Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Bewässerungen und Entwässerungen 
  
führung des Wassers erforderlich macht. Die 
Grundzüge des geltenden Rechtes lassen sich dahin 
zusammenfassen, daß die Vornahme von Ent= und 
Bewässerungen der freien Entschließung des 
Grundeigentümers überlassen ist, daß der Aus- 
führung solcher Unternehmungen, deren über- 
wiegender Nutzen für die Landeskultur durch eine 
behördliche Prüfung festgestellt ist, dritte Berech- 
tigte nicht widersprechen dürfen, jedoch vorbehalt- 
lich der ihnen von dem Unternehmer zu leistenden 
vollen Entschädigung, und daß dem Unternehmer 
die Möglichkeit gegeben ist, durch ein Aufgebot 
mit Ausschlußwirkung den Kreis der Entschädi- 
gungsberechtigten feststellen zu lassen. Die gel- 
tende Gesetzgebung ist am Schlusse (Quellen) 
angegeben; die 1866 mit Preußen vereinigten 
Landesteile haben ihr früheres Recht behalten. 
Die preußische Gesetzgebung ist auf diesem Gebiete 
überhaupt sehr zersplittert; auch für die Provin- 
zen, die schon vor 1866 zur Monarchie gehörten, 
ist nur die Regelung der Bewässerung (nicht der 
Entwässerung) einheitlich erfolgt — durch das 
Gv. 28. 2. 43 und dessen spätere Ausdehnung auf 
die rheinischen Gebietsteile durch die V v. 9. 1. 45. 
§ 2. Die Vornahme von Ent= und Bewässe- 
rungen eine freie Handlung des Grundeigen- 
tümers. Die vorlandrechtliche Gesetzgebung in 
Preußen und die ältere französische Gesetzgebung 
gewährten dem Staate die Befugnis, im Landes- 
kulturinteresse die Grundeigentümer zur Vornah= 
me von Entwässerungen zwangsweise anzuhalten. 
Dieser Standpunkt ist nach dem Vorgange des 
AL# jetzt überall verlassen, vielmehr hängt die 
Ausführung von Ent= und Bewässerung von der 
freien Entschließung des Eigentümers ab, nur daß 
für die gemeinschaftliche Ausführung von Ent- 
und Bewässerungen auf Grundstücken verschiede- 
ner Eigentümer ein Zwangsrecht der Mehrheit 
gegen die Minderheit anerkannt ist [U Wasser- 
genossenschaftenls. Auf jenem älteren 
Standpunkte steht noch das für Elsaß-Lothringen 
geltende G v. 28. 7. 60, das die Entwässerung der 
den Gemeinden gehörenden Sumpfländereien 
anordnet und regelt. Die weitergehenden, auch 
gegen Privateigentümer sich richtenden Zwangs- 
vorschriften des Gv. 16. 9. 1807 (Huber 274) 
sind für Elsaß-Lothringen zwar nicht formell auf- 
gehoben, haben aber infolge der späteren Gesetz- 
gebung und der geänderten Verw Grundsätze ihre 
Bedeutung verloren (vgl. wegen der Geltung 
dieses Gesetzes für die rheinisch-rechtlichen Ge- 
bietsteile Preußens: Nieberding S152, 153). 
Unberührt von der Veränderung der Gesetz- 
gebung ist die Befugnis der Polizei geblieben, im 
allgemeinen Interesse, namentlich aus gesund- 
heitspolizeilichen Rücksichten oder zur Offenhal- 
tung des Verkehrs usw. polizeiliche Anordnungen 
zu erlassen. Unter diesem Gesichtspunkte kann 
die Polizeibehörde vorkommendenfalls auch die 
Entwässerung eines Grundstücks anordnen und 
im Zwangswege durchsetzen (§ 10 ALR II, 17 
und preuß. Gv. 11. 3. 50 über die Pol Verwaltung 
— GS 265 — 86; Els.-Lothr. G von 1891 + 17). 
§ 3. Einschränkungen im öffentlichen Inter- 
esse. Der Befugnis des Eigentümers, auf seinem 
Grund und Boden nach Belieben Ent- und Be- 
wässerungen zur Ausführung zu bringen, sofern 
durch dergleichen Anlagen kein fremdes Privat- 
recht beeinträchtigt wird, sind im öffentlichen In- 
  
teresse gewisse Schranken gezogen. Zunächst be- 
dürfen Ent= und Bewässerungen, durch deren 
Anlagen Wasser aus öffentlichen (schiffbaren) Strö- 
men entnommen oder in dieselben geleitet werden 
soll, der Genehmigung der Stromverwaltungs- 
behörde, und zwar unter dem doppelten Gesichts- 
punkte, weil solche Anlagen außerhalb der Gren- 
zen der zugelassenen „allgemeinen Benutzung“ 
dieser Gewässer liegen und weil im Schiffahrts- 
interesse die Vornahme von Bauten an und in dem 
Flusse nicht dem privaten Belieben überlassen 
werden kann (ALR I, 8 J# 96, 97, II, 15 § 46, 
61, 62; kurhess. V über den Wasserbau von 1824 
88 16, 17; bayer. G über die Wasserbenutzung 
à 10; bayer. WG von 1907 à 42; sächs. WE von 
1909 5 23, Nr. 4, 6, 7; württemb. Wvon 1900 
à 23, 25; bad. WG von 1899 §. 38; Elf.-Lothr. 
Gvon 1891 5 1,3; französ. Ordonnanz von 1669 
Tit. 27 àa 42, 44 — Frank-Nieberding 63 —). 
Abgesehen hiervon ist in Preußen für die Aus- 
führung von Ent= und Bewässerungen eine vor- 
gängige staatliche Genehmigung im allgemei- 
nen nicht vorgeschrieben. Ausnahmen bestehen: 
a) für Hannover, wo nach dem Gvon 1847 für Ent- 
wässerungsanlagen in gewissen, in den §§# 4, 22 
bezeichneten Fällen die Genehmigung erforder- 
lich ist, und ebenso für Bewässerungsanlagen nach 
5*53, wenn sog. Schwemmwiesen hergestellt wer- 
den sollen. Die Genehmigung ist zu versagen, 
wenn ein öffentliches Interesse entgegensteht 
(5 5, 53); b) für das vormals kurhessische und das 
vormals nassauische Gebiet. Im ersteren bedürfen 
Bewässerungsanlagen, die mit natürlichen Wasser- 
läufen in Verbindung stehen, im letzteren alle 
größeren Ent= und Bewässerungen der Genehmi- 
gung (§§8 16, 17 der kurh. V über den Wasserbau 
von 1824; #+ 2 der nass. V v. 1858). In Württem- 
berg ist für ein Unternehmen, das die mit der Ab- 
führung erheblicher Wassermengen verbundene 
Entwässerung größerer Flächen bezweckt, die Er- 
laubnis der Staatsregierung und für die Benutzung 
eines Wasserlaufs zur Bewässerung eine Ver- 
leihung durch dieselbe Behörde erforderlich (würt- 
temb. We von 1900 a 25, 31 ff). Auch in Baden 
und Hessen bedarf es — unter bestimmten Vor- 
aussetzungen — zu Entwässerungs= und Be- 
wässerungsanlagen behördlicher Genehmigung 
(bad. WG von 1899 + 37; bad. Vollzugs V v. 
8. 12.99 — bad. GBl 897 — + 16; hess. G von 
1887 a 14). In Elsaß-Lothringen ist die Anlegung 
von Wasserableitungen und Wasserentnahmen 
jeder Art an staatliche Genehmigung gebunden 
(els.-lothr. G v. 2. 7. 91 § Uu. Ausf.V v. 1. 2. 92). 
In Sachsen ist behördliche Genehmigung zu solchen 
der Ent= und Bewässerung dienenden Veranstal- 
tungen erforderlich, die erhebliche Einwirkungen auf 
die öffentlichen Interessen oder die Rechte anderer 
herbeiführen können (Sächs. WG von 1909 5+ 23 
Nr. 4). In Elsaß-Lothringen muß die Genehmi- 
gung, in Hessen kann sie ausnahmsweise, in Sach- 
sen für Unternehmungen von geringer oder vor- 
übergehender Bedeutung auf Widerruf erteilt 
werden. Im öffentlichen Interesse kann ohne Ent- 
schädigung widerrufen werden in Württem- 
berg jede Genehmigung, in Baden die Genehmi- 
gung bei öffentlichen Gewässern. Entschädigung 
ist zu leisten in Württemberg bei Zurücknahme 
einer Verleihung, in Baden bei Widerruf der Ge- 
nehmigung in anderen als den vorangegebenen 
  
  
 
	        
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