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keiten, Einziehungen und Wertersatzsummen, so-
wie die Kosten des Verfahrens niederzuschlagen,
zu ermäßigen oder zu mildern und zwar auch
dann, wenn die Strafen und die Kosten durch
gerichtliches rechtskräftiges Erkenntnis auferlegt
sind (AE v. 26.9. 97; weiteres bei Müller, Preuß.
Justiz Verw 2, 1779).
In allen Forstkontraventionsfällen, einschl. der
Forstdiebstähle, kann der Landwirtschafts-
minister Geldstrafen im Betrage bis zu 30 Mk.
ganz oder teilweise erlassen (AE v. 11. 10. 1830;
21. 4. 66; 26. 9. 68 und 15. 12. 80).
Das früher dem Generalpostmeister
delegierte Gnadenrecht ist nach den gegenwärti-
gen Ressortverhältnissen auf den Reichs-
kanzler übergegangen (s. oben 99).— Die von
ihnen selbst erkannten Strafen zu mildern oder
zu erlassen sind die Polizeibehörden be-
fugt (vgl. dazu Zirk. Vfg v. 23. 9. 92; Zirk. Vfg
des MinInn v. 5. 9. 92; Zirk. Vfg v. 28. 2. 95;
weiterhin V'g des Min Inn, der Justiz und für
Handel usw. v. 7. 1.93; endlich V'ig des Min Inn.
v. 7. 3. 94).
II. In Sachsen sind weitgehende Delega-
tionen auf Grund des G, das Verfahren in Ver-
waltungsstrafsachen betreffend v. 8. 3. 79 durch
& 12 der V zur Ausführung dieses Gesetzes (v. 15.
9. 79) getroffen. Darnach ist Delegation und
Subdelegation folgendermaßen geregelt:
Im Geschäftsbereiche des Ministeriums
des Innern sind die Unterbehörden
ermächtigt, Erlaß und Milderung der von ihnen
selbst erkannten Strafen zu bewilligen, soweit
nicht die in der Verordnung ausdrücklich statuier-
ten Ausnahmefälle vorliegen. Für alle anderen
Fälle liegt die Entschließung bei den Kreis-
hauptmannschaften resp. in Brand-
versicherungssachen bei der Brandversi-
cherungskommission.
Im Geschäftsbereiche des Finanzmini-
steriums ist die Zoll= und Steuer-
direktion zur selbständigen Entschließung
über Gnadengesuche ermächtigt hinsichtlich der
„wegen Zuwiderhandlungen gegen die in Sachen
der indirekten Abgaben, einschließlich des Spiel-
kartenstempels, ergangenen Gesetze und Verord-
nungen und wegen der Chaussee-- und Brücken-
geldhinterziehung durch Strafverfügung oder
Strafbescheid festgestellten Strafen“ [Ausnahmen
siehe § 12 der zit. Verordnung B 1 ar bei Beträ-
gen über 30 Mk.; dann unter b und cl. Bei Ver-
gehungen gegen die straßen-, brücken-, strom= und
schiffahrtspolizeilichen Vorschriften steht unter
gleichen Beschränkungen die selbständige Ent-
schließung den Unterbehörden und Kreis-
hauptmannschaften zu. Als Unterbe-
hörden erscheinen in Städten mit revidierter St O
die Stadträte, auf dem platten Lande die
Amtshauptmannschaften. Das Fi-
nanzministerium selbst hat die Ent-
schließung zu treffen in Angelegenheiten der
direkten Steuern (inkl. Erbschaftssteuer), sowie des
Urkunden= und Wechselstempels und in den zur Zu-
ständigkeit des Bergamts gehörenden Bergsachen.
Im Geschäftsbereiche des Ministeriums
des Kultus und öffentlichen Un-
terrichts steht die Entschließung in Gnaden-
sachen dem Min oder dem evangelisch-lutherischen
Landeskonsistorium zu.
In Schulstrafssachen ist
Begnadigung
die B. Befugnis gemäß der V des Kultus Min v.
12. 2. 76 den Bezirksschulinspektio-
nen übertragen.
„Im Geschäftsbereiche des Kriegsmini-
steriums sind die Gnadengesuche ohne Aus-
nahme dem Kriegsminister anzuzeigen,
welcher darauf in allen Fällen selbst weitere Ent-
schließung faßt.“
Endlich ist in der seit dem 1. 1. 03 gültigen Ge-
schäftsordnung für die Kgl Sächsischen Justiz-
behörden 3 745, abgeändert durch die Ver-
ordnung, die Bewilligung von Strafaufschub, die
Stundung von Geldstrafen und die Gestattung
von Teilzahlungen bei Geldstrafen betreffend
(v. 5. 1. 10) die Strafvollstreckungs-
behörde ermächtigt, für die Zahlung von
Geldstrafen selbständig auf Ansuchen eine Frist zu
bewilligen oder Raten zahlung zuzulassen (Gesamt-
dauer der Fristen: bis 6 Monate von der Rechts-
kraft des Urteils gerechnet; vgl. auch Verord-
nung 1910 Ziff. III)1). Die weiteren Delegations-
normen sind nicht veröffentlicht.
III. Ueber die Delegation in Bayern ist mir
Genügendes nicht bekannt geworden. Spätere
Veröffentlichung vorhandener Bestimmungen in
einem Nachtrag bleibt vorbehalten.
V. In Württemberg ist die Ausübung
des B.Rechtes dem Justizministerium
übertragen
1. bei Gefängnisstrafe und Festungshaft bis zu
14 Tagen durch Kgl Entschließung v. 4. 6. 69;
2 hinsichtlich sämtlicher Gesuche um gnaden-
weisen Nachlaß oder gnadenweise Stundung von
Gerichtskosten in Strafsachen, ohne Beschränkung
auf den Betrag (Bek v. 7. 3. 06, vgl. mit Bek
v. 4. 6. 92).
Für Nachlaß und Stundung von Sporteln
und Gerichtsgebühren in Zivilsachen und in An-
gelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist
zutreffendenfalls auch das Justizministe-
rium zuständig (vgl. Min Bek v. 12. 11. 75;
& 10 der Vollzugs V#g z. Allg. Sportel G v. 2. 1.
1900; # 65 der Gerichtskosten Vig in Zivilsachen;
#40 der Gerichtskosten Vig in Sachen der frei-
willigen Gerichtsbarkeit).
Weiterhin ist allen Ministerien durch
Kgl Entschließung v. 8. 11. 75 das Recht zum
Nachlaß von Geldstrafen und von anderen ihre
Verw betreffenden Schuldigkeiten bis zur Höhe
von 100 Mk. übertragen. Beträgt aber — auch
bei einer zunächst erkannten Geldstrafe unter
100 Mk. — die eventuell erkannte subsidiäre Frei-
heitsstrafe mehr als 14 Tage, so ist das Gesuch
der Allerh. Entschließung zu unterstellen (vgl. die
Bek v. 12. 11. 75).
V. In Baden ist das B. Recht dem Justiz-
ministerium delegiert:
a) für den Nachlaß oder die Milderung gericht-
lich erkannter Geldstrafen (in jeder Höhel), Haft-
und Gefängnisstrafen bis zur Dauer von 6 Wo-
chen. Ebenso für die Umwandlung solcher Haft-
und Gefängnisstrafen in Geldstrafen (Allerh.
Staatsministerialentschließung v. 30. 12. 71);
1) Nicht einsehen konnte ich die VBerordnung, Gna-
dengesuche in Verwaltungsstrafsachen betr. v. 20. 12. 09
und die auf S 192, 193 des Sächs. Wochenblattes für
Berwaltung und Polizei, Jahrgang 1880, abgedruckte
undatierte Justizministerialentscheidung.