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Baden (Verfassungsentwicklung)
richs in dessen letzten Lebensjahren, Staats= und
Kabinettsminister geworden war. Unter seinem
Einfluß gab das Komitee zur Bearbeitung der
Bundesangelegenheiten sein Gutachten dahin ab,
daß es jetzt an der Zeit sei, eine die Vollziehung
des a13 der Bundesakte betreffende Erklärung zu er-
lassen, nachdem es unzweifelhaftsei, daß eine Ueber-
einkunft der einzelnen Bundesregierungen wegen
Einführung landständischer Verfassungen nicht
stattfinden werde. Auf Grund eines großh. Hand-
schreibens v. 28.4. 1818 wurde Finanzrat Nebenius,
jener bekannte, in Theorie und Praxis gleich her-
vorragende Staatsmann, zum Referenten er-
nannt. Sein Entwurf erhielt ohne tiefgehende
Abänderungen die Billigung des gedachten Ko-
mitees. Darauf fanden noch Schlußkonferenzen
unter dem persönlichen Vorsitz des Großherzogs
statt, bei denen nur der die Domänen betreffende
5 59 in seiner jetzigen Fassung hergestellt wurde.
Im Reg Bl Nr. 18 v. 29. 8. 1818 wurde die vom
22. d. M. datierte Verfassungsurkunde publiziert.
Aber erst am 23. 12. 1818 vollzog nach dem Ab-
leben Großherzog Karls dessen Oheim und Nach-
folger Ludwig die gleichfalls von Nebenius aus-
gearbeitete Wahlordnung auf Grund deren im
April 1819 die Landstände zum erstenmal zu-
sammentraten.
* 4. Die Fortentwicklung der Verfassung. Seit
ihrem Bestehen hat die badische Verfassungsur-
kunde im ganzen 12 Abänderungsgesetze über sich
ergehen lassen müssen, von denen allerdings einige
durch die ihnen folgenden wieder aufgehoben
worden sind. So ist z. B. gleich die erste Verfas-
sungsänderung v. 14. 4. 1825, welche die Dauer
der Landtags-, Wahl- und Budgetperioden betraf
und die man als einen Ausfluß der Reaktion be-
trachtete, unter dem ungeheuren Jubel der Be-
völkerung durch die 2. Verfassungsänderung v. 8. 6.
1831 wieder völlig beseitigt worden. Die neueste,
zwölfte, und durchgreifendste Verfassungsände-
rung ist die v. 24. 8. 04, mit der ein neues Land-
tagswahlgesetz und ein Gesetz betr. die Wahlkreis-
einteilung sich verband. Der jetzige Text der Ver-
fassung ist, zwar ohne gesetzliche Ermächtigung und
deshalb rechtsunverbindlich, durch das Min Inn in
Nr. XXIII des GVBl vom Jahre 1904
(S 374—393) zusammengestellt und publiziert
worden.
Inhaltlich erstrecken sich die Abänderungen der
Verfassung, welche fast durchgehends die Tendenz
einer volkstümlicheren und freiheitlicheren Aus-
gestaltung derselben haben, namentlich nach sol-
genden Richtungen:
1. Die Rechte der Volksvertretung wurden
durch die 9. Verfassungsänderung v. 21. 12. 69 im
Sinne der ihr durch einen neuen § 65 a gewährten
Gesetzesinitiative verstärkt. Nach derselben Rich-
tung hin war bereits durch die 8. Verfassungs-
änderung v. 20. 2. 68 die Ausgestaltung der
Ministerverantwortlichkeit und das Anklagerecht
gegen die Minister in die Wege geleitet worden.
Der dadurch eingeschaltete Abschnitt IVa der
Verf wurde durch ein gemeines Gesetz, das Ver-
fahren bei Ministeranklagen betreffend, v. 11. 12.
69 ergänzt. — Die Stellung der einzelnen Kammer-
mitglieder war durch die 7. Verfassungsänderung
v. 21. 10. 67 in Gestalt der Einschaltung von §+ 48 a
einander ist bis in die neueste Zeit unverändert
geblieben. Erst die 12. Verfassungsänderung von
1904 hat im Sinne einer Kompenpation gegen die
Einführung der direkten Wahl die Rechte der 1.
Kammer bei Finanzgesetzen verstärkt, d. h. die
nach dem ursprünglichen Verfassungstexte ihr be-
reitete Zurücksetzung in einzelnen Punkten ge-
mindert.
3. Auch die Zusammensetzung der 1. Kammer
wurde durch die Verfassungsänderung von 1904
im Sinne größerer politischer Bedeutung und
Aktionsfähigkeit derselben in einzelnen Punkten
verändert. Bedeutsam ist dabei namentlich der
Eintritt gewählter Vertreter der größeren Städte
und der Kreisausschüsse, sowie der gesetzlich orga-
nisierten Berufskörperschaften (Handels-, Land-
wirtschafts= und Handwerkskammern).
4. Auf die Zusammensetzung der 2. Kammer
beziehen sich insbesondere folgende Verfassungs-
änderungen:
a) Die Landtags= und Wahlperiode hat sich seit
Erlaß der Verfassung mehrfach geändert. Nach
dem ursprünglichen Text wurden die Abgeord-
neten auf 8 Jahre gewählt, die Kammer aber alle
2 Jahre zu einem Vierteil erneuert. Der letzteren
Frist entsprach eine zweijährige Budgetperiode.
Die erste Verfassungsänderung: von 1825, welche
durch die zweite von 1831 wieder völlig beseitigt
wurde (vgl. oben), brachte sechsjährige Landtags-
perioden mit jedesmaliger Totalerneuerung und
dreijährige Budgetperioden. Die 10. Verfassungs-
änderung v. 16. 4. 70 brachte dann eine vierjährige
Mandatsdauer mit hälftiger Erneuerung der Kam-
mer alle 2 Jahre. Die letzte Aenderung von 1904
hat endlich an deren Stelle eine Landtagsperiode
von 4 Jahren mit Totalerneuerung gesetzt.
b) Die Zahl der Mitglieder der 2. Kammer ist
1904 von 63 auf 73 erhöht worden.
c) Wahlfähigkeit und Wählbarkeit sind fort-
gesetzt verallgemeinert worden. Hervorzuheben
ist namentlich der Fortfall der konfessionellen Be-
schränkungen, der Voraussetzung des Ortsbürger-
rechts für die Wahlfähigkeit und der Anknüpfung
derselben an einen Vermögenszensus. Maßgebend
dafür ist die 5., 9. und 7. Verfassungsänderung
v. 17. 2. 49, 21. 12. 69 und 21. 10. 67 gewesen.
d) Die indirekte Wahl, welche die ursprüngliche
Verfassungsurkunde hatte, ist erst im Jahre 1904
durch die direkte ersetzt worden. Auch die geheime
Abstimmung ist gleichzeitig als Vorschrift in den
Verfassungstext (§ 33 Satz 2) ausgenommen
worden; doch war sie sachlich bereits im Jahre
1870 durch eine Abänderung der Wahlordnung an
die Stelle der früheren offenen Stimmgebung
getreten. Ueber das Wahlsystem bestimmt auch
jetzt noch die Verfassung selbst nichts: das Land-
tagswahlgesetz von 1904 verlangt im ersten Wahl-
gange absolute Mehrheit; beim zweiten Wahl-
gange, welcher zwischen den beiden meistbestimm-
ten Kandidaten und allen denjenigen stattfindet,
welche mindestens 15% der Stimmen erhalten
haben, entscheidet relative Majorität.
5. Die Autonomie der 2. Kammer wurde durch
die 9. Verfassungsänderung v. 21. 12. 69 insofern
verstärkt, als sie seitdem ihren Präsidenten selbst
wählen darf, während nach dem ursprünglichen
Verfassungstexte derselbe aus 3 vorgeschlagenen
betr. die Immunität derselben gefestigt worden. Kandidaten vom Großherzog ernannt wurde. —
2. Das Verhältnis der beiden Kammern zu
Nicht im Verfassungstexte, wie er heut sich dar-