Bayern (A. Verfassungsgeschichte. B. Behördenorganisation)
Konkordat mit dem Religionsedikt und dem Pro-
testantenedikt zusammen in der VU v. 26. 5. 1818
als deren Bestandteil verkündigt wurde. (Ueber
die Entstehungsgeschichte der bayerisch n VU vgl.
insbes. Seydel, St R 1, 100 ff. Ueber das Ver-
hältnis von Staat und Kirche vgl. H. v. Si-
cherer, Staat und Kirche in B. vom Regierungs-
antritt des Kurf. Maximilian Joseph IV. bis zur
Erklärung von Tegernsee 1799—1821, 1874.)
Die Vul behandelt in 10 Titeln und 10 Bei-
lagen, von welchen die 2. mit 2 Anhängen (Kon-
kordat, Protestantenedikt) versehen ist, die Grund-
lagen des bayerischen Staatsrechtes und ist in
ihr m Kern eine annähernd folgerichtige Kodifi-
kation des konstitutionellen Prinzips der Herr-
schaft. Zunächst freilich enthielt sie noch wichtige
Reste der ständischen Ordnung, so insbesondere
in der Kodifikation der Vorrechte des Adels (Tit. V,
Beil. IV, V, VII, VIII), dann in der Erhaltung
der Gutsherrschaft (Beil. VI) und in der Zu-
sammensetzung der Ständeversammlung (Tit. VI).
Auch entsprachen die Rechte dieser Versammlung
und die rechtliche Stellung der Minister noch nicht
vollkommen den Anforderungen jenes Prinzips.
Die Gesetzgebung des Jahres 1848 vollendete
in diesen grundsätzlichen Beziehungen, was die
Bu noch übrig gelassen hatte. Abgesehen von
einigen minder wichtigen, vor und nach 1848
erlassenen und auf die Verfassung bezüglichen
Gesetzen (vollständige Angabe und Abdruck f.
meine und von Sutners Ausgabe der
bayerischen VU-, 1907) ist das bayerische Ver-
fassungsrecht in den Gesetzen v. 4. 6. 48, durch
welche die Grundherrschaft aufgehoben, das Wahl-
recht des Landtages in ein allgemeines umgewan-
delt, dem Landtag das Recht der Initiative einge-
räumt unddie staatsrechtliche Verantwortlichkeit der
Minister begründet worden ist, fortgebildet worden.
Unter den neuesten auf das Verfassungsrecht
bezüglichen Landesgesetzen sind vor allem das die
Regentschaft betreffende G v. 26. 10. 87 (zu
Tit. 1I & 18 Vu), und das Landtagswahl G v.
9. 4. 06, durch welches das G v. 4. 6. 48 gl. Betr.
unter Beseitigung des indirekten Wahlmodus und
andren eingreifenden Neuerungen aufgehoben
und ersetzt wurde. Die familienrechtlichen Ver-
hältnisse des Kgl Hauses sind in dem Familien-
statut v. 5. 8. 1819, die staatsrechtlichen (Apanagen
usw.) in dem Finanz G v. 28. 12. 1831 und im Ci-
villisteG v. 1. 7. 1834 geregelt. Ein neues Be-
amten G v. 16. 8. 08 ist an die Stelle der 9. Bei-
lage (Staatsdieneredikt) getreten.
§s 4. Verhältnuis Bayerus zum Reich. Die wich-
tigste Aenderung hat die bayerische Verfassung
mit denjenigen der übrigen deutschen Staaten
usammen durch Errichtung des deut-
ch en Reichs und dessen Verfassung erfahren.
Das Reich hat in Bezug auf B. keine andre recht-
liche Natur als in Bezug auf die übrigen deutschen
Staaten. Das Verhältnis B. zum Reich bestimmt
sich nach den Normen der RV v 16. 4. 71, nach
dem Vt betr. den Beitritt B. zur Verf des Deut-
schen Bundes und dem Schlußprotokoll v. 23. 11.
70 sowie nach den von der N selbst in Bezug
genommenen sonstigen Verträgen und den auf
Grund der RV ergangenen Reichsgesetzen und
abgeschlossenen Verträgen.
Die besonderen Rechte B. in Bezug auf das
Reich stehen zu den gleichen Mitgliedschaftsrechten
im Verhältnis der Ausnahme zur Regel sie stehen
unter dem Schutze des a 78 Abs 2 der RV und
sind teils in der RV selbst teils in dem Versailler
Vt v. 23. 11. 70 nebst Schlußprotokoll v gl. D.
aufge führt
Duellenfammulungen und iteratur.
Aus der Reichszeit sind besonders zu nennen: 1. W. k. A.
Kreittmayr, Sammlung der neuesten und merkwür-
digsten kurpfalzbayerischen Generalien und Landesordnun-
gen 1771. 2. G. K. Mayer, Sammlung der kurpfalz-
bayerischen allgemeinen und besonderen Landesverord-
nungen 1789 bis 1799. Seit 1799 erfolgte eine Publikation.
landesherrlicher Ebikte usw. in dem Münchner Intelligenz-
und Regierungsblatt. Dazu trat seit 1806 ein Reg Blatt und
infolge einer B v. 29. 12. 1817 vom 1. 1. 1818 ab für das
diesseitige Bayern 1) das Gesetzblatt, 2) das Reg- und In-
telligenzblatt, welch letzteres seit 1826 RegBlatt hieß. Für
die Pfalz erfolgte die Publikation auf Grund der #gl Vv.
23. 5. 1816 in dem Amtsblatt der k. b. Reg des Rheinkreises.
Seit B v. 24. 1. 72 erfolgten die Publikationen für das Kö-
nigreich gemeinsam in dem Gesetzblatt und dem Reg Blatt,
welche durch B v. 29. 10. 73 mit Wirkung v. 1. 1. 74 ab zu
einem einheitlichen „Gesetz= und Verordnungsblatt für das
Königreich Bayern“ vereinigt wurden. — Als Quellen-
sammlungen sind für die ältere Zeit zu benutzen: 1. G.
Döllinger, Sammlung der im Gebiete der inneren
Staats Verw des Kgr. B. bestehenden Verordnungen, 20
Bde. 1835/39, fortges. 1853/59 von Strauß. 2. Sieben-
pfeiffer, HB der Verfassung, Gerichtsordnung und ge-
samten Verw Rheinbayerns, 1831/35, fortges. 1846 von
Luttringhausen. 3. K. Weber, Neue Gesetz= und Ver-
ordnungensammlung f. b. Kgr. B. mit Einschluß der Reichs-
gesetzgebung, seit 1880 fortgeführt bis zur Gegenwart. —
Ueber die ältere Literatur bis Sendel vgl. meine
Abhandlung: Ein Jahrhundert bayerischer Staatsrechts-
Literatur (in Festgabe für Laband), 1908. Pilotu.
B. Behörden-Organisation
4# 1. Geschichtliche Entwicklung. 1 2. Verwaltungsmini-
sterien. 3 3. Staatsrat. 34. Kreisregierungen. 5. Distrikts-
verwaltungsbehörden. 1 6. Lokalbehörden.
& 1. Geschichtliche Entwicklung. Die geschicht-
liche Entwicklung des modernen Behördensystems
der inneren Verw in B. beginnt mit dem Ende
des vorigen Jahrhunderts. Eine kurfürstliche Re-
solution v. 25. 2. 1799 führte eine neue Ministerial-
organisation nach dem Realsystem (Aeußeres,
Finanzen, Justiz und Polizei, Kultus und Unter-
richt) ein. Dazu eine weitere V v. 26. 5. 1801
(R. u. Intell. Bl 353). Die V v. 29. 10. 1806
(RBl 425) schuf 4 Departements: der auswärtigen
Angelegenheiten, des Innern, der Finanzen und
der Justiz (oben A f 2 a. E). Als Verwaltungs-
mittelstellen bestanden (seit 1803) die Landes-
direktionen (Bayern, Neuburg, Oberpfalz, Franken
und Schwaben). Aeußere Behörden waren (V v.
24. 3. 1802 (RBl 236)) die Landgerichte (für Justiz
und Polizei) und die Polizeidirektionen in den
Städten. Daneben bestanden die gutsherrlichen
Patrimonialgerichte.
Eine Neugestaltung des Behördenorganismus
der Verw knüpfte sich an den Erl der Konstitution
von 1808. Das Min gliederte sich in 5 Departe-
ments: des Aeußern, der Justiz, der Finanzen,
des Innern, des Kriegs (Konst. Tit. 3 § 1). Da-
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