der Sitzungsperiode bedarf die Ver-
nehmung eines A. als Zeugen oder Sachverständi-
ger außerhalb des Ortes der Versammlung der
Genehmigung der betreffenden K (ZP J8 382,
402, StpO fsFF 49, 72, MtGO 7#* .207, 208).
5. Finanzielle Rechte. 1) Den LTMit-
gliedern wird regelmäßig in den deutschen Staa-
ten ein Anspruch auf Tagegelder und Ersatz der
Reisekosten gewährt. Ausgenommen sind, soweit
die Diäten in Frage kommen, meistens die
Mitglieder der ersten K (Preußen, Bayern,
Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen. Vgl. die
Uebersicht der gesetzlichen Bestimmungen bei
Meyer-Anschütz 341 "). Häufig tragen die Diäten
den Charakter von Präsenzgeldern. Ein Verzicht
auf die Diäten ist nach manchen Verf nicht statt-
haft (z. B. Preuß. a 85). Die R verbot in a 32
den Mitgliedern des R als solchen Besoldungen
oder Entschädigungen zu beziehen. Durch G
v. 21. 5. 06 hat a 32 folgende Fassung erhalten:
–
1) Bel. die beigefügte tabellarische Uebersicht. (D. Orsgb.)
19
„Die Mitglieder des RT dürfen als solche keine
Besoldung beziehen. Sie erhalten als solche eine
Entschädigung nach Maßgabe des G“. Diese „Auf-
wandsentschädigung“ ist an die Bedingung der
Anwesenheit in den Plenarsitzungen geknüpft.
Die Anwesenheit wird durch Eintragung in eine
Liste nachgewiesen, doch gilt als abwesend der
nicht an einer namentlichen Abstimmung Teilneh-
mende. Von der Entschädigung von jährlich
3000 M., die in Raten gezahlt wird, kommt für
jeden Tag der Abwesenheit ein Betrag von 20 M.
in Abzug. Sog. Doppelmandataren ist der gleich-
zeitige Diätenbezug als Mitglied des RT und des
betr. LT untersagt. Außerdem erhalten die Mit-
glieder des RI für die Dauer der Sitzungsperiode,
sowie 8 Tage vor dem Beginn und 8 Tage nach
dem Schluß freie Fahrt auf allen deutschen Eisen-
bahnen (vgl. Bek betr. die freie Fahrt der RT-
Mitglieder auf den deutschen Eisenbahnen v.
27. 6. 06).
Literatur. Neben den im Text zitierten Werken:
Stverk, HB der deutschen Verf, 1884; Dareste,
Les constitutions modernes 2, 1910; Triepel, Quel-
lensammlung zum deutschen Reichsstaats-
recht? 1907; Schücking, Quellensammlung zum preußi-
schen Staatsrecht, 1906; Hue de Grais, HB der
Ggebung I1 Das Deutsche Reich, IV. Der preußische
Staat, 1901;:1903. Bluntschli u. Brater, Staats-
Wm, Art. „A.“ (Bluntschli); Holtzendorff, Rechts-
lexikon, Art.„Redefreiheit“ (John). Staatslexikon
der Görresgesellschaft ", „A.“ (Wellstein).
Oesterreichisches Staats W B1896 ff Art. „Im-
munität“ (Spiegel). Die Darstellungen des deutschen Reichs-
und Landesstaatsrechts. — Aeltere: H. A. Zacharige,
Deutsches Staats- und Bundesrecht?, 2. Bd; Neuerc, vor-
uehmlich Laband I, 269 ff; 329 ff. Derselbe,
Deutsches Reichsstaatsrecht 2, 1907, 67 ff; G. Meyer-
Anschütz, 269 ff, 334 ff, 441 ffz; v. Jagemann, Die
deutsche Reichs Verf, 1904, 139 ffö; Zorn, Das Staats-
recht des deutschen Reiches; Arndt, Das Staats-
recht des deutschen Reiches, 115 ff; Derselbe, Kom-
mentare zur Reichs Verf? (1907) u. zur preuß. Verf(1907);
v. Rönne--Zorn, 1, 261 ff, 369 ff; M. v. Seydel,
Bayerisches Staatsrecht? 1, 348 ff. 448 ff; Fricker,
Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen,
1891; Göz, Das Staatsrecht des Königreichs Württem-
berg, 1908, 133 ff; Wielandt, Das Staatsrecht des
Großherzogtums Baden, 1895, 68 ff: Cosack, Das
Staatsrecht des Großherzogtums Hessen, 1894, 24 ff;
Bgl. auch die Darstellungen des Strafrechts,
wie v. Liszt's Lehrbuch, Binding’'s H und
die Kommentare zum StGB wie Olshausen,
Frank. Die Spezialliteratur ist zusammengestellt bei
Meyer-Anschütz, 334 ff. Besonders erwähnt seien:
Hubrich, Die parlamentarische Redefreiheit und
Disziplin, 1899; Parlamentarische Immunität und Beam-
tendisziplin, 1901; G. Seidler, Die Immunität der
Mitglieder der Vertretungskörper nach österr. Recht, 1891;
Ueber den Gegensatz des imperativen und freien Man-
dats in Grünhuts Z 24, 123 ff; L. Fuld i. Arch OeffN
IVv 341 ff; Sontag, Der besondere Schutz der Mit-
glieder des deutschen RT und der deutschen LT, 1895;
v. Muralt, Die varlamentarische Immunität in Deutsch-
land und in der Schweiz, 19002. Wittma ack, Die Ver-
pflichtung des Reichstags Zeugnis über die in Ausübung
ihres Berufs getanen Aeußerungen abzulegen. Archiv f.
öff. K. 1907 S. 353 ff.
L. vo#n Saviga#.
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