Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Bauwesen (III. Sachsen) 
  
Herstellungen und Veränderungen von Straßen, 
Plätzen, Brücken, Damm= und Uferbauten, Schleu- 
sen, Brunnen, Wasserleitungen, Beleuchtungsan- 
lagen u. dgl. Für bereits bestehende Anlagen tritt 
es aber erst bei Veränderungsbauten oder um- 
fassenderen Herstellungen in Wirksamkeit. So- 
weit baurechtlich zwischen bebauten und unbebau- 
ten Grundstücken unterschieden wird, stehen solche, 
deren Gebäude ohne eigenes strafbares Verschul- 
den des Eigentümers durch Elementargewalt zer- 
stört worden sind, während der nächsten 5 Jahre 
den bebauten (in gewisser Hinsicht bevorzugten) 
Grundstücken gleich. Baurechtliche, auf Grund- 
stücke bezogene Verpflichtungen, die 
unmittelbar aus dem Gesetz, ferner aus baupoli- 
eilicher Verfügung und endlich aus einseitiger 
schriftlioder oder protokollarischer Erklärung des 
Grundstückseigentümers vor Gemeinde= oder 
BPBehörde entspringen können, sind öffentlich- 
rechtlicher und dinglicher Natur, dabei aber, was 
ihre Rechtsgültigkeit, Nichtigkeit oder Anfechtbar- 
keit anlangt, nach bürgerlichem Rechte zu beur- 
teilen. Zu ihrer Beurkundung ist im Bedürfnis- 
falle von der Ortsbehörde ein Oblastenbuch 
u führen. Seine Einrichtung und die Wirkung 
seiner Einträge unterliegt ortsgesetzlicher Rege- 
lung, ein hierfür vom Min Inn herausgegebener, 
meist wörtlich übernommener Musterentwurf 
sieht eine dem Grundbuch ähnelnde Einrichtung 
vor, entzieht die nicht als bestritten verlautbarten 
Verpflichtungen der Verjährung und gewährt den 
Eintigen die Vermutung der Wahrheit ihres In- 
tes. 
2. Bebauungspläne, Bausperre, 
Umlegung, Enteignung. Die Bebau- 
ung eines rohen, d. h. im wesentlichen noch unbe- 
bauten Geländes hat in der Regel ortsgesetzliche 
Feststellung eines Bebauungsplanes zur 
Voraussetzung, der aber auch für bereits bebaute 
Flächen zugelassen ist. Solche Pläne haben aus 
Zeichnungen und besonderen BVorschriften zu 
bestehen. Bei ihrer Bearbeitung ist auf die An- 
forderungen der Feuersicherheit, des Verkehrs, 
der Gesundheit, auf zweckentsprechende Wasser- 
versorgung und Entwässerung, auf Lage, örtliche 
Entwicklung, Wohnungsbedürfnis und das Schön- 
heitsgefühl Obacht zu nehmen. Sie sollen ins- 
besondere regeln: a) die Fluchtlinien für die zu- 
lässige Bebauung der Grundstücke mit Ausschei- 
dung der zum öffentlichen Verkehrsraum und zu 
Vorgärten bestimmten oder in Hochflutgebiete 
fallenden Flächen. Hierbei sind die Baublöcke, 
Straßen-= und BFluchtlinien dem Gelände anzu- 
passen, die Straßen je nach Bauweise und Ver- 
kehr mindestens 17, 12 oder 8 m breit unter gleich- 
mäßiger Steigungsverteilung und Vermeidung 
allzu langer gradliniger Fluchten zu planen, zu 
Spiel-, Erholungs-, Verkehrszwecken, für Kirchen- 
  
und Schulbauten genügend viel und große Plätze, 
auch öffentliche Pflanzungen vorzusehen und für 
eigentliche Vorgärten Mindesttiefen von 4,5 m 
anzunehmen. b) Die Bauweise, den Abstand 
der Gebäude von Straßenfluchtlinien und Nach- 
bargrenzen, die Gebäudehöhe, Zulässigkeit ge- 
werblicher Anlagen, sowie den Umfang der nach- 
gelassenen Hinterlandsbebauung. Zu den Auf- 
gaben dieser Festsetzungen gehört es insbesondere, 
für genügende Besonnung der Wohnräume und 
ausreichende Unterbrechung etwaiger geschlosse- 
  
ner Bauweise durch offene zu sorgen, die Bau- 
und Wohndichtigkeit in Außenbezirken einzu- 
schränken, die Geschoßzahl nach näherer Vorschrift 
zu begrenzen, sowie die Hinterlandsbebauung zu 
Wohnzwecken bei ungenügendem Lichteinfall und 
die geschlossene Reihe für Hintergebäude einer 
Straße auszuschließen. c) Die Berichtigung von 
Wasserläufen, Entwässerung des Plangebietes, 
Unter= und Ueberführungen von Straßen. Der 
Bebauungsplan muß alle öffentlichen Interessen 
wahren und die Einzelinteressen der Beteiligten 
möglichst gleichmäßig berücksichtigen. Der BP Be- 
hörde liegt ob, ihn daraufhin unter Zuziehung von 
Sachverständigen zu prüfen, nach Befinden mit 
den Beteiligten zu verhandeln, die nötigen Aende- 
rungen zu veranlassen und den Plan danach min- 
destens 4 Wochen lang öffentlich auszulegen unter 
Hinweis auf die Ausschlußfrist, die damit für 
Widersprüche zu laufen anfängt. Betrifft der Plan 
nur einzelne Grundstücke, so kann seine Auslegung 
durch Mitteilung an die beteiligten Grundstücks- 
eigentümer ersetzt werden. Ueber Widersprüche 
entscheidet die BPBehörde in 1., die Kreishaupt- 
mannschaft in 2., und das OV inletzter Instanz. 
Nach Erledigung etwaiger Widersprüche wird der 
Plan bei dem Min Inn zur Genehmigung einge- 
reicht, dem überdies größere Planungen schon vor 
ihrer Auslegung zur vorläufigen Prüfung mitzu- 
teilen sind. Ist von seiner Ausführung eine Ver- 
unstaltung des Straßen= oder Landschaftsbildes 
zu besoogen, so gibt dies einen Grund ab, die Ge- 
nehmigung zu versagen (G v. 10. 3. 09). Der ge- 
nehmigte Plan ist wieder bekannt zu machen und 
auszulegen, womit er als festgestellt gilt. Seine 
Abänderung, die jedoch nur unter besonderen 
Umständen erfolgen darf und für diejenigen, die 
nach dem Plane zu bauen begonnen haben, einen 
Entschädigungsanspruch begründen kann, sowie 
seine Ergänzung ist, abgesehen von unwesentlichen, 
der Genehmigung der BPBehörde überlassenen 
Aenderungen an das für die Neufeststellung vor- 
geschriebene Verfahren gebunden. Ausnahms- 
weise ist für einzelne Grundstücke an bebauten 
Straßen, Neubaugebiete geringen Umfanges, 
Orte und Ortsteile ohne erhebliche bauliche Ent- 
wicklung eine Feststellung der Straßen= und 
BFluchtlinien durch sogen. Fluchtlinien- 
pläne,, d. h. im gewöhnlichen Rechtsmittelver- 
fahren (mit Rekurs und Anfechtungsklage) an- 
fechtbare Verfügung der BPBehörde nachgelassen, 
die ferner auch im Bedürfnisfalle für ein größeres 
Baugebiet die Hauptverkehrsstraßen, sowie die 
Hauptzüge der Entwässerungs-- und Wasserver- 
sorgungsanlagen durch einen Ortserwei- 
terungsplan im Voraus festsetzen kann. 
Die Wirkungen der an die Grundbuchbehörde mit- 
zuteilenden Planfeststellung, welch letztere sich 
übrigens für einer Enteignung unterworfene 
Grundstücke auf Verlangen des Enteignungsbe- 
rechtigten ohne weiteres erledigt, bestehen zu- 
nächst in Grundstücksteilungs= und Baubeschrän- 
kungen. Es darf nämlich ein im Plangebiete ge- 
legenes Grundstück fernerhin nur mit baupolizei- 
licher Genehmigung geteilt und eine noch freie 
Fläche, die nach dem Plane zu einer Straße oder 
einem öffentlichen Platze bestimmt ist, nicht mehr 
überbaut werden. Außerdem muß auf bereits 
bebauten Grundstücken bei Erneuerungs= oder 
erheblichen Veränderungsbauten der Teil bis zu
	        
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