Bergwesen (A. Reichsgebiet)
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Beladung dürfen in einem Monat gegen einen Ar-
beiter höchstens bis 5 Mk. Strafen festgesetzt werden.
Alle Strafgelder müssen zum Besten der Arbeiter
des Bergwerkes verwendet werden. Bei der Ver-
wendung hat der Arbeiterausschuß mitzuwirken.
Der Inhalt der Arbeitsordnung ist, soweit er
den Gesetzen nicht zuwiderläuft, für Arbeitgeber
und Arbeiter rechtsverbindlich. Andere als in der
Arbeitsordnung oder im Berggesetze vorgesehene
Gründe der Entlassung und des Austritts aus der
Arbeit dürfen im Arbeitsvertrage nicht vereinbart,
andere als in der Arbeitsordnung vorgesehene Stra-
fen nicht verhängt werden. Die Strasen müssen
ohne Verzug festgesetzt, dem Arbeiter zur Kenntnis
gebracht und in ein der Bergbehörde zur Einsicht
offenstehendes Verzeichnis eingetragen werden.
Im Zweifel beträgt die Kündigungs-
frist bei Bergleuten für beide Teile 14 Tage.
Werden andere Fristen vereinbart, so müssen sie
geeich sein. In gewissen vom Gesetze vorgesehenen
usnahmefällen kann sofortige Entlassung oder
sofortiger Austritt stattfinden. Bergleute, wenn
vorher als solche beschäftigt, dürfen ohne Ab-
kehrschein nicht zur Arbeit angenommen
werden. Der Abkehrschein darf dem Bergmann
in keinem Falle (auch nicht bei Kontraktsbruch)
verweigert werden. Nicht ersichtliche Merkmale
darin (günstige oder ungünstige) sind verbotene.
Der Abkehrschein bezieht sich nur auf Art und
Dauer der Beschäftigung. Nur auf Verlangen
des Arbeiters ist diesem ein Zeugnis auszustellen,
das gleichfalls nicht mit einem aus dem Wortlaut
nicht ersichtlichen Merkmal versehen werden darf.
Minderjährige Arbeiter müssen ein Arbeits-
vbuch haben. Die Eintragung eines Urteils über
die Führung oder Leistung, desgleichen eines ge-
heimen Merkmals sind unzulässig. Das Dienst-
verhältnis der auf Bergwerken beschäftigten Tech-
niker usw. ist jetzt der GewO ähnlich geregelt.
Doch enthalten die Landesberggesetze nicht die
die Konkurrenzklausel beschränkenden Vorschriften.
Sondervorschriften sind u. a. in Preußen und
Sachsen für Steinkohlengruben ge-
geben. Die regelmäßige Arbeitszeit darf durch die
Ein= und Ausfahrt nicht um mehr als ½ Stunde
verlängert werden; ein etwaiges Mehr ist auf die
Arbeitszeit anzurechnen. Die Arbeitszeit rechnet
von Beendigung der Seilfahrt bis zu deren
Wiederbeginn. An Betriebspunkten mit regel-
mäßig X+ 28° C. darf die tägliche Arbeitszeit 6
Stunden nicht übersteigen. Ueber= und Neben-
schichten dürfen bei solcher Temperatur nicht ver-
fahren werden und es muß dabei vor dem Beginn
sowohl einer regelmäßigen Schicht als einer Neben-
schicht eine mindestens Sstündige Ruhezeit liegen.
II. Auf Steinkohlenbergwerken, auf
unterirdisch betriebenen Braunkohlen= und
Erzbergwerken sowie auf Kalisalz-
bergwerken oder auf selbständigen Betriebs-
anlagen dieser Art müssen, wenn darauf in der
Regel mindestens 100 Arbeiter beschäftigt werden,
Sicherheitsmänner und ein Arbei-
terausschuß vorhanden sein. Die Wahl der
Sicherheitsmänner erfolgt nach Steiger= oder
Fahrabteilungen. Zur Wahl berechtigt sind nur
volljährige Arbeiter, welche seit Eröffnung des
Betriebes oder mindestens ein Jahr ununter-
brochen auf dem Bergwerke gearbeitet haben.
Die Sicherheitsmänner müssen mindestens 30
Jahre alt und seit der Eröffnung des Betriebs
oder mindestens 1 Jahr ununterbrochen auf dem
Bergwerke und außerdem mindestens 2 Jahre
auf gleichartigen Werken des Bezirks, davon
2 unter Tage und mindestens 5 Jahre als Hauer
beschäftigt gewesen sein. Sie dürfen weder Gast-
noch Schankwirtschaft treiben, noch denselben
Hausstand mit einem Angehörigen teilen, der
ein solches Gewerbe betreibt. Sie wie ihre Wäh-
ler müssen die bürgerlichen Ehrenrechte und die
deutsche Reichsangehörigkeit besitzen, die Sicher-
heitsmänner auch der deutschen Sprache in Schrift
und Wort mächtig sein. Die Wahl erfolgt auf
mindestens 1 und höchstens 5 Jahre. Die Mit-
glieder des Arbeiterausschusses müssen in ihrer
Mehrzahl von den Arbeitern gewählt werden;
auf mindestens je 400 Mann muß ein Vertreter
fallen; die Mindestzahl der Vertreter beträgt drei.
Die Wahl der Ausschußmitglieder erfolgt für die
Belegschaft unter Tage durch die Sicherheits-
männer, sonst durch die Arbeiter über Tag. Die
Wahl geschieht unmittelbar und geheim. Die Wah-
len können im Wege der Verhältniswahl
stattfinden (G. v. 8. 7. 09).
Die Sicherheitsmänner sind in der Steigerab-
teilung, in der sie gewählt sind, zu beschäftigen. Sie
haben die Befugnis, ihre Steigerabteilung zweimal
im Monat zu befahren (in Begleitung eines Auf-
sichtsbbeamten) und sie in Bezug auf die Sicher-
heit des Lebens und der Gesundheit der Arbeiter
zu untersuchen; sie dürfen ferner an Unfallunter-
suchungen auf ihrer Abteilung teilnehmen. Auf
Ersuchen der Werksverwaltung, oder der Mehrheit
des Arbeiterausschusses oder der Sicherheitsmän-
ner ist der Sicherheitsmann berechtigt und ver-
pflichtet, weitere Befahrungen vorzunehmen, so-
fern nicht die Werksverwaltung hiergegen Ein-
spruch erhebt und dies dem Revierbeamten mit-
teilt. Der Sicherheitsmann hat die Ergebnisse
seiner Befahrungen in ein der Bergbehörde und
dem Arbeiterausschuß offenliegendes Fahr-
buch einzutragen. Der Sicherheitsmann hat den
Bergrevierbeamten auf dessen Erfordern zu be-
gleiten und Auskunft zu erteilen. Der Sicher-
heitsmann erhält für jede ihm nach dem Gesetz
obliegende und von ihm vorgenommene Befah-
rung von der Werksverwaltung eine Entschädigung
in Höhe des ihm entgangenen Arbeitsverdienstes,
ausgenommen für die, die er lediglich auf Ersuchen
der Mehrheit des Arbeiterausschusses oder der
Sicherheitsmänner ausführt.
Dem Arbeiterausschuß liegt es ob, das gute
Einvernehmen innerhalb der Belegschaft und zwi-
schen der Belegschaft und dem Arbeitgeber zu
erhalten oder wiederherzustellen. Er hat u. a.
beim Erlaß der Arbeitsordnungen, bei der Ver-
wendung von Strafgeldern, bei Lohnabzügen
wegen schlechter Beladung mitzuwirken, desglei-
chen Anträge, Wünsche und Beschwerden der
Belegschaft in Bezug auf Arbeitsverhältnisse und
Wohlfahrtseinrichtungen zur Kenntnis des Werks-
besitzers zu bringen und sich darüber zu äußern.
Das Amt eines Sicherheitsmannes und das
eines Arbeiterausschußmitgliedes erlischt, sobald
er aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet oder
eine andere Voraussetzung seiner Wählbarkeit ver-
liert. Einem Sicherheitsmanne darf indes wäh-
rend seiner Wahlperiode nur in gesetzlich vorge-
schriebenen Ausnahmefällen gekündigt werden.