Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Ablösung der Reallasten (Preußen) 
  
die Abgaben und Leistungen zur Erbauung 
oder Unterhaltung von Kirchen--, 
Pfarr- und Schul gebäuden, insoweit sie nicht 
Gegenleistungen einer ablösbaren RI#sind, in wel- 
chem Falle mit dieser auch jene abgelöst werden. 
Die aus dem Kirchen-, Pfarr= und Schulver- 
bande herrührenden beständigen Lasten sind, ob- 
gleich öffentlich-rechtlicher Natur, aus Zweckmäßig- 
keitsgründen nicht allgemein ½), sondern nur inso- 
weit von der Abl ausgenommen, als sie auf die 
Erbauung oder Unterhaltung von diesen Verbän- 
den gehörigen Gebäuden sich beziehen, weil ohne 
andere Ordnung der Verhältnisse dieser Verbände 
die Erhaltung der in Rede stehenden unentbehrlichen 
Gebäude gefährdet sein könnte. Dieser Ausschlie- 
Hhungsgrund trifft aber nicht zu bei denjenigen 
Kirchen-, Pfarr= und Schulbaulasten, welche auf 
ablösbaren R2 beruhen und somit durch deren Abl 
(in Kapital) die Sicherheit verlieren würden, wes- 
halb hier die gleichzeitige Abl zugelassen ist ?). 
Abgaben und Leistungen, die den Gemeinden 
und öffentlichen Sozietäten aus allgemeinen 
Rechtsverhältnissen — aus privatrechtlichem Titel, 
dem gutsherrlichen Verhältnisse, dem Zehntrecht 
u. dgl. — zustehen, sind von der Abl nicht aus- 
geschlossen. (Vgl. § 6 Abs. 3 AblG). 
Die Unablöslichkeit aller als nicht ablös- 
bar bezeichneten RL ist übrigens nur mit Bezug 
auf die Abl nach dem Abl G v. 2. 3. 50 ausgespro- 
chen, so daß eine etwaige Ablöslichkeit nach ande- 
ren Gesetzen dahingestellt bleibt ?). 
§ 6. Vorschriften über die Ablösung "). Die 
Abl erfolgt nur auf Antrag, sowohl des Verpflich- 
teten als des Berechtigten. Der Antrag (die Pro- 
Pfarren, Schulen, Kirchen= oder Schulbediente zu entrichten 
sind; Beiträge, die aus der Berpflichtung zu öffentlichen 
Wege-, Wasser- oder Uferbauten entstehen (ogl. ALR T. 2 
Tit. 15 1#1 13—24, Zust G v. 1. 8. 83 — G6S 237 — 1455 ff, 
44 65 ff; Vorfluts G v. 15. 11. 1811 — 68 352 — 1 10; 
Privatfluß G v. 28. 2. 43 — GS 41 — 17); Beiträge die an 
öffentliche Meliorationsgenossenschaften (ugl. Wassergenos- 
sensch. G v. 1. 4. 79 — GS 297 — 452) oder andere einen 
gemeinnützigen Zweck verfolgende Körperschaften des öffent- 
lichen Rechts, insbesondere an Verbände, welche die Ver- 
sicherung ihrer Mitglieder gegen den durch Brand, Hagel- 
schlag oder Biehsterben entstehenden Schaden bezwecken, zu 
entrichten sind; diecjenigen Beiträge zur Entschädigung oder 
zu den Kosten der Schutzanlagen, welche den Eigentümern 
gefährdeter oder gefahrbringender Grundstücke nach Maß- 
gabe des G betr. Schutzwaldungen u. Waldgenossenschaften 
v. 6. 7. 75 (GS 416) auferlegt sind (a 1 u. 2 preuß. AG# z. 
Zwangsvers. G). Hierher werden auch die Beiträge für die 
Landwirtschaftskammern zu rechnen sein (G v. 30. 6. 94 
— G68 126 — 18). Die vorstehend bezeichneten öffentlichen 
Lasten sind von der Eintragung in das Grundbuch ausge- 
schlossen eimit Ausnahme der aus 1 17 Abs 4 u. 39 des G 
v. 6. 7. 75 sich ergebenden) (a 11 preuß. AG# z. GB0 v. 
26. 9. 99 — GS 307 —; val. auch preuß. Hyp.-O v. 20. 12. 
1783 Tit. I 148, GB O v. 5. 5. 72 5 11). 
1) Vgl. Lette u. v. Rönne 2, 
preuß. Revisions Kollegiums für Ld Kult- 
Sachen 23, 358; Greiff, 116, 117. 
*) Ueber Abl der KL für geistliche Institute 
vgl. unten 1 7. 
*) Vgl. Lette u. v. Rönne:, 318, 348. 
") Ueber das formelle Verfahren bei der Abl 
und die Abl Behörden vgl. den Art. „Auseinan-. 
dersestzungsverfahren“. 
  
  
314, 348: 8 d. 
vokation) des Berechtigten muß sich stets 
auf alle R2 erstrecken, welche für ihn auf Grund- 
stücken desselben Gemeindeverbandes haften: sind 
mit dem Provokaten Grundbesitzer einer anderen 
Gemeinde zum Natural-Fruchtzehnt oder zu Dien- 
sten gemeinschaftlich verpflichtet, so muß der Be- 
rechtigte seinen Antrag auch gegen die Grund- 
besitzer dieser Gemeinde hinsichtlich aller auf deren 
Grundstücken für ihn haftenden RL richten. Der 
Antrag des Verpflichteten muß sich stets 
auf sämtliche seinen Grundstücken obliegenden RL 
erstrecken. Die Zurücknahme einer angebrachten 
Provokation ist unzulässig (AblG §sl 94, 95). 
Den Beteiligten ist freigestellt, über die Art 
der Auseinandersetzung eine Verein- 
barung zu treffen (§ 98). Wo eine solche nicht 
stattfindet, gilt folgendes: 
Die Abl wird bewirkt, indem zuvörderst die ab- 
zulösenden Leistungen und etwaigen Gegen- 
leistungen entweder nach den bisher gezahlten 
Vergütungen oder in Ermangelung solcher nach 
Normalpreisen:), Martinidurchschnittsmarktpreisen 
oder, wo dergleichen nicht anwendbar, nach 
Schiedsspruch oder sachverständigem Ermessen in 
feste Jahresgeldrenten verwandelt werden. Von 
der Summe der Jahresgeldrenten der abzulösen- 
den R2 wird der Jahreswert der Gegenleistungen 
in Abzug gebracht. Der Ueberschuß bildet die ab- 
zulösende Geldrente. Uebersteigt der Wert der 
Gegenleistungen den Wert der Hauptleistungen, 
so ist die den Mehrwert der Gegenleistungen dar- 
stellende Jahresrente abzulösen. Eine Ausnahme 
hiervon findet nur statt, wenn dem Berechtigten 
aus einem besonderen Rechtsgrunde die Befugnis 
zusteht, wider den Willen des Verpflichteten auf 
die Leistungen zu verzichten und sich dadurch von 
den Gegenleistungen zu befreien 2). — Bei allen 
in einem gutsherrlich-bäuerlichen 
Verhältnisse stehenden Stellen (nicht 
auch bei unbebauten selbständigen 
Grundstücken) unterliegen die Renten auf Ver- 
langen des belasteten Stellenbesitzers einer Kür- 
zung insoweit, daß ihm ein Drittel des Reinertra- 
ges der Stelle freibleibt 5). n 
Ueber die Abl der so ermittelten Geldrenten ist 
im Abl G v. 2. 3. 50 bestimmt: der Verpflichtete 
kann die Rente durch bare Zahlung des 18 fachen 
Betrages an den Berechtigten ablösen. Will er 
dies nicht, so erfolgt die Abl durch Vermittelung 
der Rentenbank. In letzterem Falle hat der Ver- 
pflichtete 3/0 der Rente 56 1/12 Jahre oder — 
wenn er es vorzieht — die volle Rente 41 1/12 
Jahre an die Rentenbank zu entrichten, wodurch 
die Rente getilgt wird; der Berechtigte erhält als 
Abfindung den 20 fachen Betrag der vollen 
Rente in 4prozentigen Rentenbriefen. Will der 
Verpflichtete durch Barzahlung des 18fachen Be- 
trages ablösen, so steht dem Berechtigten dennoch 
frei, die Abfindung zum 20fachen Betrag in Ren- 
tenbriefen zu fordern; der Verpflichtete leistet 
dann die Barzahlung an die Staatskasse, welche 
dagegen die dem Verpflichteten obliegenden Zah- 
1) Die Feststellung der Normalpreise und Normal--Markt- 
orte ist durch 538 67—72 des Abl Gv. 2. 3. 50 und die diese 
Vorschriften abändernden und ergänzenden G v. 19. 3. 60 
(G6 98) u. 11. 6. 73 (GS 356) geordnet. 
„) AblG v. 2. 3. 50, 15 8—12, 14, 19, 29—32, 57—61. 
*) Ablch # 63. — Ngl. Greiff 132.
	        
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