Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

Bauwesen (III. Sachsen) 
  
#2. Bernfsbildung der Baubeamten. Die 
zur Anstellung als Baubeamter im höheren tech- 
nischen Staatsdienste erforderliche Vorbil- 
dung ist ähnlich wie in Preußen geregelt. Die 
Vorschriften hierüber geben die V v. 25. 2. 04, 
13. 5. 04 und 15. 8. 06, wo gefordert wird: Reife- 
zeugnis eines Gymnasiums oder Realgymnasiums 
des deutschen Reiches, 4jähriges Studium auf 
technischen Hochschulen des deutschen Reiches, 
praktische Ausbildung und Bestehen einer Vor- 
und zweier Hauptprüfungen, die sich nach den 
Fachrichtungen des Hoch-, Ingenieur= und Ma- 
schinenbaues unterscheiden. Vor= und 1. Haupt- 
prüfung werden durch die Diplom= Vor-- und 
Hauptprüfung bei der Technischen Hochschule in 
Dresden ersetzt und deshalb zur Teilnahme hieran 
höhere Staatsbaubeamte als Kommissare bestellt. 
Die 2. Hauptprüfung wird bei dem Technischen 
Ober-Prüfungsamt in Dresden abgelegt. Diplom- 
ingenieure können sich binnen 6 Monaten nach 
Bestehen der Diplom-Hauptprüfung zur Ernen- 
nung zum Regierungsbauführer und zur Ausbil- 
dung im Staatsbaudienste bei dem Finanz Min, 
Min Inn oder Kriegs Min melden. Die Ernennung 
zum Regierungsbauführer erfolgt vom Finanz- 
Min allein oder von diesem gemeinschaftlich mit 
dem Min Inn oder dem Kriegs Min. Die prak- 
tische Ausbildung hat im Hoch= und Ingenieur- 
baufache mindestens 3, im Maschinenbaufache 
mindestens 2 Jahre zu dauern. Tadelhafte Füh- 
rung oder fortgesetzter Mangel an Fleiß kann den 
Ausschluß von weiterer Ausbildung nach sich ziehen, 
den die beteiligten Ministerien verfügen und der 
den Verlust des Titels Regierungsbauführer zur 
Folge hat. Entlassung tritt ein, wenn der Re- 
gierungsbauführer auf weitere Beschäftigung im 
Staatsdienste verzichtet oder für diesen unbrauch- 
bar wird, er ist dann auf den Titel Regierungs- 
bauführer a. D. berechtigt. Für die 2. Haupt- 
prüfung, neben der für den Staatseisenbahn- 
dienst noch die Lokomotivführerprüfung abzulegen 
ist, ist die Zulassung von den Bauführern des 
Maschinenbaufaches binnen 3 oder bei Ableistung 
der Militärpflicht innerhalb dieser Zeit, binnen 4 
Jahren, von den übrigen Bauführern binnen 4 
oder 5 Jahren nachzusuchen. Ueber die bestandene 
Prüfung erteilt das Ober-Prüfungsamt ein Zeug- 
nis, zweimaliges Nichtbestehen schließt Beschäfti- 
gung im höheren Staatsbaudienst aus. Regie- 
rungsbauführern, die nach bestandener 2. Haupt- 
prüfung in den sächsischen Staatsdienst treten 
oder sich bereit erklären, ihre Dienste dem sächsi- 
schen Staat auf Erfordern zur Verfügung zu 
stellen, erhalten vom Finanz Min den Titel 
„Regierungsbaumeister“, andernfalls sind sie nur 
zum Titel „staatlich geprüfter Baumeister“ be- 
rechtigt. 
B. Baugewerbe 
5 3. Rechtsquellen. #1 4. Arbeitgeber. 1 5. Bauarbeiter. 
S. VB#egriff und Onellen: Bauwesen im 
Reiche und in Preußen-B § 1. An Quellen treten 
für Sachsen hinzu das Allgemeine BauG v. 1. 7.00, 
s. u. 5§ 4 und 5, und die V v. 12. 2. 03 und 22. 
.¾p n über die Führung des Baumeistertitels, 
5 4. urbeitgeber. Ueber das einschlagende 
  
Reichsrecht s. B. im Reiche und in Preußen B 52. 
Den Baumeistertitel darf in Sachsen nur führen, 
wer die Prüfung nach den Verordnungen, die 
Baumeisterprüfungen und den Baumeistertitel 
betr., v. 12. 2. 03, 22. 1. 09 (GVBl 250/03, 
62/09) oder nach der durch erstere aufgehobenen 
Vov. 14. 1. 42 oder die Abschlußprüfung im Hoch- 
baufache bei einer deutschen technischen Hochschule 
bestanden hat oder wem er besonders vom Min- 
Inn verliehen worden ist. Zur Abnahme von 
Meisterprüfungen im Baufache bestehen Prü- 
füngsbehörden in Dresden, Leipzig, Chemnitz, 
Plauen i. V. und Bautzen. Jede dieser Prüsungs- 
behörden setzt sich zusammen aus einem vom 
Rate der betreffenden Stadt aus der Mitte seiner 
juristisch oder wissenschaftlich-technisch befähigten 
Mitglieder gewählten Vorsitzenden, einem vom 
Min Inn gewählten wissenschaftlich gebildeten 
Architekten und zwei wieder vom Stadtrate zu 
benennenden Baumeistern, von denen der eine 
besonders im Maurer-, der andere im Zimmer- 
handwerk ausgebildet sein muß. Bedingungen 
für die Zulassung zur Prüfung sind: Besitz der 
allgemeinen Befugnis zur Anleitung von Lehr- 
lingen im Maurer= oder Zimmerhandwerk, wo- 
neben es für diejenigen, die keine Meisterprüfung 
bestanden haben, genügt, wenn sie im übrigen den 
Anforderungen des &* 129 Abs 1 Satz 2 GewO in 
der Fassung des RG v. 30. 5. 08 entsprechen, 
mindestens 3jährige praktische Tätigkeit bei Bau- 
ten als Geselle, Bauführer oder Techniker, erfolg- 
reicher Besuch einer sächsischen staatlichen Bau- 
gewerkenschule oder einer vom Min Inn anerkann- 
ten anderen Böchule, wesentlicher Wohnsitz wäh- 
rend der letzten 3 Monate im Bezirke der Prü- 
fungsbehörde. Die Prüfung, die in einen schrift- 
lichen und einen mündlichen Teil zerfällt, hat die 
Befähigung zur selbständigen Ausführung und 
Kostenberechnung der Arbeiten des Maurer= oder 
Zimmererhandwerks und die zum selbständigen 
Betriebe dieser Gewerbe sonst nötigen Kenntnisse, 
insbesondere auch in der Buch= und Rechnungs- 
führung zu erweisen. Als schriftliche Prüfungs- 
arbeit ist in dreimonatiger Frist der Entwurf eines 
Bauwerkes mittleren Umfanges unter Beachtung 
der Formvorschriften für die bei BBehörden 
einzureichenden BzZeichnungen vollständig aus- 
zuarbeiten. Bei genügender Arbeit wird die 
mündliche Prüfung angeschlossen, die sich er- 
streckt auf: Rechtliche Vorschriften, Grund= und 
Unterbau, die hauptsächlichsten Baustosfe, Bau- 
konstruktionslehre, Statik und Festigkeitslehre, 
Feuerungs-, Heizungs= und Lüftungsanlagen, 
sonstige Einrichtungen und inneren Ausbau, Hilfs- 
maschinen bei Bauten, Allgemeines. Ueber das 
Prüfungsergebnis wird ein Zeugnis erteilt, nach 
zweimaliger Zurückweisung ist eine 3. Prüfung 
nur mit Genehmigung des Min nn zulässig. 
Wegen des Titels „Staatlich geprüfter Bau- 
meister“ s. oben § 2. Der Ausbildung von Bau- 
beflissenen dient in Sachsen als Staatsanstalt 
außer den Baugewerkenschulen (s. gewerbl. 
Schulwesen) und der Technischen Hochschule in 
Dresden die Gewerbe-Akademie zu Chemnitz in 
ihrer Abteilung für zukünftige Architekten. Die 
Unterrichtsdauer bei ihr umfaßt 7 Semester, an 
deren 1. sich ein Sommerhalbjahr praktischer 
Tätigkeit in einem BG anzuschließen hat. Auf- 
nahmebedingungen sind u. a. Besitz des Zeug- 
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