Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

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Begnadigung 
gelegten Grundsätze (vgl. Reskript des Herzogl. die B. derjenigen Staatsgewalt zu, deren Gericht 
sachsen-meiningischen Staats Min, Abt. der Justiz, 
v. 18. 11. 80), welche sich — weitergreifend — 
auf die Ausübung des B.Rechtes in Strafsachen 
beziehen, in denen die Landgerichte zu Meiningen 
und Rudolstadt oder die Schwurgerichte zu Gera 
und Meiningen erkannt haben. Vgl. auch das 
Generalreskript des Oberstaatsanwalts am ge- 
meinschaftl. Thüringischen Oberlandesgericht be- 
treffend a) die Ausübung des B. Rechts und b) 
in Bezug auf die von den gemeinschaft- 
lichen Schwurgerichten zu Gera und Meiningen 
Verurteilten v. 18. 12. 80 und das Reskript des 
sachsen-meiningischen Staats Min, Abt. der Justiz, 
v. 20. 1. 81 bezüglich Anwendung der obigen 
Grundsätze auf den Erlaß der in solchen Sachen 
entstandenen Kosten. Die Grundsätze lassen sich 
dahin zusammenfassen: Das B. Recht steht dem- 
jenigen Landesherrn zu, aus dessen Territorium 
die Strafsache „#erwachsen ist“. Als maßgebendes 
Moment für die Entscheidung der Frage, aus 
welchem Territorium eine Sache erwachsen ist, 
erscheint der Umstand, durch welchen die örtliche 
Zuständigkeit begründet wird. Demnach ist jener 
Landesherr begnadigungsberechtigt, in dessen 
Territorium der Gerichtsstand [der begangenen 
Tat, des Wohnsitzes, der Ergreifung] begründet 
ist. Sind mehrfache Gründe für den Gerichtsstand 
des Angeklagten bei dem gemeinschaftlichen Ge- 
richte gegeben und beziehen sich diese alle auf 
ein und dasselbe Territorium, so ergeben sich 
keine Schwierigkeiten. Wenn sich aber verschie- 
dene solche Momente (z. B. Wohnsitz und Be- 
gehungsort) auf verschiedene Territorien be- 
iehen, so soll der Wohnsitz entscheidend sein. Noch 
schwickiger ist die Entscheidung in den Fällen der 
Verhandlung und Verurteilung gegen mehrere 
Angeklagte auf Grund des Zusammenhangs 
(*§ 13 St PO). Hier entscheidet zunächst der Wohn- 
sitz (dem der Aufenthaltsort resp. der letzte Wohn- 
sitz subsidiär gleichstehen (§8 Abs 2 StPPOl)) und, 
falls kein solcher im Territorium existiert, der Ort 
der begangenen Tat über die Berechtigung zur B. 
Wird aber ein außerhalb des Gesamt-Territoriums 
Wohnender wegen einer außerhalb dieses Terri- 
toriums begangenen Handlung auf Grund ihrer 
Konnecxität mit einer im Territorium begangenen 
vor dem gemeinschaftlichen Gericht belangt, so 
soll subsidiär — falls keiner der hervorgehobenen 
Sätze anwendbar ist — derjenige Landesherr be- 
gnadigungsberechtigt erscheinen, an den der Ver- 
urteilte sich tatsächlich gewendet hat (vgl. auch Kries, 
Lehrb. d. deutschen Strafprozeßrechts 109 ff). 
Analoge Anwendung der genannten Grund- 
sätze auf die von einem gemeinsamen Schwur- 
gericht ausgesprochene Gesamtstrafe verlangt das 
Reskript des Oberstagatsanwalts v. 18. 12. 80, 
seien die einzelnen Strafsachen, die aus rer- 
schiedenen Staaten erwachsen sind, in Verbindung 
oder getrennt verhandelt und entschieden worden. 
Dieser Grundsatz, welcher alles abstellt lediglich 
auf die Zuständigkeitsfragen hinsichtlich des Ge- 
samtstrafenurteils, wird aber beschränkt bleiben 
müssen auf solche „gemeinschaftliche Gerichts- 
barkeitsterritorien“. 
Im übrigen wird das oben dargelegte allgemeine 
Prinzip auch für die Gesamtstrafen Anwendung 
verlangen. Ist also eine Gesamtstrafe auf Grund 
gemeinsamer Verhandlung ausgesprochen, so steht 
  
geurteilt hat. Sind aber die Einzelstrafen von 
Gerichten verschiedener Staaten erlassen, so er- 
scheint jeder Staat mit Bezug auf den Teil der 
Gesamtstrafe begnadigungsberechtigt, der von 
seinen eigenen Gerichten erkannt worden ist 
(Einzelstrafe). Das B. Recht mit der Vollstrek- 
kungspflicht gemäß den vom Bfl. bestätigten 
Grundsätzen über die Vollstreckung von Gesamt- 
strafen bei Festsetzung der Einzelstrafen von Ge- 
richten verschiedener Bundesstaaten (Beschluß v. 
11. 6. 85, s. CBl 1885 S 270) zu verbinden, er- 
scheint willkürlich und ungerechtfertigt. (So jetzt 
auch Binding, Grundriß gegen seine frühere An- 
sicht im HB 877 Anm. 12. A. M. Seuffert in 
WBVerwR). 
Daß den Landesherren und Senaten das 
B. Recht auch in Sachen zusteht, die unmittelbar 
Reichsinteressen berühren, ist schon oben, unter 
A a), heworgehoben worden (vgl. dazu Binding, 
HBl, 868 Anm. 11). 
b) Die Zuständigkeit der Landesherren bezüg- 
lich der B. in Militärsachen hängt zu- 
sammen mit der Kontingentsherrlichkeit. Das 
B. Recht steht dem Kontingentsherrn zu, dem 
ja auch die gerichtsherrlichen Befugnisse zustehen, 
ohne Rücksicht darauf, welchem Staate der Ver- 
urteilte angehört. Dies gilt also für die Könige 
von Preußen, Bayern, Sachsen und Württem- 
berg. Für jene Staaten aber, in denen der König 
von Preußen „—kraft der Zession seitens der Lan- 
desherren und Senate durch die Militärkonven- 
tionen“ (Laband 4, 9) die Kontingentsherrlichkeit 
ausübt, ist zu unterscheiden zwischen militärischen 
und gemeinen Delikten von Militärpersonen. 
Während für erstere das B. Recht dem Könige 
von Preußen zusteht, dabei aber etwaigen Wün- 
schen der Landesherren hinsichtlich ihrer Unter- 
tanen tunlichste Berücksichtigung zugesichert ist 
(vgl. z. B. die Militärkonvention mit Baden, 
Oldenburg, Mecklenburg, Thüringen, Anhalt, 
Schaumburg-Lippe, Lippe-Detmold, Schwarz- 
burg--Sondershausen, Waldeck, Braunschweig), ist 
das B. Recht wegen nicht militärischer Vergehen 
zum Teil dem Landesherrn hinsichtlich seiner 
Untertanen überlassen (Baden, Oldenburg), zum 
Teil von diesem und dem Könige von Preußen 
gemeinsam auszuüben (Hessen, Mecklenburg). 
(Vgl. Brockhaus, Das deutsche Heer und die Kon- 
tingente der Einzelstaaten, 1888, 210; Laband 4, 
71: G. Mcyer 1, 66.) 
Ein B. Recht liegt jedoch u. E. auch nicht „in 
gewissem Sinne“ in dem Bestätigungsrecht gegen- 
über kriegsgerichtl. Erkenntnissen, welches für den 
Fall des Belagerungszustandes nach dem preuß. 
G v. 4. 6. 51 (§7 und § 13b) dem Befehlshaber 
der Besatzung bezw. dem kommandierenden 
General der Provinz zukommt. Daß es sich beie 
Ausübung des Bestätigungsrechts nicht um eine 
Gnadenfunktion handelt, erweist schon die Aus- 
führungsbestimmung zu § 418 MStEO mit 
ihrer Gegenüberstellung von Bestätigungsrecht 
und Gnade [[Militärgerichtsbarkeitl. 
Endlich haben ein beschränktes B. Recht 
C. die Städte Rostock und Wismar. 
Der Magistrat der Stadt Rostock beansprucht die- 
ses auf Grund eines Vt mit Herzog Albrecht v. 
29. 11. 1358 und des Erb Vt v. 13. 5. 1788 (§§5 100 
bis 104). Auf die Klage auf Feststellung dieses
	        
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