Bauwesen (VI. Hessen)
Zur Anstellung im mittleren Staatsdienst
ist ebenfalls der Nachweis der Befähigung durch das
Bestehen einer Prüfung zu erbringen (V v. 15.
7. 08). Die Voraussetzung für die Zulassung zu
dieser Prüfung ist 1. eine abgeschlossene Volks-
schulbildung, oder andere gleichwertige Schul-
bildung. 2. Eine erfolgreiche praktische Ausbildung
im BpHandwerk (3jährige Lehrzeit im Maurer-
oder Zimmerhandwerk und Bestehen der Gesellen-
prüfung). 3. Ein Zeugnis über die bestandene
Abgangsprüfung der Landes-BGewerksschule, der
BGewerksschule in Bingen, oder einer anderen
als gleichwertig anerkannten Fachschule. 4. Das
erfolgreiche Bestehen eines 2½jährigen Vorbe-
reitungsdienstes. Die Zulassung zum Vorberei-
tungsdienst ist abhängig von dem Besitz der kör-
perlichen Tauglichkeit für den Dienst im BFach
und Vollendung des 20. Lebensjahrs, während
das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet sein darf.
Ueber die Zulassung zum Vorbereitungsdienst ent-
scheidet die Ministerial--Abteilung für B. Die
zugelassenen Bewerber führen während des Vor-
bereitungsdienstes die dienstliche Benennung
„Baugehilfe“. Soweit Mittel vorhanden sind,
können dem BGehilfen Vergütungen gewährt
werden. Die Prüfung für die Anstellung im
Staatsdienst ist vor dem Prüfungsamt für die
mittleren Stellen im BFach abzulegen, welches
über die Zulassung der Bewerber zur Prüfung
entscheidet. Die Prüfungen finden alljährlich ein-
mal statt und umfassen die Bearbeitung von
Aufgaben unter Aufsicht und eine mündliche
Prüfung. Die in der Prüfung bestandenen und
in die Anwärterliste aufgenommenen Behilfen
führen, solange sie verwendet oder beurlaubt sind,
die dienstliche Benennung „Bauaspiranten". Nach
der Anstellung im Staatsdienst führen sie die Amts-
bezeichnung Hochbauaufseher, Dammmeister,
Kreisstraßenmeister.
Zu den unteren Baubeamten gehören die
Dammwärter, Brückenwärter usf. Auch diese müs-
sen ihre Befähigung zur Ausübung ihres Amtes
durch eine Prüfung vor den einzelnen BAem-
tern dartun. Bei der Ueberwachung der Kunst-
straßen sind in den Landkreisen Straßenwärter
beschäftigt und zwar gegen Tagelohn. In ein-
zelnen Fällen sind dieselben gegen Jahresgehalt,
jedoch auf Kündigung, angestellt.
B. Baugewerbe
1 3. Quellen. 1 4. Arbeitgeber. 1 5. Bauarbeiter.
#s 3. Begriff nud Onellen. Im weitesten Sinne
umfaßt das hessische BE alle diejenigen Hand-
werke, die beim Bauen von Gebäuden tätig wer-
den, während man zum B im engeren Sinne
nur das Maurer-, Zimmer= und Steinhauer-
gewerbe zählt. In neuerer Zeit zählt man den BG
auch alle diejenigen Handwerke zu, die nicht nur
beim Hochbau, sondern auch beim Tiefbau in
Wirksamkeit treten, sodaß also eine bedeutende Er-
weiterung des Begriffes der baugewerblichen Tä-
tigkeit „Baugewerbe“ eingetreten ist.
Die Entwickelung des B hängt mit derjenigen
des Handwerks eng zusammen. Die Errungen-
schaften der französischen Revolution gaben den
ersten Anstoß zur Umgestaltung des Gewerbe= und
Bauwesens. Sie fanden in Hessen schnell Eingang,
da Hessen zu denjenigen Ländern gehörte, die lange
Zeit unter französischem Recht, auch dem fran-
zösischen Gewerberecht standen. Der bedeutendste
Fortschritt bestand in der Einführung der Gewerbe-
freiheit, für Hessen seit Anfang des 19. Jahrhun-
derts (Aufhebung des Zunftbannes durch Min-
Vfg vom Jahre 1821, Gewerbesteuer G v.
16.6.27), während sie allgemein erst mit der GewO
v. 21. 6. 69, der späteren Reichs GewO nach 1870,
zur Geltung gelangte.
Zum Vollzug des Abschnitts IV Titel VI der
Gewo v. 26. 7. 97 ist in Hessen durch Ministerial-
V v. 12. 12. 99 eine Handwerkskammer mit dem
Sitz in Darmstadt eingerichtet, die auch die
Interessen des BG wahrzunehmen hat. Mit den
erweiterten Vorschriften der 3§ 35, 35 a. 53 a und 54
der GewdO erhielt das BE# mit Rücksicht auf die
mit seiner Ausübung verbundenen Gefahren und
das weitreichende öffentliche Interesse an einer
geordneten BAusführung einen besonderen gesetz-
lichen Schutz, wie dies auch bereits früher in Hessen
als notwendig erkannt wurde und durch die V v.
14. 9. 41 über die Ausübung der Bpandwerke
schon geregelt war. Trotz Gewerbefreiheit muß-
ten sich die BHdwerker (Zimmerer, Schreiner,
Maurer, Steinhauer, Dachdecker, Ziegler, Schlos-
ser, Spengler und Glaser) einer Prüfung vor dem
Kreisbaumeister ihres Bezirks unterziehen, bevor
sie mit der Ausübung ihres Handwerks beginnen
durften. Von dem Ausfall der Prüfung hatte der
Kreisrat die Erlaubniserteilung zum Betrieb der B-
Handwerke abhängig zu machen (Regulativ v. 25.8.
45, sowie Ausschreiben Großh. Min v. 11. 10. 45
und 2. 8. 49). Ferner bestand zum Schutze des
Bandwerks, gegen die Folgen der Gewerbe-
freiheit eine V vom Jahre 1857 über die von
den BHandwerkern zu beachtenden technischen
Vorschriften.
Nicht nur durch Gebote und Verbote für die
Ausübenden wurde das BHandwerk vom Staate
zu fördern gesucht, er war auch direkt fürsorgend
tätig. Die Großh. Staats Reg trat auf dem Land-
tage vom Jahre 1836/38 an die Stände mit einer
Forderung von 5000 Gulden, behufs Errichtung
eines Vereins zur Beförderung des „vaterlän-
dischen Gewerbewesens“, heran. Bereits am 12.
8. 36 konnte der Verein mit dem Zweck, den vor-
handenen Zustand des Gewerbewesens im Groß-
herzogtum zu erforschen und durch gemeinsames
Streben sowohl den Umfang, als die höhere Aus-
bildung der inländischen Gewerbe zu befördern,
ins Leben treten. Unter der obersten Leitung des
Min Inn und der Justiz entfaltete der Verein eine
überaus segensreiche Tätigkeit, aus bescheidenen
Anfängen entwickelte er sich zu einer ganz außer-
ordentlich ausgedehnten an Erfolgen reichen und
mustergültigen Einrichtung, insbesondere hinsicht-
lich des Schulwesens zur theoretischen Ausbildung
von BHandwerkern und anderen Gewerbebeflis=
senen. Durch Bek v. 15. 2. 40 (Reg Bl 65) wurde
im Lande verstreut die Bildung von „Lokalsek-
tionen des Großh. Gewerbevereins“ als erste Er-
weiterung des Gewerbevereins für das Großh.
Hessen zugelassen, um den Mitgliedern des
Gewerbevereins Gelegenheit zu geben, die ge-
werblichen Interessen ihrer nächsten Umgebung
gemeinschaftlich zu besprechen und Vorschläge über
Beförderung lokaler Industrieen an den Zentral-
verein gelangen zu lassen. Die Bewegungen des