Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
458 
Bezirk (Württemberg) 
  
das Königreich in die heute bestehenden 63 Ober- 
amts B. und den B. der Stadt Stuttgart einge- 
teilt, endlich durch das 2. Edikt v. 31. 12. 1818, 
das VerwEdikt v. 1. 3. 1822, das Gv. 21. 5. 91 
der Verfassung und Verwaltung der Amts- 
körperschaften die Gestalt gegeben, welche sie 
im wesentlichen heute hat. Die Bestimmungen 
über die Amtskörperschaftsverwaltung sind nun- 
mehr in der am 1. 12. 07 in Wirksamkeit ge- 
tretenen B.O v. 28. 7. 06, einem die bisherigen 
erstreuten Vorschriften zusammenschließenden Ge- 
7 enthalten, dessen wesentlichste Neuerung 
hinsichtlich der Amtskörperschaftsverwaltung in 
der Zulassung von Bezirksverbänden besteht ((. 
u. & 12). 
Die herzoglichen Vögte, welche seit 
1759 den Titel „Oberamtmann“ führen, waren an- 
fänglich landesherrliche Justiz-, Polizei= und 
Finanzbeamte im „Amt“ und Vorstände des 
Magistrats der Stadt sowie der Amtskörperschaft. 
Im 18. Jahrhundert bildeten sich im Amt kleinere 
Verw B., „Unterämter“, welchen das Amt als 
„Oberamt“ gegenübergestellt wurde. Diese letz- 
tere Bezeichnung blieb für die Bezeichnung der 
staatlichen B. Verwaltung auch nach Wegfall der 
Unterämter erhalten. Durch Kgl Restript v. 
26. 8. 1811 wurde die Ausscheidung der Justiz- 
sachen im damaligen Sinn, durch die Organisation 
v. 27. 10. 1810 die Ausscheidung der Finanz- 
sachen aus dem Geschäftskreis des Oberamtmanns 
durchgeführt. Uebrigens sind die Bezirke der 
Oberämter zugleich die B. der Amtsgerichte und 
der Kameralämter. Die Organisationsedikte v. 
31. 12. 1818 bestimmen den Geschäftskreis der 
Oberämter dahin, daß er die weder den Justiz- 
noch den Finanzstellen zugeteilten Geschäfte um- 
fasse und sehen für die Oberamtsstädte unter Aus- 
schaltung des Oberamtmanns einen besonderen 
Ortsvorsteher vor. Das VerwEdikt v. 1. 3. 1822 
mit dem G v. 21. 5.91 haben im wesentlichen bis 
in die neueste Zeit die Besetzung und den Wir- 
kungskreis der Oberämter bestimmt, die neueste 
am 1. 12. 07 in Wirksamkeit getretene B.O v. 
28. 7. 06 bringt hinsichtlich der staatlichen B. Ver- 
waltung eine Zusammenfassung der bisherigen 
Vorschriften und ihre Fortbildung durch die Her- 
anziehung bürgerlicher Elemente zur Verwaltung, 
eine Begrenzung und Neuregelung der staatlichen 
Aufsichtsbefugnisse über Gemeinde und Amts- 
körperschaft, sowie die Abändcrung und Ergän- 
zung von Einzelvorschriften. 
## 2. Bezirkseinteilung. Das Land ist in 63 
Oberamts B. (Oberämter) eingeteilt, welche staat- 
liche Verw B. sind und die räumliche Grundlage 
der Amtskörperschaft bilden sowie in den B. 
der Stadt Stuttgart, der mit der Gemeindemar- 
kung zusammenfällt. Eine auf bewohnte Grund- 
stücke sich erstreckende Veränderung der B.Ein- 
teilung kann nur im Wege der Gesetzgebung er- 
folgen. 
I. Die staatliche Bezirksverwaltung 
#§3. Besetzung der Oberämter. Jedes Oberamt 
ist mit einem Oberamtsvorstand, mindestens einem 
Amtmann, welcher der gesetzliche Stellvertreter 
des Oberamtmanns ist und der erforderlichen 
Zahl von Kanzleibeamten besetzt. Von den Ober- 
amtsvorständen befinden sich zur Zeit 64 in der 
  
Stellung von Oberamtmännern, 9 in der Stel- 
lung von Regierungsräten, einer (Stadtdirektor 
in Stuttgart) in Oberregierungsratsstellung, da- 
neben sind 79 etatsmäßige Amtmannsstellen, 
3 Assessorstellen vorhanden. Die Befähigung zu 
diesen Stellen wird durch die Erstehung der 
Staatsprüfung für den höheren VerwDienst 
(Kgl V v. 7. 12. 03) erworben. Der Oberamts- 
arzt und Oberamtstierarzt sind staatliche, der 
Oberamtsbaumeister, Oberfeuerschauer und B.= 
Feuerlöschinspektor amtskörperschaftliche Beamte, 
saeiche zur Unterstützung des Oberamts berufen 
ind. 
#§s 4. Geschäftskreis der Oberämter. Zu dem 
Geschäftskreis der Oberämter gehören im allge- 
meinen alle diejenigen Geschäfte der inneren 
Staatsverwaltung, für welche nicht die Zuständig- 
keit der Gemeindebehörden oder anderer staat- 
licher Behörden nach den hierüber bestehenden 
besonderen Vorschriften begründet ist. Daneben 
sind die Oberämter in Unterordnung unter das 
Ministerium des Kirchen= und Schulwesens und 
das Finanzministerium beziehungsweise unter die 
diesen Ministerien unterstellten Kollegialbehörden 
zur Mitwirkung bei Erfüllung der in den Ge- 
schäftskreis der genannten beiden Ministerien 
fallenden Aufgaben nach Maßgabe der betreffen- 
den besonderen Bestimmungen berufen und in 
gleicher Weise nehmen sie an der Besorgung der 
in den gemeinschaftlichen Bereich der Ministerien 
des Innern und des Kriegswesens fallenden An- 
gelegenheiten teil. Auch haben sie die sämtlichen 
Staatsbehörden bei Erledigung der diesen letzte- 
ren obliegenden Aufgaben auf Ansuchen insoweit 
zu unterstützen, als nicht entweder für die Vor- 
nahme der betreffenden Amtshandlung eine be- 
sondere anderweite Behörde besteht oder die 
Handlung außerhalb der allgemeinen Amtsbefug- 
nisse des Oberamts gelegen ist. Tatsächlich sind 
die außerhalb des Gebietes der inneren Verwal- 
tung fallenden Geschäftsaufgaben, von den Mili- 
tärgeschäften abgesehen, von wenig erheblichem 
Umfang. Im einzelnen sind die Zuständigkeiten 
nach wechselnden Rücksichten der Zentralisierung 
und Dezentralisierung der Verwaltung geregelt, 
besonders erwähnenswert ist die den Oberämtern 
innerhalb des § 453 der St PO zustehende vor- 
läufige Strafbefugnis, welche auch die Uebertre- 
tungen wegen Bettels und Landstreicherei um- 
faßt, und die Exekutiv= (sog. Ungehorsams--)Straf- 
befugnis (Geldstrafe bis zu 100 Mk. oder Haft 
bis zu 8 Tagen). Die Zuständigkeit hiefür be- 
stimmt sich im allgemeinen nach der Zuständigkeit 
für die unterliegende Verwngelegenheit. Auf 
dem Gebiet der Arbeiterversicherung sind ihnen 
die Verrichtungen der unteren Verw Behörden 
zugewiesen. Die neue Bezirksordnung hat ihnen 
auf dem Gebiet der Polizeiverwaltung die Mehr- 
zahl der früher in die Zuständigkeit der Kreis- 
regierungen fallenden lästigen Anlagen und die 
Dampfkesselanlagen zugewiesen. Dafür ist ihnen 
die Staatsaufsicht über die Gemeindeverwaltung 
in den großen und mittleren Gemeinden (mit 
über 10 000 E.) entzogen worden, diese Ge- 
meinden stehen auf dem Gebiet der Selbstver- 
waltung, namentlich der Vermögensverwaltung, 
unmittelbar unter den Kreisregierungen, auf den 
andern Gebieten, besonders auf dem Gebiet der 
Polizeiverwaltung, stehen sie nach wie vor unter
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.