Disziplin (Strafen)
Voraussetzungen die Beamten- und Disziplinar-
gesetze nähere Bestimmungen enthalten. Die
Strafversetzung ist auch, im Gegensatze zur Ver-
setzung im Interesse des Dienstes, stets mit Ver-
mögensnachteilen verbunden; diese be-
stehen im Verlust der Umzugskosten oder in der
Verringerung des Gehalts (Diensteinkommens)
oder in der Auferlegung einer Geldstrafe, sind
aber innerhalb dieses Rahmens in den cinzelnen
Staaten sehr verschieden normiert. In Bayern,
Württemberg und Hessen erfolgt die
Strafversetzung stets ohne, im Reiche stets
mit Vergütung der Umzugskostenz;
in Baden hat die die Strafversetzung ausfüh-
rende Dienstbehörde nach den Verhältnissen des
Falles zu bestimmen, ob die Umzugskosten ganz
oder teilweise zu vergüten sind; in Preußen
erfolgt die Strafversetzung „mit Verminderung
des Diensteinkommens und Verlust des Anspruchs
auf Umzugskosten oder mit einem von beiden Nach-
teilen“. Im Reiche und in Badenkbesteht der
Vermögensnachteil — abgesehen von den Um-
zugskosten — in der Verminderung des Dienst-
einkommens um höchstens #8; statt der Vermin-
derung des Diensteinkommens kann (wie auch
nach dem Preußischen Richterdisziplinargesetz)
eine Geldstrafe verhängt werden, die ½ des
Diensteinkommens eines Jahres nicht übersteigt.
Hessen kennt als Vermögensnachteil (wie auch
Bayern für Richter) neben dem Verlust der Um-
zugskosten nur eine Geldstrafe bis zu 1 des Jah-
resgehalts, und statt dessen bei Richtern auch die
Entziehung der Berechtigung zum Vorrücken in
eine höhere Gehaltsklasse auf 1—3 Jahre. In
Bayern und Württemberg kann der
Vermögensnachteil auf den Verlust der Umzugs-
kosten beschränkt bleiben; es kann aber auch dane-
ben Gehaltsverlust um höchstens ½⅛ eintreten
(Württemberg) oder eine Geldstrafe verhängt
werden, die 1 des zuletzt bezogenen Jahresgehalts
nicht übersteigt (Bayern).
Bayern und Baden kennen als zweite
Art der Strafversetzung auch die Versetzung in
eine Amtsstelle mit geringerem Range
(Degradation) und geringerem Gehalte;
die Minderung des Gehalts darf aber ½ des zu-
letzt bezogenen Gehalts nicht übersteigen.
Die ergehende Disziplinarentscheidung hat Art
und Maß der den Verurteilten treffenden Ver-
mögensnachteile zu bestimmen; nur in Hessen
muß sie sich auf den Ausspruch beschränken, ob die
Strafversetzung zulässig sei oder nicht. Die Aus-
führung der Strafversetzung erfolgt durch die
zuständige Dienstbehörde, nach RBG die oberste
Reichsbehörde.
Die Strafe der Strafversetzung leidet an dem
Mangel, daß der Umfang der verhängten Ver-
mögensnachteile von der erkennenden Disziplinar-
behörde nicht voll übersehen werden kann, weil so-
wohl die Höhe der Umzugskosten wie der Einfluß
der Einkommensverminderung auf die wirt-
schaftlichen Verhältnisse des B sich nach dem
neuen Dienstorte richten, dessen Auswahl der
Vollstreckungsbehörde überlassen bleiben muß.
In Sachsen ist die Strafversetzung als Dis-
ziplinarstrafe unbekannt.
& 11. Die Dienstentlassung, als schwerste Dis-
ziplinarstrafe, ist nur dann zu verhängen, wenn
ein B seine Pflichten derart verletzt hat, daß seine
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl.
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fernere Belassung im Staatsdienste mit den In-
teressen des öffentlichen Dienstes unvereinbar
erscheint. Die Strafe hat den Verlust aller
Rechte des B aus dem Staatedienstverhältnis,
namentlich also den Verlust des Titels und Pen-
sionsanspruchs, von Rechts wegen zur Folge; der
entlassene B darf seinen früheren Titel auch nicht
mehr mit dem Zusatz „a. D.“" führen. Im übrigen
hebt aber die Dienstentlassung nur die Wirkungen
des bisherigen Staatsdienerverhältnisses
auf: sie bewirkt daher weder die Unfähigkeit zur
Bekleidung eines anderen öffentlichen Amtes,
noch schließt sie eine spätere Wiederanstel-
lung aus. Hat der B einen Pensionsanspruch
und lassen besondere Umstände eine mildere Be-
urteilung zu, so kann in der die Dienstentlassung
aussprechenden Entscheidung zugleich festgesetzt
werden, daß dem Angeschuldigten auf Lebenszeit
oder auf gewisse Jahre ein Teil des Pen-
sionsbetrages (Württemberg: höchstens 26)
zu gewähren sei, den er anzusprechen hätte, wenn
er im Zeitpunkte der Entlassung in den Ruhestand
versetzt würde. Das Bayerische Boe#(a 110 Abs 2)
ermächtigt sogar bei gleicher Voraussetzung das
Disziplinargericht, auch den Hinterbliebe-
nen des aus dem Dienste entlassenen B den
Anspruch auf Versorgung ganz oder teilweise,
mit oder ohne Zeitbeschränkung, vorzubehalten.
Nach Sächsischem Recht (88 35, 36 BG, 555
des Richter G) kann bei erweislicher besonderer Be-
dürftigkeit dem entlassenen Staatsdiener ein Teil
seiner Pension oder seiner Familie eine jährliche
Unterstützung (beides jedoch nur bis zur Hälfte
des gesetzlichen Pensionssatzes) von dem betreffen-
den Ministerium bewilligt werden. War
eine solche Pensionsquote s. Z. bewilligt, so steht
nach dem Tode des entlassenen Staatsdieners
den Hinterbliebenen ein Anspruch auf
die volle gesetzliche Versorgung zu.
Auf Dienstentlassung kann nicht mehr erkannt
werden, wenn das Dienstverhältuis schon vor Be-
endigung des Disziplinarverfahrens aufsgehört
hat. An deren Stelle ist gegebenenfalls auf Ver-
lust des Titels und Pensionsanspruchs zu erken-
nen (RBG # 75 Nr. 2 Abs 2, Preuß. Disz. G 8 16
Nr. 2 Abf 1).
Bei den auf Kündigung oder Wi-
derruf angestellten B kann das Kündigungs-
oder Widerrufsrecht insbesondere zu dem Zwecke
ausgeübt werden, den B wegen begangener
Dienstvergehen ohne Einleitung eines Disziplinar--
verfahrens aus dem Amte zu entfernen. Eine
derartige Entlassung hat für den B den Verlust
seiner Ansprüche auf Pension und Hinterbliebenen-
versorgung — in Bayern (Bel a 8.II) auch
den des Titels — zur Folge. Uebrigens wäre ein
Disziplinarverfahren in solchem Falle an sich nicht
unzulässig; es würde z. B. dann geboten sein,
wenn dem B das Recht aus Führung seines bis-
herigen Titels entzogen werden soll, oder wenn
besondere Umstände die Gewährung eines Teils
des erdienten Pensionsbetrages (s. oben) ange-
zeigt erscheinen lassen, sofern nicht etwa, wie in
Württemberg (B à 72 Nr. 2), schon der Kündi-
gungsbehörde die gesetzliche Befugnis verliehen
ist, in der die Dienstentlassung aussprechenden
Verfügung dem B einen Teil des gesetzlichen
Ruhegehalts auf Lebenszeit oder bestimmte Zeit
zuzubilligen.
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