Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Denkmalpflege 555 
  
ßen- und Brückenanlagen, Kultusstätten, Grab- 
bauten, Hünengräber, Steinkammern u. dgl. samt 
ihrem beweglichen Inhalt an Urnen, Waffen, 
Schmuckgegenständen, Wirtschaftsgeräten, Mün- 
zen usw., ferner Werke der Baukunst samt ihren 
Ausstattungsstücken, geschichtlich wichtige oder 
künstlerisch bedeutende Straßen= und Platzan- 
lagen u. dgl., Werke der Malerei und Plastik und 
andere bewegliche Gegenstände der Technik, des 
Handwerkes, der Industrie, sowie endlich Archive, 
Handschriften, Druckwerke usw. 
2. Im Gegensatz zu dem umfassenden Gebiete 
der D. im ursprünglichen Sinne beschäftigt sich 
der Heimatschutz mit der Eigenart des hei- 
matlichen Kreises, wie sie sowohl in Landschaften, 
Orts= und Straßenbildern, als auch in zahlreichen 
Einzelgegenständen und in der Kleinkunst des 
Volkes in die Erscheinung tritt. Diesen gesamten 
überlieferten Besitzstand, der für das Gepräge der 
Gegend und die Besonderheiten ihrer Bewohner 
charakteristisch, mit dem das Heimatsgefühl der 
Bewohner verwachsen ist, will der Heimatschutz zu 
erhalten suchen. Daneben tritt das Bestreben, 
die fortschreitende Entwickelung in den Bahnen 
der volkstümlichen Gewohnheiten zu halten und 
bei dem Vordringen moderner Einrichtungen auf 
möglichste Schonung örtlicher Eigentümlichkeiten 
in Bauart, Gebräuchen des täglichen Lebens usw. 
hinzuwirken. 
3. Die Naturdenkmalpflege (#in Bay- 
ern „Naturpflege“ genannt) erstreckt sich auf alle 
ursprünglichen Schöpfungen, welche ohne Zutun 
von Menschenhand entstanden, dem Wesen der 
Natur ihre Entwickelung und dieser wiederum ihre 
zeitliche Erscheinung verdanken. Danach sind Na- 
turdenkmäler alle besonders charakteristischen Ge- 
bilde der heimatlichen Natur, vornehmlich solche, 
welche sich noch an ihrer ursprünglichen Stätte be- 
finden, seien es Teile der Landschaft oder Gestal- 
tungen des Erdbodens oder Reste der Pflanzen- 
welt und Tierwelt. 
II. Die D. ist teils eine lediglich beratende Tätig- 
keit, teils eine mit Exekutive ausgestattete staatliche 
Verwaltung. Die erstere wird in der Hauptsache 
wahrgenommen von Privatpersonen, Vereinen, 
Gesellschaften und in Preußen auch von Provin- 
zial-Kommissionen und Provinzial-Konservatoren 
(vgl. unter § 3), nachdem das Dotations G v. 8. 7. 
76 (GS 497) durch Ueberweisung des auch für die 
Unterhaltung von Denkmälern bestimmten Do- 
tationsfonds die Teilnahme an der D. den Pro- 
vinzial Verw übertragen hat. Aber auch staatliche 
Organe können hierbei in Aktion treten. Doch gel- 
ten ihre Einwirkungen in dieser Beziehung eben- 
falls nur als Ratschläge und können im Verwal- 
tungswege nicht erzwungen werden. Diesen Teil 
der D. bezeichnet man als freiwillige D. 
Im Gegensatz hierzu richtet sich der Umfang der 
eigentlichen staatlichen Denkmal Verw nach den 
positiven Gesetzesvorschriften (vgl. § 2). 
§s 2. Grundlagen des staatlichen Rechts auf 
Wahrnehmung der Denkmalpflege. 
I. In Preußen ist die D. ein besonderer 
Zweig des staatlichen Aufsichtsrechts, der nicht zu 
den Aufgaben der Polizei im eigentlichen Sinne 
gehört. Abgesehen von den zum Schutze der 
Städte und öffentlichen Plätze gegen Verunstal- 
tung bestimmten §§s 66, 71 18 des ALR, die 
nach der Rechtsprechung des OV# aber nur ganz 
  
beschränkte Bedeutung beanspruchen können, ist 
neuerdings nur der Schutz der Landschaften, Orts- 
und Straßenbilder in den sogenannten Verunstal- 
tungs G v. 2. 6. 02 und 15. 7. 07 (siehe unten zu 
* 4) der Tätigkeit der Pol Organe überwiesen wor- 
den. Im übrigen gibt es in Preußen gesetzliche 
Bestimmungen, welche den Schutz der Denkmäler 
speziell oder auch die Fürsorge für die Wissenschaft 
und Kunst im allgemeinen bezwecken und weiter 
solche, welche an und für sich zur Regelung anderen 
Angelegenheiten bestimmt, doch der D. zu dienen 
geeignet sind. 
1. Zu der ersten Gruppe gehören in dem land- 
rechtlichen Teile Preußens die §§# 33 I, 8 ff. des 
AL##K und die auf Grund derselben erlassenen Ka- 
binettsordres und VerwOrdnungen, insbesondere 
die KabO v. 4. 10. 1815 (GS 206), welche jede 
wesentliche Veränderung an öffentlichen Gebäu- 
den oder Denkmälern an die Genehmigung der 
damaligen Oberbaudeputation knüpfte, die Kab O 
v. 20. 6. 1830 (GS 113), betreffend den Schutz 
der Stadtmauern, Tore, Türme, Wälle usw., die 
KabO v. 1. 7. 43, betreffend die Anstellung des 
Architekten v. Quast als Konservator der Kunst- 
denkmäler, und die im Anschluß an dieselben er- 
gangenen zahlreichen ministeriellen VerwO, ins- 
besondere v. 31. 10. 1830, v. 30. 11. 31, v. 25.9.#4, 
v. 5. 1I. 54, v. 23. 8. 56, v. 28. S. 57, v. 16. 1. 58, 
sowie die Zirkular V'g betreffend die Befugnisse 
des Konservators der Kunstdenkmäler und die In- 
struktion für diesen v. 24. 1. 44. Hierzu gehören 
ferner die Runderlasse des Min der geistlichen, 
Unterrichts= und Medizinal-Angelegenheiten aus 
neuerer Zeit, durch welche die Verwaltung ge- 
regelt ist, insbesondere der Rund Erl v. 6. 5. 04, be- 
treffend das Verfahren und die Zuständigkeit der 
Staatsbeamten in Angelegenheiten der D. und 
viele andere. 
In dem nicht landrechtlichen Teile Preußens, 
in welchem die Entwickelung eine ganz ähnliche 
gewesen, sind diese Vorschriften — die älteren 
Verwordnungen sind durch besondere Erl v. 8. 
und 23. 7. 67 eingeführt — ebenfalls zur Geltung 
gelangt. 
2. Die zweite Gruppe enthält die in der Kom- 
munalzgesetzgebung [und zwar in der St für die 
6 östlichen Provinzen v. 30. 5. 53 (GS 261), 5 50;: 
in der St O für die Provinz Westfalen v. 19. 3. 56 
(6S8237), 5 49;in der St O für die Rheinprovinz v. 
15. 5. 56 (GS 406), 5 46: in dem Gemeinde BG 
für die Stadt Frankfurt a. M. v. 28. 3. 67 (GS 
401), § 60; in dem G betr. die Verf und Verw der 
Städte und Flecken der Provinz Schleswig-Hol- 
stein v. 14. 4. 69 (V8 589), §71; in der StO für 
die Provinz Hessen Nassau v. 4. 8. 97 (GS 254), 
8 56, sowie ferner in der L#für die Rheinpro= 
vinz v. 23. 7. 45 (68 523), § 96; in der LGO für 
die Provinz Westfalen v. 19. 3. 56 (GS 265), J+53; 
in der L #O für die sieben östlichen Provinzen v. 
3. 7. 91 (GS 233), 5 114; in der LGO für die Pro- 
vinz Schleswig= Holstein v. 4. 7.92 (GSl7), 5 114; 
in der LO für die Provinz Hessen-Nassau v. 
4. 8. 97 (GS 301), 5 78 und endlich für das ge- 
samte Gebiet der Monarchie geltend in dem Zust G 
v. 1. 8. 83 (GS 237), §§ 16 und 30) enthaltenen 
Bestimmungen, nach welchen Beschlüsse der be- 
treffenden Korporationen über die Veräußerung 
oder wesentliche Veränderung von Sachen, welche 
einen besonderen wissenschaftlichen, historischen 
 
	        
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