Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Ablösung der Reallasten (Baden) 47 
bestimmter weltlicher oder kirchlicher Beamten zu 
leisten sind, als Kompetenzlasten bezeich- 
net zu werden pflegen, haben sich nicht selten als 
ein Hindernis rationeller Land= und Forstwirt- 
schaft erwiesen, namentlich in den Fällen, in denen 
sie in der Lieferung bestimmter Arten und Sorti- 
mente von land= und forstwirtschaftlichen Er- 
trägnissen, z. B. Wein, Hafer, Gerste, Bau-, Nutz- 
und Brennholz, bestehen. Schon aus diesem Grun- 
de wurde zum Teil die A. dieser Komplex= und 
Kompetenzlasten erstrebt; sie war aber als ein 
Teil der Maßnahmen der RL. in den Fällen 
geradezu geboten, in denen sie mit der Berechti- 
gung auf den Zehnten dinglich verknüpft waren. 
Es wurde daher im Zehnt A. G von 1833 ange- 
ordnet, daß der Kapitalwert dieser dem Zehnt- 
berechtigten obliegenden Lasten nach bestimmten 
Grundsätzen abzuschätzen und aus dem Zehnt- 
A. Kapital eine ihrem Grundstock nach (in Werten 
oder in Liegenschaften) zu erhaltende Summe 
auszuscheiden sei, deren Zinsen und sonstige Er- 
trägnisse in Zukunft zur Deckung des betreffenden 
Bau-, Gehalts= oder sonstigen Aufwands zu ver- 
wenden sind. Hinsichtlich der dinglich auf Liegen- 
schaften ruhenden oder einer Körperschaft persön- 
lich obliegenden Pflicht zur Stierhaltung 
wurde durch ein G v. 3. 8. 37 bestimmt, daß sie, 
auch wo sie nicht mit dem Zehntrecht verbunden 
ist, auf Antrag des einen oder andern Teils mit 
dem zwanzigfachen Betrag des Wertanschlags ab- 
zulösen ist, worauf dann die Pflicht zur Stierhal- 
tung an die Gemeinde übergeht. Aehnlich ist durch 
das Gv. 20. 2. 79 hinsichtlich der auf Privatrechts- 
titeln beruhenden Verpflichtungen zum Bau und 
zur Unterhaltung der Schulhäuser, sowie 
zur Anschaffung von Gegenständen des Schul- 
gebrauchs und durch das G v. 7. 3. 84 hin- 
sichtlich der privatrechtlichen Verpflichtung, jähr- 
lichkoder sonst periodisch Geld oder Naturalien für 
die Volksschullehrergehalte (Schul- 
kompetenzen) zu leisten, beiden Teilen die Be- 
fugnis eingeräumt, durch Antragstellung die A. 
dieser Lasten herbeizuführen; als Entschädigung 
ist das 25fache der, geeignetenfalls nach dem 
Durchschnittswert abzuschätzenden, Jahresleistung 
zu gewähren. Hinsichtlich der übrigen, meist dem 
Domänenärar und einer Anzahl Gemeinden und 
Stiftungen obliegenden Lasten dieser Art, welche 
im allgemeinen die Wirtschaft des Verpflichteten 
nicht wesentlich beengen, übrigens doch auch unter 
Umständen, wie insbesondere die Pflicht zur Ab- 
gabe des den Geistlichen in bestimmten Sortimen- 
ten zu liefernden Besoldungsholzes, als für die 
Forstwirtschaft hinderlich empfunden werden, ist 
die Möglichkeit zwangsweiser A. nicht gegeben. 
Ein besonderes Bedürfnis zu dieser schon einige- 
mal in dem Landtag angeregten Maßnahme scheint 
nicht zu bestehen, zumal es meist gelingt, den bei 
diesen Kompetenzlasten noch bemerkbaren Miß- 
ständen durch Vereinbarungen, namentlich durch 
Umwandlung der Naturalkompetenz in eine feste 
Geldgabe, abzuhelfen. 
§s 4. Die Ablösung von Dienstbarkeiten. Die 
Erfahrung, daß eine zweckmäßige Bewirtschaftung 
der für die land= und forstwirtschaftliche Nutzung 
dienenden Liegenschaften nicht bloß durch die als 
Reallast begründete Pflicht zur periodischen 
Ablieferung eines Teils der Erträgnisse, sondern. 
auch dadurch gehindert wird, daß einem Dritten 
  
  
  
kraft Dienstbarkeitsrechts die dingliche 
Befugnis zur Entnahme bestimmter Erzeugnisse 
der Liegenschaft zusteht, hat den badischen Gesetz- 
geber bewogen, unter bestimmten Voraussetzungen 
auch die zwangsweise Beseitigung solcher Dienst- 
barkeiten möglich zu machen. 
1. Die Forstdienstbarkeiten. Durch 
§5104 des bad. Forst G v. 15. 11. 33 wurde vor allem 
die Begründung von neuen Forstberechtigungen 
untersagt, d. h. von persönlichen oder Grund- 
dienstbarkeiten, die dem Berechtigten einen An- 
spruch auf Entnahme der pflanzlichen Haupt= und 
Nebenerzeugnisse des seiner Hauptbestimmung 
nach zur Holzerzeugung dienenden Bodens ein- 
räumen. Ferner wurde mit §55 134—136 dieses G 
dem Eigentümer des belasteten Waldes (nicht auch 
dem Dienstbarkeitsberechtigten) die Befugnis ein- 
geräumt, durch Stellung eines Antrags die Auf- 
hebung gewisser den Wald belastender Dienstbar- 
keitsrechte gegen Entschädigung (A.) herbeizu- 
führen; und zwar erstreckt sich die A. auf die Be- 
rechtigung zur Weide, zum Bezug von Holz, Laub, 
Streu, Mast, Erkerich (Eicheln und Bucheln), zum 
Harzscharren, Teerschwellen und Trüffelsuchen. 
Hinsichtlich des A. Verfahrens und der Entschädi- 
gung wird zwischen den Holzberechtigungen und 
den übrigen Forstdienstbarkeiten unterschieden. 
Ueber die Frage, ob und in welcher Weise Holz- 
berechtigungen abzulösen seien, entscheidet im 
Streitfall das bürgerliche Gericht; die Entschädi- 
gung ist durch Zuweisung eines dem Wert des 
aufzuhebenden. Rechts entsprechenden Teils des 
belasteten Waldes zu gewähren, welcher Waldteil, 
sofern nicht etwas anderes vereinbart wird, nicht 
aus getrennten Stücken bestehen darf und tun- 
lichst zur künftigen Deckung des bisherigen Holz- 
bezugs geeignet sein soll. Ueber die Zulässigkeit 
des Antrags auf A. der übrigen Forst- 
berechtigungen entscheidet dagegen die 
oberste Staatsverwaltungsbehörde, das in Ent- 
eignungssachen zuständige Staatsministerium: der 
Antrag ist für solche Forstberechtigungen jedenfalls 
dann abzulehnen, wenn durch die Aufhebung des 
Nutzungsrechts der Nahrungsstand der Berech- 
tigten wesentlich gefährdet würde. Mangels einer 
Vereinbarung wird auch hier durch gerichtliches 
Urteil die Entschädigung festgesetzt, die dem zu 
schätzenden Kapitalwert der Bezüge entsprechen 
und bei Weiderechten nach dem dafür geltenden 
besondern Gesetz (s. unten Ziff. 2) festgestellt wer- 
den soll. — Das A.G hatte zur Folge, daß 
weitaus die meisten, namentlich die kulturschäd- 
lichen Forstberechtigungen durch gütliche oder 
zwangsweise A. aufgehoben worden sind. 
2. Die Weiderechte. Die vielfach im 
Zusammenhang mit der früheren gutsherrlichen 
Verfassung als Dienstbarkeiten an den landwirt- 
schaftlich genutzten Liegenschaften oder einem 
Teil derselben begründeten, meist dem Grund- 
herrn zustehenden Weiderechte, welche einer in- 
tensiv betriebenen Landwirtschaft hinderlich wa- 
ren, wurden durch das G v. 31. 7. 48 als ablösbar 
erklärt. Antragsberechtigt sind nur die Eigentü- 
mer der belasteten Grundstücke: mangels einer 
Vereinbarung soll die A. sämtlicher auf der Ge- 
markung lastender Weiderechte gemeinsam 
geschehen, wobei es zu einem gültigen Antrag 
genügt, daß sich die Hälfte der beteiligten Eigen- 
tümer, nach dem Grundsteuerkapital der belasteten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.