Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Deichwesen 
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wählt. Deichhauptmann und Deichinspektor wer- 
den von den Repräsentanten der Deichgenossen, 
deren Zahl das Statut bestimmt, auf 6 Jahre ge- 
wählt und bedürfen der Bestätigung der Auf- 
sichtsbehörde. Die Beamten des Deichverbandes 
sind mittelbare Staatsbeamte. Der Deichhaupt- 
mann handhabt die örtliche Deichpolizei, er hat das 
Recht, die von ihm innerhalb seiner Zuständigkeit 
getroffenen Anordnungen im Zwangswege durch- 
zuführen, Polizeiverordnungen zu erlassen, sowie 
ferner die Befugnis zum Erlasse vorläufiger Straf- 
verfügungen bei Uebertretungen (Allg. Bestim- 
mungen §§8 29 f., 36 f.; 48 f., 35. 5, 20 G über die 
Polizeiverwaltung v. 11. 3.50 — GS 265 —, 81 
Gv. 23. 4. 83. — GS#65 —; vgl. oldenb. DeichO 
v. S. 6. 1855 a 135—140). 
III. Die Erfüllung der dem einzelnen Deichge- 
nossen aus der Zugehörigkeit zum Deichverbande 
erwachsenden Verbindlichkeiten, die Deichpflicht, 
ist von der Gesetzgebung in ganz besonderer Weise 
sichergestellt. Die Deichpflicht ruht unablöslich 
auf den zum Deichverbande gehörenden Grund- 
stücken, sie kann durch Verjährung nicht erlöschen, 
hat den Charakter der öffentlichen Lasten und 
bedarf also keiner Eintragung im Grundbuche; 
rückständige Leistungen werden im VerwzZwangs- 
verfahren beigetrieben (A# zum Zwangsverst. G 
v. 23. 9. 99 — GS# 291 — al; A zur BGO 
v. 26. 9. 199 — GS 307 — 7 11; G von 1848 
#5 17—19; bremische Teich O von 1743 Kap. IV 
9§ 1—3;: schlesw.-holst. Deich-Reglement § 14; 
lüneburg. Deich O §## 160, 163, 164; ostfrief. Deich- 
O 5§ 168, 171, 172; oldenb. Deich O a 114, 155). 
Die Verteilung der Deichlast unter die Deichge- 
nossen steht geschichtlich mit der Art, wie die Deich- 
unterhaltung ausgeführt wurde, in nahem Zu- 
sammenhange. Diese Unterhaltung war ursprüng- 
lich keine gemeinsame, sondern jede Gemeinde 
oder die einzelnen Grundeigentümer hatten die 
an ihre Grundstücke angrenzenden Deichstrecken 
(Kaveln, Pfänder, Lose) zu unterhalten, dafür 
aber zu den Kosten der Unterhaltung auf anderen 
Strecken nichts beizutragen. Dieses System der 
Pfanddeichung hat sich für die ordentliche 
Deichlast (die gewöhnliche Deichunterhaltung) in 
einer Reihe von Deichordnungen bis jetzt erhalten, 
während für die außerordentliche Deichlast, die na- 
mentlich die Wiederherstellungsarbeiten bei Deich- 
brüchen in sich begreift, allgemein das System der 
gemeinschaftlichen Unterhaltung durch den Deich- 
verband, die Kommuniondeichung, einge- 
führt ist. In dieser Weise ist z. B. in den geltenden 
Deichordnungen für das Herzogtum Magdeburg 
(v. 28. 4. 1721, dazu V v. 1. 10.66 — GS653 —), 
für Schleswig-Holstein, Ostfriesland, Lüneburg 
und Bremen die Unterhaltung geregelt (schleswig- 
holsteinsches Deichreglement 8#§8 7 f.; ostfrief. Deich- 
O l## 28 f.; lüneburg. Deich O S§ 33 f.; Bremische 
Teich O Kap. IV). In den meisten Deichordnungen 
ist dagegen, dem G von 1848 und den Allg. Best. 
von 1853 entsprechend, die Kommuniondeichung 
allgemein eingeführt, so daß, vom Falle der Na- 
turalhilfe in Notfällen abgesehen, sämtliche Arbei- 
ten durch den Verband ausgeführt und bezahlt wer- 
den, was für eine einheitliche und systematische 
Deichpflege ohne Zweifel das zweckmäßigste ist. 
Für die Verteilung der Deichlast auf die einzelnen 
Genossen ist ein vom Verband geführtes Verzeich- 
nis, das Deichkataster, maßgebend; als Maßstab 
  
  
der Verteilung ist nach dem G von 1848 (§ 16) das 
Verhältnis des abzuwendenden Schadens und her- 
beizuführenden Vorteils anzunehmen, doch kann 
aus besonderen Gründen durch statutarische Be- 
stimmung auch ein anderer Verteilungsmaßstab 
Hcrhent7 werden (vgl. oldenb. Deich O a 118—122 
192 f.) 
Die Deichordnungen enthalten mehrfach Be- 
stimmungen über die Beschränkungen, welche die 
nicht dem Verbande angehörenden Besitzer im In- 
teresse der Deichunterhaltung sich gefallen lassen 
müssen. Das G von 1848 enthält in dieser Hinsicht 
die sehr weitgehende allgemeine Vorschrift, daß 
diejenigen Beschränkungen des Eigentums, denen 
sich die Besitzer der an das Deichgebiet grenzenden 
Grundstücke zu unterwerfen haben, im Deichsta- 
tut näher zu bestimmen sind (§ 21). 
IV. Die Aufsicht über die Deichverbände führt 
der Regierungspräsident, im Geltungsbereiche des 
Gv. 11. 4. 72 in erster Instanz die untere Verw- 
Behörde und erst in zweiter Instanz der Regie- 
rungspräsident. Nach dem Zust G v. 1. 8. 83 (§ 97) 
kann aber statutarisch die Aufsichtsführung auf die 
Selbstverwaltungskörperschaften übertragen wer- 
den. Die Oberaufsicht über die Deichverbände 
steht dem Minister für Landwirtschaft zu. 
#6#6. Die Neubildung von Deichverbänden. Be- 
sondere Bestimmungen über die Bildung von 
Deichverbänden finden sich in der preußischen, hes- 
sischen, sächsischen und französischen Gesetzgebung, 
während in den übrigen Staaten die Deichge- 
nossenschaften als Arten der Wassergenossenschaf- 
ten behandelt werden und den für diese maßge- 
benden Bestimmungen unterliegen (vgl. bayer. 
Wasser G von 1907 h 102, 103, 110 No. 2; bad. 
Wasser G v. 1899 § 87, §J 50 No. 2; hess. G v. 30. 7. 
87 a 105, 33). 
In Preußen (G von 1848) können Deich- 
verbände gebildet werden, wenn die Anlegung von 
Deichen zur Abwendung gemeiner Gefahr oder zu 
erheblicher Förderung der Landeskultur erfor- 
derlich ist (§ 11). Es bedarf dabei nur einer An- 
hörung, nicht der Zustimmung der beteiligten 
Grundbesitzer. Grundstücke, die derselben Niede- 
rung angchören und mit Rücksicht auf die Lage 
ihrer Grundstücke ein gemeinschaftliches Interesse 
haben, sollen in der Regel zu einem Deichverbande 
vereinigt werden. Die Bildung der Verbände er- 
folgt durch königliche Verordnung mittelst eines 
landesherrlich vollzogenen Statuts. Ueber das 
Verfahren bei Bildung von Deichverbänden gibt 
eine (nicht publizierte) Instruktion des Ministers 
für Landwirtschaft v. 24. 8. 50 die näheren An- 
weisungen. Das derselben als Anlage D zu # 8 
beigefügte Normal-Deich-Statut ist jedoch durch 
die im § 5 erwähnten „allgemeinen Bestimmun- 
gen“ v. 14. 11. 53 ersetzt (vgl. Min E v. 13. 12. 53 
— Mli V 282). Im Geltungsbereiche des Gv. 
11. 4. 72 kann gegen den Willen der Mehrhbeit der 
Beteiligten nur im Falle gemeiner Gefahr ein 
Deichverband gebildet werden; bezweckt die Deich- 
anlage nur die Förderung der Landeskultur, so 
bedarf es für die Bildung des Verbandes der 
Zustimmung der Mehrheit der Grundbesitzer. 
In Hessen (G v. 14. 6. 87, das Damm- 
bauwesen an den schiffbaren Wasserläufen betr.) 
sollen mehrere Gemeinden, denen eine Damm- 
anlage als Ganzes (Dammsystem) zum Vorteil 
gereicht, zu einem Deichverbande vereinigt wer- 
 
	        
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