Domänen
Wo es auf die alten Normen ankommt, sind die
in & 2 Abs 1—3 entwickelten Grundsätze maß-
gebend. Am meisten erhellt dies in Mecklen-
burg. Denn während in den ebengenannten
andern drei Staaten doch immerhin die von selbst
modifizierende Einwirkung moderner Konstitu-
tionen im einzelnen hinzukommt, besteht in Meck-
lenburg noch die alte Trennung zwischen Lan-
desherrschaft, Ritter= und Landschaft. Nicht die
D. bloß, sondern der Staat selbst auch zeigt da
patrimoniale Züge. Für das Finanzwesen be-
stehen drei selbständige Faktoren nebeneinander:
1. Die Landesherrschaft im selbständi-
gen Besitz der D., deren Einkünfte zur „Renterei"“
kommen und Hof-, wie auch, soweit möglich,
Regierungskosten decken.
2. Die Stände l(mit den Landkassen) als
Korporation, für ihre Ausgaben.
3. Der Staat als Fiskus (Landesrezeptur-
und Steuerkasse) zur Verw der hergebrachten oder
besonders bewilligten Kontributionen; das Steuer-
recht, in seiner stets zunehmenden Anwendung,
ist dabei ein Ferment zur Modernisierung, das
aber bis jetzt nicht durchgriff. Das Ineinander-
schieben von Elementen einer alten und einer
neuen Rechtsordnung führt jedoch naturgemäß
zu Umgestaltungen. Auf die Einzelheiten einzu-
gehen, läge hier außerhalb des Zwecks.
8 8. Verhältnuis zum Privat-, Verwaltungs-
und Statsrecht. Außer der geschilderten systema-
tischen Grundverschiedenheit, welche in zahlreichen
Einzelpunkten des Verw= und Etatswesens re-
flektiert, ist das D. Recht auch abhängig von der
Entwickelung des Privatrechts gewesen. Die
Verquickung mit dem AL ist schon erwähnt (84)
und der dortige D. Begriff hat noch seine Bedeu-
tung für die Auslegung älterer, darauf gebauter
Vorschriften, soweit sie noch in Kraft sind; dies gilt
insbesondere auch für die Feststellung, was die
stattgehabte Verpfändung von D. dem Umfang
nach für eine Bedeutung hat. Auch die Unter-
scheidung des Code civil über das dem Ver-
kehr entzogene (a 538, 540) und das sonstige Staats-
eigentum (domaine public und privé) ist mit
Einführung des Bürgerlichen Gesetz-
buchs nicht belanglos geworden. Denn Bestim-
mungen in — äußerlich genommen — bürgerlichen
Gesetzen sind, wenn die innerliche Natur der Norm
staatsrechtlich ist, nicht außer Kraft getreten. Man
muß hiernach unterscheiden und wird beispiels-
weise den D. Fiskus nun als unter dem allgemeinen
Ersitzungsrecht stehend erkennen müssen, während
die Frage, inwieweit D. veräußerlich sind, im
offentlichen Recht entschieden sein und bleiben
ann.
Das Bürgerliche Gesetzbuch befaßt
sich übrigens nirgends unmittelbar mit den D.;
höchstens die Bestimmung, daß das Recht zur An-
eignung eines aufgegebenen Grundstücks dem Fis-
kus des Bundesstaats, wo es liegt, zukomme
(* 928, nebst a 129 E), zeigt eine nahe Be-
ziehung. Aber viele Vorbehalte zu Gun-
sten des Landesrechts greifen praktisch
ein. So die zugelassene, für D. in der Tat auch
verwendete Befreiung vom Grundbuchzwang, mit
der Folge, daß auch die Eigentumsübertragung
mangels der Buchpflicht anders wie sonst vor sich
gehen kann, — ferner die Erhaltung der Autono-
mie [M der souveränen Häuser, des partikularen
Fideikommiß-, Lehen- und Stammgutsrechts, auch
die landrechtlichen Normen über Bergwesen und
Regalien (EG z. BGB a 57, 59, 67, 73, 127).
Das Verf= und VerwRecht der einzelnen Län-
der hat sich namentlich mit Erwerb und
Veräußerung von Domänen mehr-
fach befaßt, ersteren begünstigend, letztere verbie-
tend oder erschwerend. Die alte fürstenrechtliche
Uebung, daß Grund-Neuerwerbungen des Haus-
chefs, manchmal auch der Hausmitglieder, ohne
weiteres dem D. Bestand zuwachsen, findet sich
sogar vermischt mit neuzeitlichen Regelungen. So
vereinigen sich z. B. in Bayern, wenn der König
ohne andern letzten Willen stirbt, seine neo acqui-
Ssita mit dem Staatsgut, doch vererbt sich der
Nutzgenuß nach dem gesetzlichen Erbrecht; auch
erkannte man, daß dieser Satz nur für eine in der
Endbilanz unverschuldete Erbschaft gelten könne.
Auch bezüglich heimfallender Lehen finden sich
da und dort Sondervorschriften, so z. B. in Baden,
die (durch geschehene Zwangsallodifikation aller
Lehen gegenstandslos gewordene) Norm, daß
die Wiedervergabung höchstens von demjenigen
Souverän, in dessen Reg Zeit der Heimfall ge-
schah, noch erfolgen könne; sonst trat die Inka-
meration zum D. Bestand ein. Inwieweit für
Schulden eine Veräußerung zulässig, wann ein
ständischer oder agnatischer Konsens nötig sei, was
für Tausch und Surrogierung gelte, dies sind lau-
ter Materien, welche im D. Recht ihre nähere
Ausbildung, und zwar selbstverständlich mit Aus-
prägung der systematischen Verschiedenheit von
der Grundlage auf die Folgen hin, fanden (vgl.
unter B).
Auch das Behörden wesen — nach Be-
zeichnung, Kompetenz, Unterstellung unter die
Haus= oder Staatsorganisation — variiert hier-
nach; ebenso die Frage, ob und wie weit die D.
staats-, kreis= und kommunalsteuerpflich-
tig sind. Auch das Budgetwesen ist po-
sitiv oder negativ hiervon beeinflußt und nament-
lich in Staaten, wo Eigentum und Genuß oder
Verw in verschiedener Hand stehen, sind besondere
Vorsorgen zur Evidenzhaltung
des Domänenbestands getroffen; auch
für die D. Erlöse finden sich solche Vorsorgen, so
z. B. die selbst unter den Schutz der Verf gestellte
Amortisationskasse in Baden, indem ihren Auf-
gaben die Pflicht angegliedert wurde, die baren
Aktiven (z. B. Grundstückserlöse) und die Passi-
ven des D. Grundstocks zu verwalten. (Näheres
unter B.)
Meist außerhalb aller staatlichen Einflußnahme
und rein privatrechtlich stehen solche Hausgüter
da, welche mit der Landeshoheit schon zur Reichs-
zeit keinen inneren Zusammenhang hatten. Man
nannte sie damals Schatullgüterzs: sie ge-
hören heute lediglich dem Bereich der Hofver-
waltung an. Sie konnten allodial oder aus-
geschiedene Fideikommisse sein, und die moderne
Entwickelung versagte es auch nirgends den fürst-
lichen Häusern, ihre neueren Privatgüter (in
Hessen ist der Ausdruck „Kabinettsgut“ üblich) also
zu verfestigen. So sind in Preußen „Kgl Fami-
liengüter“ außerhalb eines staatlichen Nexus; ins-
besondere besteht ein Kagl und ein prinzliches Haus-
fideikommiß. In Württemberg ist das „Hof-
kammergut“, dessen ursprünglichen Bestand schon
Eberhard III nach dem 30jährigen Krieg erwarb