Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Bezirk (Preußen) 
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angelehnt hatte. Dazu kamen die beibehaltenen 
kleineren LanddrosteiB. der Provinz Hannover. 
Vor allem hat aber die gewaltige Bevölkerungs- 
zunahme in den mit größ eren Städten oder Mittel- 
punkten der industriellen Tätigkeit versehenen B 
eine große Verschiebung in den Größenverhält- 
nissen zur Folge gehabt. So zählten (1905) die 
B. Düsseldorf 2,9, Potsdam 2,3, Arnsberg 2,1, 
Oppeln 2 und Breslau 1,7 Millionen Einwohner 
und überstiegen dadurch sogar die Bevölkerungs- 
zahl mancher Provinzen, während die Durch- 
schnittsgröße der B. nur rund 1 Million betrug und 
die kleineren B.: Erfurt, Stade, Osnabrück, Aurich 
und Stralsund nur 497, 403, 348, 251 und 220 
Tausend Einwohner zählten. Berlin (Jund der B. 
Sigmaringen (Hohenzollern [), deren Abgren- 
zung durch besondere Verhältnisse gegeben ist, sind 
dabei außer Betracht gelassen. Für die Verwal- 
tung erwachsen aus diesen großen Ungleichheiten 
vielfache Schwierigkeiten und Mißstände. 
Die Zahl der B. beträgt 36, von denen auf 
die Provinz Ostpreußen 3 (Königsberg, Gumbin- 
nen, Allenstein), auf Westpreußen 2 (Danzig, 
Marienwerder), auf Brandenburg 2 (Potsdam, 
lin, Stralsund), auf Posen 2 (Posen, Bromberg), 
auf Schlesien 3 (Breslau, Liegnitz, Oppeln), auf 
Sachsen 3 (Magdeburg, Merseburg, Erfurt) auf 
Schleswig-Holstein 1 (Schleswig), auf Hannover 
6 (Hannover, Hildesheim, Lüneburg, Stade, Os- 
nabrück, Aurich), auf Westfalen 3 (Münster, Min- 
den, Arnsberg), auf Hessen-Nassau 2 (Kassel, Wies- 
baden), auf die Rheinprovinz 5 (Koblenz, Düssel- 
dorf, Köln, Aachen und Trier), auf Hohenzollern 1 
(Sigmaringen) entfallen, daneben besteht der Stadt- 
kreis Berlin, der aus der Verwaltung der Provinz 
Brandenburg ausgeschieden ist (LV.G v. 30. 7. 83 
§+# 1) und sonach auch eine eigene B. Verwaltung 
hat (54). Die Zahl der zu einer Provinz gehören- 
den B. beträgt sonach regelmäßig 2 und 3, nur die 
Rheinprovinz umfaßt 5 und die Provinz Hannover 
6 B. Andererseits besteht die Provinz Schleswig- 
Holstein nur aus einem B. (Schleswig), obglcich 
nach V v. 30. 4. 1815 5 1 Nr. 2 jede Provinz zwei 
oder mehrere B. haben sollte. Der B. Sigmarin- 
gen gehört zu keiner Provinz. Die Reg B. sind 
lediglich Verwaltungsbezirke und 
nicht — wie die Kreise und Provinzen — zugleich 
Kommunalverbände. Ihre Aenderung kann des- 
halb — wie bei Einrichtung des B. Allenstein 
besonders anerkannt ist — durch Kgl Verord- 
nung erfolgen; eines Gesetzes bedarf es dazu 
nicht. Eine Abweichung besteht für die Pro- 
vinz Hessen-Nassau (Hess.-Nass. Prov O v. 8.6. 
85 52). Hier bilden die beiden Reg B. Kassel und 
Wiesbaden besondere B. Verbände neben dem Pro- 
vinzialverbande. Diesen sind die wesentlichsten, 
sonß von den Provinzialverbänden [M wahrge- 
nommenen kommunalen Aufgaben überwiesen. 
Ihre Vertretung erfolgt durch Kommunallandtage, 
ihre Verwaltung durch Landesausschüsse nach den 
für Provinzialverbände maßgebenden Vorschriften 
(Ec z. ProvO a l und III B). Entsprechend be- 
steht für den zu keinem Provinzialverbande ge- 
hörenden RegB. Sigmaringen ein besonderer 
Landeskommunalverband (Hohenz. Amts= und 
LandespO, neu veröffentlicht 1900, § 40—93). Der 
Reg. Schleswig, der mit der Provinz Schleswig- 
Holstein zusammenfällt, ist gleichwohl kein Kommu- 
  
nalverband, da der Kreis Herzogtum Lauenburg 
und die Insel Helgoland, die zu dem B. gehören, 
eigene kommunale Verbände neben dem Provin- 
zialverbande bilden. 
§ 2. Geschichtliche Entwicklung der Bezirks- 
behörden. Im Kurfürstentum Brandenburg 
waren im 16. Jahrhundert Amtskammern 
zur Ueberwachung der Domänenämter und zur 
Wahrnehmung der Hoheitsrechte auf den kurfürst- 
lichen Domänen eingesetzt. Im folgenden Jahrhun- 
dert führte die Einrichtung des stehenden Heeres 
zur Einführung von Kriegskommissaria- 
ten, denen neben der Beschaffung und Ver- 
waltung der Heeresbedürfnisse auch die Verwal- 
tung der zu diesen Zwecken den Städten auferlegten 
Akzise und die Handhabung der zur Erhaltung der 
Steuerfähigkeit ausgeübten Pol Verw oblag. Fort- 
gesetzte Streitigkeiten über die Zuständigkeiten 
beider Behörden führten dazu, daß diese 1723 — 
gleichzeitig mit dem Zusammenschluß der obersten 
Behörden zum Generaldirektorium — zu Kriegs- 
und Domänenkammern vereinigt wur- 
den. [I Preußen, Behördenorgani- 
sation.] 
Als diese, bei streng durchgeführter Kollegial- 
verfassung ziemlich schwerfälligen Behörden sich 
den steigenden Anforderungen, insbesondere den 
im Anfang des 19. Jahrhunderts erstrebten Neu- 
regelungen nicht mehr gewachsen zeigten, wur- 
den sie zu Regierungen umgewandelt 
(V v. 16. 12. 1808 und 15. 4. 1815), deren Zustän- 
digkeit und Geschäftsgang durch die Reg Instr v. 
23. 10. 1817 und die ergänzende KabO v. 31. 12. 
25 näher geregelt worden ist. — Der Geschäftskreis 
der Regierungen sollte alle Gegenstände der inne- 
ren Verwaltung umfassen, die von einer Landes- 
behörde verwaltet werden können und nicht an- 
deren Behörden übertragen waren (Reg Instr. 8 1). 
Als andere Behörden sind eingerichtet worden: 
1. für die Provinzen — abgesehen von den Ober- 
präsidenten [UProvinz § 31 — die Konsisto- 
rien, die Provinzialschulkollegien, die Medizinal- 
kollegien und die (jetzt sog.) Oberzolldirektionen; 
2. für besonders abgegrenzte B. die General= 
kommissionen, die Oberbergämter, die Eisenbahn- 
direktionen und — jetzt Reichsbehörden — die 
Oberpostdirektionen. Die Konsistorien sind in 
der evangelischen Landeskirche, der die selb- 
ständige Verwaltung ihrer Angelegenheiten 
übertragen wurde, zu kirchlichen Behörden 
für diese Verwaltung geworden (V v. 27. 6. 
45 und G v. 3. 6. 76). Die Provinzialschulkolle- 
gien verwalten, während das Volksschulwesen den 
Regierungen unterstellt ist, die Angelegenheiten 
der höheren Schulen, einschließlich der Volksschul- 
lehrerseminare und der den neueren Grundsätzen 
entsprechend eingerichteten höheren Mädchenschu- 
len. Die Medizinalkollegien sind nur begutach- 
tende Behörden auf dem Gebiete des Gesundheits- 
wesens. Die Oberzolldirektionen, die für die Ver- 
waltung der Zölle und indirekten Steuern bestimmt 
sind und bis 1908 Provinzialsteuerdirektionen 
hießen, waren seit 1823 und die für die landwirt- 
schaftlichen Auseinandersetzungen bestellten Gene- 
ralkommissionen seit 1817 nach und nach gebildet, 
während vorher die Geschäfte beider Behörden 
von besonderen Abteilungen der Regierungen 
wahrgenommen wurden. — An die Spitze der Re- 
gierung wurde ein Reg Präsident gestellt. Das 
29.
	        
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