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I. Das Recht der Vistümer
§ 1. Kirchenrechtlicher Begriff. B. (dioecesis,
Diözese) ist der geographische Amtssprengel eines
Bischofs. Wenn der Bischof zugleich Erzbischof ist,
so nennt man das B. Erz Bislum (Erzdiözese). Fer-
ner bedeutet B. die Gesamtheit der der bischöflichen
Regierung und Leitung eines Sprengels dienen-
den Einrichtungen und der der bischöflichen Leitung
unterworfenen Anstalten, Geistlichen und Laien
(Diözesanen), begreift also außer dem Bischof und
der Diözese auch das Domkapitel #l. die den Bischof
vertretenden oder neben ihm fungierenden kirch-
lichen Behörden, wie die für die Verwaltung (die
Genecralvikariate, Ordinariate, Konsistorien) und
für die Gerichtsbarkeit (namentlich in Ehe= und
Disziplinarsachen, Offizialat, auch Konsistorium),
die Kathedrale, die Diözesaninstitute (z. B. die
geistlichen Erziehungs= und Demeritenanstalten),
die für die Diözese bestimmten kirchlichen Stiftun-
gen, die in der Diözese befindlichen Pfarr= und an-
deren Kirchen, die dem Bischof unterworfenen or-
densähnlichen Kongregationen und kirchlichen Brü-
derschaften, endlich den zum B. gehörigen (Diöze-
san-)Klerus und die Diözesanen. Ihren Namen
führen die B. für die Regel nach der den Amtssitz
des Bischofs bildenden Stadt, ausnahmsweise nur
nach einer Landschaft (so z. B. das B. Ermland in
Preußen). In Bezug auf den geographischen Um-
fang und die Seelenzahl der Katholiken walten
unter den B. die erheblichsten Verschiedenheiten
ob. Während die italienischen B. vielfach eine
verhältnismäßig geringe Ausdehnung haben und
B. mit einigen Tausend Diözesanen vorkommen,
ist der Sprengel der deutschen für die Regel sehr
ausgedehnt, und dieselben umfassen Hunderttau-
sende, ja bis fast zu drei Millionen Katholiken (s. 82
die Angaben für Preußen nach dem Stande vom
1. 12. 05).
Die Errichtung und Aufhebung der B., sowie
die Veränderung (die Verlegung, Zerteilung, Ab-
trennung einzelner Teile und die Vereinigung)
derselben steht nach dem katholischen Kirchenrecht
dem Papste ausschließlich zu. Nach dem Kirchen-
recht sollen solche Maßnahmen nur beim Vorliegen
eines genügenden Grundes (einer justa causa),
d. h. einer Notwendigkeit (necessitas) oder eines
augenscheinlichen Nutzens (evidens utilitas), für
die Neuerrichtung auch im Falle eincs sog. incre-
mentum cultus divini, d. h. bei obwaltender Hoff-
nung, daß dadurch die Gottesverehrung zunehmen
werde, vorgenommen werden. Ferner muß für
den zukünftigen Amtssitz des Bischofs ein geeigneter
Ort (locus congruns), eine passende Stadt und,
sofern es sich um Neubegründung eines B. han-
delt, auch eine genügende dos, d. h. ein Vermögen,
aus welchem die Kosten der Herstellung und Er-
haltung der erforderlichen Baulichkeiten, des Got-
tesdienstes, der Amtsführung und des Lebensunter-
haltes der nötigen kirchlichen Beamten bestritten
werden können, vorhanden sein. Endlich werden
solche Anordnungen für die Regel erst nach An-
hörung der bei der boeabsichtigten Veränderung
Interessierten, namentlich der Bischöfe, deren
Sprengel und Rechte dadurch geschmälert werden,
getrofsfen; jedoch ist die Zustimmung derselben
rechtlich nicht erforderlich, ja der Papst kann sogar
in allen Fällen einseitig aus eigener Machtvoll-
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Bistum und Bischoftum
dachten Voraussetzungen absehen. (Ueber die
staatliche Mitwirkung s. u. 8 4.)
Kirchenrechtlich besitzen die B. als kirchliche An-
stalten gedacht, deren Substrat die bischöfliche
Kirche, die Kathedrale, ist, vom Zeitpunkt ihrer Er-
richtung ab die Rechte der juristischen Personen.
##2. Die Bistumsverfassung in Teutschland.
I. Die B. Verfassung bildet die regelmäßige Form,
in welcher die katholische Kirche im Deutschen
Reich organisiert ist. Die heutigen Einrichtun-
gen beruhen auf den Separatverhandlungen,
welche dic einzelnen deutschen Regierungen in dem
zweiten und dritten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts
mit dem päpstlichen Stuhle zur Wiederaufrichtung
der durch den Lüneviller Frieden von 1801 und
durch die Säkularisationen des Jahres 1803 zer-
störten Kirchenverfassung geführt haben. uf
Grundlage des bayerischen Konkordates
v. 5. 6. 1817 und der zu demselben erlassenen Zir-
kumskriptionsbulle Pius' VII. Dei ac Domini
Nostri v. 1. 4. 1818 sind in Bayern errichtet
worden die Erzbistümer München-Frei-
sing (mit den Suffragan B. Augsburg,
Passau und Regensburg) und Bam-
berg (mit den Suffragan B. Würzburg,
Eichstädt und Speyer); auf Grund
der Zirkumskriptionsbulle De salute anima-
rum v. 16. 7. 1821 für Altpreußen die Erz-
B. Köln 12 795 438 K.] (mit den Suffragan B.
Trierll 189 010 K.), Münster [1 167 115 K.]
und Paderborns1 395 305 K.]) und Gne-
sen-Posenll 337187 K.](mit dem Suffragan-
B. Culmsislé6 335 K.)), ferner die beiden exem-
ten, direkt dem päpstlichen Stuhl unterstehenden,
B. Breslau (2960 998 K.) und Ermland
1327 567 K.] und auf Grund der Zirkumskriptions-
bulle Impensa Romanorum pontificum v. 26. 3.
1824 für das ehemalige Königreich Hannover
die beiden exemten B. Hildesheimll69 205
K.] und Osnabrück (238 679 K.) lletzteres
allerdings erst 1857 vollständig organisiert). Die
kleineren Staaten im Westen von Mittel= und Süd-
deutschland haben gemeinsam mit der Kurie ver-
handelt, und auf Grund der Bullen Provida sol-
lersque v. 16.8. 1824 und Ad dominieci gregis custo-
diam v. 11. 4. 1827 sind ihre Gebiete zu einem Erz-
B., der sog. oberrheinischen Kirchen-
provinz, mit dem Sitze in Freiburg
i. Br., welches zugleich das B. für Baden bildet,
vereinigt und diesem die Suffragan B. Rotten-
burg (für Württemberg), Fulda (für
Kurhessen) I169 577 K.), Mainz (für das
Großherzogtum Hessen) und Limburg (für
Nassau und Frankfurta. M.)(415 160 K.)
unterstellt worden, so daß also infolge der Annexio-
nen des Jahres 1886 cinzelne Teile des preuß i-
schen Staats jetzt wegen der B. Fulda, Limburg
und mit Rücksicht auf die Erwerbung einiger Ge-
bictsteile des Großherzogtums Hessen, auch wegen
des B. Mainz zu der oberrheinischen Kirchenpro-
vinz gehören. Die Katholiken in den kleinceren
deutschen Staaten sind dem einen oder anderen
der gedachten B. tcils schon durch die gedachten
Zirkumfskriptionsbullen, so die Katholiken in Ol-
denburg dem B. Münster, die in den beiden
hohenzollernschen Fürstentümern dem
Erz. B. Freiburg, die im Großherzogtum Sach-
sen-Weimar dem B. Fulda, teils durch päpst-
kommenheit handeln und auch von den vorhin ge= liche Konsistorialdekrete, wie die in Sachsen-